Kasinos in Japan Wer knackt den Milliarden-Jackpot?

Sheldon Adelson, Kasino-Altmeister aus Las Vegas, wittert nach der Legalisierung des Glücksspiels in Japan einen Jackpot. Für den ist er bereit, zehn Milliarden US-Dollar in Tokio zu investieren. Doch er hat Konkurrenz.

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In Japan regte sich zwar lange Widerstand gegen den Import globaler Glücksritter. Quelle: Imago

Tokio Der Patriarch des legendären Kasinos Las Vegas Sands schwärmt für feinstes japanisches Rindfleisch. „Ich habe mir Matsusaka-Beef auf der Zunge zergehen lassen“, berichtet Sheldon Adelson in Tokio auf der Bühne einer Investorenveranstaltung. Nun hat er noch einen größeren Leckerbissen im Blick: Japan, das im Dezember das Glücksspiel legalisiert hat. „Es ist die ultimative Geschäftschance“, sagt der 83-jährige Großmeister der Kasinobranche.

Um den vermeintlichen Jackpot zu knacken, ist Adelson zu einem extremen Einsatz bereit. Zehn Milliarden US-Dollar könne so ein Kasino-Komplex inklusive Hotels, Shoppingmalls und Kongresszentrum in Tokio kosten, schätzt er. „Wenn ich das ausgeben muss, werde ich es ausgeben“, betont Adelson. Seine Firma habe die Ressourcen, um eine solche Summe zu stemmen.

Noch ist allerdings nicht klar, ob Adelson den Zuschlag erhält. Die großen Kasinobetreiber der Welt tanzen derzeit in Japan vor, um für vorteilhafte Gesetze und um potente japanische Partner zu werben. Denn nach Macau, dem legendären Pokerparadies für Chinesen, und Singapur hoffen sie auf einen weiteren lukrativen Markt in Asien. Das Analysehaus CLSA hatte am Dienstag immerhin vier der größten Spieler im Markt auf der Konferenz versammelt.

Neben Adelson präsentierte Ian Coughlan, der Chef von Wynn Resorts, die Vorzüge seines Unternehmens, das sich auf die reicheren Spieler und Reisenden konzentriert. Am Mittwoch folgen James Murren von MGM Resorts International und der Hongkonger Tycoon Lawrence Ho, der Ende des Jahres die Aktienmehrheit an Melco Crown International übernommen hat.

Das Interesse kommt nicht von ungefähr. In Japan regte sich zwar lange Widerstand gegen den Import globaler Glücksritter. Aber Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hat im Dezember ein Gesetz für „integrierte Resorts“ durchgeboxt, mit dem Bakkarat, Poker, Roulette & Co. erlaubt werden. Schließlich hat er Kasinos zu einem Schlüsselstein seiner Reformpolitik erklärt. Er hofft, dass Japan durch diese großen Vergnügungskomplexe noch mehr konsumfreudige Touristen aus Asien, speziell aus China, anzieht und so die Wirtschaft belebt.


„Japan kann das nächste Macau werden“

Japans Gewinnchancen stehen durchaus gut, meint Jon Oh, Analyst bei der CLSA. „Japan kann das nächste Macau werden.“ Die Kasinos der ehemaligen portugiesischen Kolonie spielten 2016 voraussichtlich 27 Milliarden US-Dollar ein. In Japan hält der Experte perspektivisch einen Umsatz von 25 Milliarden Dollar für möglich – wenn das Land die richtigen Regeln und vor allem Steuersätze erlässt. Wenn es perfekt liefe, seien landesweit langfristig sogar 40 Milliarden Dollar drin. Und dies ist für das Glückspiel allein, ohne Einnahmen aus Hotels, Shoppingmalls, Konferenzen und Messen.

2017 entscheiden sich dabei die Wachstumsaussichten der Branche. Bis Ende des Jahres will die Regierung die Details der neuen Industrie gesetzlich regeln. Und noch ist offen, ob die Gegner durch restriktive Regeln die Industrie abwürgen oder ob das Team um Regierungschef Abe durch vorteilhafte Regeln tatsächlich einen Kasinoboom auslöst.

Sein Vorbild ist der Stadtstaat Singapur. Nachdem dort Kasinos zugelassen wurden, schoss die Zahl der Touristen in die Höhe. Und sie setzen ihr Geld nicht nur am Spieltisch ein. 20 Prozent des Umsatzes dieser riesigen integrierten Komplexe fallen in Luxusboutiquen, Restaurants, Theatern und Konferenzen an.

In Macau sind es nur zehn Prozent. Noch lieber wäre es den Japaner, Las Vegas zu kopieren. Im Mekka der Spieler liegt der Anteil des Glücksspiels der Resorthotels inzwischen um oder gar unter 40 Prozent, 60 Prozent entfällt auf die anderen Angebote. Oh schließt nicht aus das gelingt, aber nur langfristig.

Zusätzlich zu den Globetrottern hoffen die Betreiber auf lokale Laufkundschaft. Denn die Japaner haben trotz ihrem offiziellen Glücksspielverbot bewiesen, dass sie den Chinesen im Spieltrieb nicht nachstehen. Wetten auf Boots-, Pferde- und Radrennen erfreuen sich großer Beliebtheit. Zudem gibt es lärmend-grelle Pachinko-Maschinen, eine Art Flipper, bei denen es sich tatsächlich um eine notdürftig verkappte Form von Glücksspielautomaten handelt.


Tokio ist der Hauptgewinn

Mehr als 12.000 Pachinko-Hallen mit insgesamt über 4,6 Millionen Maschinen überziehen Japan. Das entspricht einem Glücksspielautomaten für je 28 Japaner, besagen die Zahlen der CLSA. In den USA müssen sich 371 Bürger eine Slot-Maschine oder einen einarmigen Banditen teilen. Der kleine Unterschied: In Japan wird offiziell kein Geld gewonnen, inoffiziell aber schon.

Die Spieler tragen ihre Beute, kleine Metallkugeln, die mit ohrenbetäubendem Lärm durch ein Nagelgitter laufen, körbeweise zum Tresen. Dort erhalten sie je nach Ausbeute kleine Aufmerksamkeiten, oft ein Kartenspiel. Der Spieler verlässt dann die Spielhölle und geht gegenüber oder um die Ecke an ein kleines Fenster, wo die Ware gegen Geld umgetauscht wird.

Japan sei ein Land der Chancensucher, glaubt Kasino-Krösus Adelson daher. Davon will er profitieren. Im ersten Schritt konzentriert er sich offenbar auf Tokio, den Hauptgewinn. Die Stadt hat zwei internationale Flughäfen. Und vom Stadtflughafen Haneda in der Bucht von Tokio sind es nur rund 20 bis 30 Minuten bis in die ersten Innenstadtbezirke.

Auch zum zweiten möglichen Kasino-Cluster, der Millionenmetropole Yokohama, ist es von Haneda nicht weit. Doch am aktivsten wirbt Osaka um integrierte Resorts. Die Stadt weist ebenfalls einen eigenen internationalen Flughafen auf.

Nach den ersten Großprojekten in den Megacitys hoffen die Experten außerdem auf eine zweite Welle in den Provinzen. Japan könnte auch die Initialzündung für weitere Projekte in Asien geben, spekuliert Adelson. „Wenn wir Japan, Korea und noch ein paar andere asiatische Städte dazu kriegen, wäre das ein massiver Auftrieb für unsere Gewinnmöglichkeiten.“

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