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Klagen gegen Verkauf Nürburging vor Jahren der Ungewissheit

Der Hickhack um die Zukunft des Nürburgrings geht in die Dauerschleife: Unterlegene Bieter ziehen gegen den Verkauf an ein russisches Konsortium vor das Europäische Gericht. Bis an der Rennstrecke Rechtssicherheit herrscht, wird es damit voraussichtlich Jahre dauern.

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Das 24-Stunden-Rennen ist die größte Veranstaltung des Jahres am Nürburgring nach dem Aus für die Formel 1 und das Rockfestival. Am vergangenen Wochenende stieg wieder das Spektakel in der Eifel – doch weit stärker wird nachwirken, was abseits der Rennstrecke passierte. Nur wenige hundert Meter von der Strecke entfernt, im Hotel „Am Tiergarten“ in Nürburg, trat am Rande des Rennens der Vorstand des Vereins „Ja zum Nürburgring e.V.“ zusammen und fällte eine Entscheidung, die die Zukunft der Rennstrecke auf Jahre beeinflussen wird.

Vereinschef und ADAC-Ehrenpräsident Otto Flimm beschloss mit seinen Kollegen: Der Verein reicht Klage gegen die Privatisierung des Nürburgrings beim Europäischen Gericht in Luxemburg ein, der Vorinstanz des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nach Auffassung des Vereins lief weder der Verkauf an den Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn im vergangenen Jahr europarechtskonform ab, noch der spätere Weiterverkauf an ein russisches Konsortium nach Zahlungsschwierigkeiten von Capricorn. Sollte der Fall durch die Instanzen bis zum EuGH gehen, dürfte es bis zu einer Entscheidung rund fünf Jahre dauern. Das Europäische Gericht als erste Instanz könnte nach etwa eineinhalb bis zwei Jahren entscheiden.

Das Nürburgring-Desaster

„Es wird auf dem Nürburgring jede Menge Probleme geben“, sagt Vereinschef Flimm der WirtschaftsWoche. Nürburgring-Insolvenzsachwalter Jens Lieser und Sanierungsgeschäftsführer Thomas Schmidt, die den Verkauf mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG organisiert haben, hätten ein rechtliches Chaos verursacht. „Da ist so viel schief gelaufen. Wir wollen, dass das nun alles juristisch sauber aufgearbeitet wird. Anders kann der Nürburgring kein langfristig stabile Zukunft haben.“

Kommissionsbeschluss in der Kritik

Ein Sprecher der Insolvenzverwalter Lieser und Schmidt teilte der WirtschaftsWoche auf Anfrage mit, man sehe einer Klage unterlegener Bieter „sehr gelassen“ entgegen. „Die Europäische Kommission hat in einer langen und intensiven Prüfung bestätigt, dass der Verkaufsprozess EU-konform stattgefunden hat.“ Doch genau gegen den entsprechenden Beschluss der Kommission richtet sich die Klage. Die europäischen Gerichte sollen prüfen, ob die Kommission den Fall tatsächlich korrekt beurteilt hat.

Daran zweifelt nicht nur Ja zum Nürburgring. Das US-Technologieunternehmen Nexovation, ein weiterer nicht zum Zuge gekommener Bieter, bestätigte auf Anfrage, ebenfalls in Luxemburg vor Gericht ziehen zu wollen. „Wir haben uns entschlossen zu klagen“, sagt Rechtsanwalt Matthias Nordmann von der Großkanzlei Norton Rose Fulbright, die Nexovation juristisch vertritt. Die Klage werde derzeit formuliert. Auch ein Konsortium um Finanzinvestor HIG Capital hatte für den Nürburgring geboten. Während HIG Capital eher nicht klagen wird, denkt auch der am Konsortium beteiligte britische Investmentbanker Meyrick Cox über eine Klage nach, wie er auf Anfrage mitteilte.

Die Kritikpunkte, die von den unterlegenen Bietern vorgetragen werden, sind weitgehend identisch. Wegen eines laufenden Beihilfeverfahrens der EU-Kommission musste der Verkaufsprozess europarechtskonform ablaufen, also insbesondere transparent und diskriminierungsfrei. Als ein zentrales Auswahlkriterium wurde den Bietern die Transaktionssicherheit mitgeteilt, darunter ein gesicherter Finanzierungsnachweis. Im März 2014 erhielt ein Bietergespann aus dem Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn und der Motorsportfirma Getspeed aus Meuspath am Nürburgring mit seinem Gebot von insgesamt 77 Millionen Euro den Zuschlag, obwohl es früh Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit besonders von Capricorn gegeben hatte – die Creditreform-Bewertungen für manche Unternehmen der Gruppe etwa waren schon zum Zeitpunkt des Zuschlags verheerend.

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