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Klaus-Michael Kühne Grandioses Fernziel

1969 floh er vor der SPD in die Schweiz. Nun sucht Deutschlands Grandseigneur der Logistik im Alter von 75 Jahren in seiner Heimat Hamburg Bestätigung und Anerkennung, die ihm dort zeit seines Lebens verwehrt blieben.

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Klaus-Michael Kühne mit einem Bild von seinem Vater Quelle: Dan Cermak für WirtschaftsWoche

Wasserstoffblondierte Haare, schwarze Strähnen, kalte Blicke. Die zwei Frauen sehen alles. Aus fünf Meter Höhe blicken sie auf die Besucher und Mitarbeiter, die hier ein- und ausgehen, in der Zentrale von Kühne + Nagel, dem weltweiten Logistikkonzern mit Sitz im schweizerischen Schindeleggi.

Seit ein paar Tagen hängen die beiden vier Meter großen Fotoporträts der Pop-Sängerinnen Deborah Harry und Kim Wilde im Foyer des lichten Baus über dem Zürcher See. Klaus-Michael Kühne, der Mehrheitsaktionär des Logistikkonzerns, fördert gern Kunst. Doch so etwas, nein, das gefällt ihm ganz und gar nicht.

Freundlich bestimmt

„Wer ist denn der Verantwortliche für die Bilder?“, fragt er freundlich bestimmt eine Mitarbeiterin. Noch bevor die Angesprochene antworten kann, sagt Kühne trocken, er wünsche sich das Gemälde des Peruaners Antonio Máro zurück, das vorher hier hing. Gelbe Ölfarbe auf dreieinhalb Meter Leinwand – „das war ruhiger“, sagt Kühne, „wir machen ja nicht in Mode.“

Eigentlich könnte sich der 75-Jährige zurücklehnen, um Ruhe und Kunst zu genießen. Seine Welt – die des Transports, der Container und Frachtflugzeuge – dreht sich inzwischen auch ohne ihn. Aus dem schnöden Business hat er über Jahrzehnte hinweg ein Netzwerk gesponnen mit mehr als 1000 Standorten weltweit und einem Umsatz von umgerechnet 16 Milliarden Euro. Ein geschätztes Vermögen von knapp fünf Milliarden Euro macht Kühne zu einem der Wohlhabendsten Europas.

Auch der Konzern steht solide da. Eben hat die Kühne+Nagel-Gruppe ihre Halbjahresbilanz vorgelegt. Nach sechs Monaten liegen die fakturierten Umsatzerlöse bei gut 10 Milliarden Schweizer Franken - 2011 waren es 9,8 Milliarden. Der Reingewinn ist auf 279 Millionen Schweizer Franken gefallen (2011: 314 Millionen). Die abebbenden Handelsströme haben dem Logistiksektor weltweit zugesetzt. Kühne + Nagel haben sich überdurchschnittlich gut geschlagen. Das wird Klaus-Michael Kühne freuen - auch wenn er mit dem operativen Geschäft nichts mehr zu tun hat.

Grandseigneur der deutschen Logistik

Der Grandseigneur der deutschen Logistik übergab alle Chefposten an andere. Doch in der Praxis steht der Rückzug nur auf dem Papier. Ob die Gestaltung des Foyers oder die Ausrichtung seines Unternehmens: Betrachtet der Mittsiebziger etwas als strategisch, läuft die Entscheidung über ihn. Und das immer mehr. Je älter der gebürtige Hamburger mit dem messerscharfen Scheitel wird, desto rastloser entfaltet er Aktivitäten – vor allem in seiner alten Heimat.

Von dort flohen Vater Alfred und er 1969 aus Angst vor der sozialliberalen Bundesregierung unter SPD-Kanzler Willi Brandt in die steuerfreundliche Schweiz. Nun nistet sich Kühne dort wieder ein. Er will den Erfolg auch am Ort seiner Wurzeln, nicht nur in den Alpen. Dazu scheint dem sparsamen Menschen nichts zu teuer. Er gibt Geld für den Hamburger Sport-Verein, fördert hanseatische Unis und sponsert die Elbphilharmonie, koste es, was es wolle.

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