
Die Sensation, zumindest die bemerkenswerte Notiz steht am Schluss der Information des Gault Millau: In den neuen Bundesländern sind 91 Restaurants neu aufgenommen worden, angeführt vom Facil in Leipzig, aber auch in Aue oder Weimar gibt es hervorragende Restaurants. Der Osten blüht bescheiden, aber doch sichtbar kulinarisch auf.
Weitere Titel, die der Gault Millau verliehen hat
Antje Kirsch vom „Caroussel“ in Dresden
Thomas Sommer vom "Schloss Lerbach" in Bergisch Gladbach bei Köln
Michael Käfer, der vom Bundestag in Berlin über das Oktoberfest bis in die BMW Welt von München gastronomisch engagiert ist
René Frank vom "La vie" in Osnabrück
Ingo Holland vom "Alten Gewürzamt" in Klingenberg am Main.
So urteilen die Restaurantkritiker vom Gault Millau, die am Montag in München den Koch des Jahres kürten. Er arbeitet allerdings in den alten Bundesländern: Christian Jürgens vom Restaurant Überfahrt im gleichnamigen Hotel, das zur Hotelgruppe Althoff gehört. Thomas Althoff, der von Köln aus die Geschicke seiner Gruppe führt, darf sich freuen. Nicht allein, weil mit Jürgens ein weiterer Koch seines Reichs, das von London bis Südfrankreich und von Celle bis an den Starnberger See reicht, Koch des Jahres war, sondern, weil die Leistungsträger wie Joachim Wissler aus dem Vendome in Bergisch Gladbach (19,5/20 Punkten) bestätig wurden.
Jürgens hat sich den Titel verdient, weil er "mit Intelligenz und Ironie dem Produkt huldigt und vorlebt, wie man das Flair der Landschaft in einen Küchenstil auf der Höhe der Zeit umsetzen kann, fern jeder Volkstümelei". Er tut dies unter anderem mit "auf einem Stück Rinde servierter „Schweinerei“, eine mit Blutwurstmousse gefüllte Zucchiniblüte und eine mit geräuchertem Schweinebauch gefüllte Kartoffel, akzentuiert von süß-säuerlichen Zwiebelaromen".
Ähnlich wie der vergangene Woche erschienene Guide Michelin bewertet der Gault Millau in der Summe die Leistung der deutschen Küche noch besser als im Vorjahr, grantelt in der liebevoll bis gefürchteten Art ein wenig rum.
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Der Guide Michelin - und seine Köche
Die Michelin-Sterne werden in Frankreich seit 1926 vergeben, in Deutschland seit 1966. Ein Stern steht für ein sehr gutes Restaurant in seiner Kategorie, zwei für eine hervorragende Küche und drei für eine der besten Küchen, die eine Reise wert sind.
Bundesweit vergaben die Tester des "Guide Michelin" 37 neue Sterne. Mit nun insgesamt 255 Sterne-Adressen habe die deutsche Gastronomie-Landschaft eine "neue Rekordzahl" erreicht.
Allein drei der zehn deutschen 3-Sterne-Häuser befinden sich in Baden-Württemberg, zwei jeweils in Niedersachsen und im Saarland. Aber auch Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen können mit je einem Restaurant der Spitzenklasse aufwarten.
In der Spitzenkategorie der 3-Sterne-Restaurants erzielt Deutschland mit mittlerweile zehn Häusern einen neuen Höchststand. Die Tester des "Guide Michelin" nahmen das Lübecker Restaurant "La Belle Epoque" mit seinem erst 35 Jahre alten Küchenchef Kevin Fehling in den illustren Kreis auf. Europaweit hat den Angaben zufolge nur noch Frankreich mehr Adressen mit der höchsten gastronomischen Auszeichnung.
Sieben neue 2-Sterne-Häuser wurden in den "Guide 2013" aufgenommen. Erstmals in Deutschland ist mit Küchenchefin Douce Steiner von dem Restaurant "Hirschen" im baden-württembergischen Sulzburg eine Frau in dieser Kategorie ausgezeichnet worden. Außerdem neu: der Berliner Küchenchef Tim Raue und sein gleichnamiges Lokal, das bayerische Haus "Il Giardino" (Bad Griesbach) und die "Villa Merton" in Frankfurt am Main. Die Zahl der 2-Sterne-Restaurants liegt dem "Guide Michelin" zufolge nun bei 36 und hat sich damit seit 2010 verdoppelt.
Sogar 29 Küchenchefs haben es neu in die Kategorie der 1-Stern-Restaurants geschafft, die jetzt bei 209 Häusern liegt. Neun von ihnen liegen in Nordrhein-Westfalen, darunter das "Enzo im Schiffchen" in Düsseldorf und "Bembergs Häuschen" in Euskirchen. An zweiter Stelle mit acht neuen 1-Stern-Häusern liegt Baden-Württemberg. Hier wurden unter anderem das "Erbprinz" in Ettlingen und das "Yosh" in Stuttgart ausgezeichnet.
Von den 24 Restaurants, deren Sterne im neuen "Guide Michelin gestrichen wurden, haben 8 geschlossen beziehungsweise schließen zum Jahresende. Abgestuft wurden unter anderem das "Quadriga" in Berlin und das "Brenners Park-Restaurant" in Baden-Baden.
Die derzeit weltweit gefeierte Küche der Regionalität mit ihrer Speerspitze Rene Redzepi vom Noma in Kopenhagen schmeckt ihnen nicht unbedingt in der Aufbereitung der hiesigen Szene. Sie monieren
"die Hinwendung zu Kraut und Gemüse im Dessert" und „dass bei dieser von der nordischen Küche inspirierten und hierzulande in deutscher Gründlichkeit nachvollzogenen Huldigung der Rohkost übersehen wird: Wenn das Hirn bereits deutliche Sättigungssignale sendet und der Gaumen durch das Wechselspiel unterschiedlicher Aromen ermattet ist, hat nur eine Geschmacksrichtung noch eine echte Chance, weil sie ganz anders ist: das Süße.“
Einfallslose Köche durchstöberten das Internet, um anderer Köche Ideen weniger kreativ auf die Karte zu setzen, schimpfen die Autoren in der 30. Ausgabe weiter.