
Wer heute in Deutschland ein Hotel betreibt, hat ein echtes Problem. Denn der moderne Tourist und Geschäftsreisende legt nicht nur auf bequeme Betten und saubere Bäder sehr viel Wert. Er möchte vor allem eines: einen schnellen Internet-Zugang, mit dem es sich bequem von unterwegs arbeiten lässt und die Reiseerlebnisse mit Freunden und Familie schnell geteilt sind. Drahtlos und ohne Kabelsalat, das versteht sich von selbst.
Dieser weit verbreitete Wunsch ist so stark, dass er jüngst sogar die europäischen Hotelklassifizierer zu einer Neuregelung der Sternevergabe bewogen hat. Seit Januar dieses Jahres heißt es nämlich in immerhin 15 europäischen Staaten: ohne WLAN sind die Sterne weg. Genauer gesagt, wer sein Haus weiterhin mit zwei Sternen schmücken möchte, muss WLAN oder DSL in der Lobby anbieten, sollen es drei Sterne sein, muss gleich die Vollausstattung her. Und das heißt: schnelle Internet-Zugänge auf allen Zimmern.





Den Gast freut es, der (deutsche) Hotelier grübelt. Denn ein befremdliches Gesetz bringt Anbieter offener WLAN-Zugänge in Deutschland in die Bredouille. Störerhaftung heißt der Begriff, der hierzulande seit Jahren erfolgreich verhindert, dass die WLAN Hotspots so aus dem Boden sprießen, wie wir es von anderen Ländern kennen. So reicht etwa schon ein Kurztrip nach Paris, um ein sehr gut ausgebautes Drahtlosnetz in einer der größten Metropolen Europas vorzufinden.
2-Klassen-Gesetzgebung
Die Störerhaftung ist ein tückisches Stück Gesetzeswerk. Sie manifestiert eine rechtliche Ungleichbehandlung, die ihresgleichen sucht: Begeht ein Nutzer eines öffentlichen WLAN eine Urheberrechtsverletzung im Internet (illegales Filesharing wäre ein typisches Beispiel), haftet der Anbieter des Zugangs (in unserem Fall der Hotelier) als sogenannter Störer und kann abgemahnt werden. Mit allen negativen Konsequenzen, hohe Abmahngebühren inklusive.
Soweit, so gut. Doch jetzt kommt die Ungleichbehandlung: denn surft derselbe User über den Hotspot eines Providers im Netz, haftet eben dieser Provider nicht. Er genießt das sogenannte Providerprivileg. Ein Beispiel dafür sind die T-Mobile-Hotspots, die in Deutschland weit verbreitet sind.
Derselbe Tatbestand. Einer haftet, einer nicht. Eigentlich unvereinbar mit unserem deutschen Rechtsempfinden.





Selbst unsere Politik hat mittlerweile – „nur“ rund 15 Jahre nach der Markteinführung der ersten WLAN-Lösungen – erkannt, dass die Störerhaftung dringend reformiert werden muss. Eine erste offizielle Willensbekundung findet sich bereits im Koalitionsvertrag vom Oktober 2013. „Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern).“
Und auch die „Digitale Agenda“ – immerhin das erste Werk einer deutschen Regierung, das die Digitalisierung als eines der ganz großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themen in Deutschland anerkennt – verspricht Erleichterung: „Wir werden Rechtssicherheit für die Anbieter solcher WLANs im öffentlichen Bereich, beispielsweise Flughäfen, Hotels, Cafés, schaffen. Diese sollen grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen ihrer Kunden haften. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf werden wir in Kürze vorlegen.“