Und die EU-Kommission? Steckt bislang den Kopf in den Sand und wehrt jegliche Lösungsvorschläge seit Monaten beharrlich ab. „Law is law“, war dem Vernehmen nach von dort zu hören. Dabei wäre sie die einzige, die an der Situation etwas ändern könnte.
Die Bürgernähe der EU, die Juncker mit seinen WiFi-Plänen vermutlich demonstrieren wollte, dürfte damit dahin sein. Spätestens wenn der nächste Smartphone-Kauf ansteht oder der Router ersetzt werden muss, dürften die leeren Regale im Handel schmerzlich auffallen.
Für die Wirtschaft geht es jedoch nicht um Nähe. Es geht um die Existenz! Unzählige Unternehmen in Europa entwickeln und produzieren Funkprodukte. Ein großer Teil von ihnen ist durch das sich abzeichnende Normenvakuum direkt betroffen.
Aber auch der Handel und die Anwenderunternehmen würden in Mitleidenschaft gezogen. Die einen durch wegbrechende Umsätze, die anderen durch Lieferschwierigkeiten bei den für sie so wichtigen Infrastrukturprodukten. Sieht so der vielbeschworene digitale Binnenmarkt aus?
Dem Breitband auf der Spur - schnelles Internet, aber wie?
Es geht im Prinzip um zwei Glaubensrichtungen: Die einen favorisierten die Modernisierung bestehender Netze, die anderen wollen ein klares Bekenntnis zur Glasfaser als der alles entscheidenden Zukunftstechnologie. Die Bundesregierung hat beim Breitbandausbau eine klare Vorgabe gegeben. Bis Ende 2018 sollten alle deutschen Haushalte einen Anschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten im Download-Bereich von mindestens 50 Megabit haben.
Da bundesweit das schnelle Internet noch immer ein Teppich mit weißen Flecken ist, geht es nun darum, die Regionen mit schwächerer Breitband-Ausstattung nach vorn zu bringen. Das sei nur durch Vectoring möglich und machbar, heißt es bei der Telekom. Dabei zeigt ein Blick auf die europäische Landkarte, dass Deutschland nach dem „EU Digital Progress Report“ bei der Breitband-Abdeckung mit 81 Prozent schon über dem EU-Durchschnitt liegt.
Sie halten die Vorgaben der Bundesregierung für Investitionsbremsen. Die anstehenden Herausforderungen beim Aufbau der Zukunftsnetze würden nicht berücksichtigt. Als Stichworte werden Anwendungen genannt wie Ultra-HD-Fernsehen, Online-Spiele, E-Health oder die digitale Landwirtschaft. „Wir brauchen für Deutschland eine Gigabit-Strategie“, sagt beispielsweise der Geschäftsführer des Bundesverbandes Glasfaser (Buglas), Wolfgang Heer. Nur so könne die stärkste Volkswirtschaft Europas langfristig mit einer leistungsfähigen Infrastruktur ausgestattet werden.
Tatsächlich investieren mehrere kleine regionale und städtische Anbieter massiv in den Glasfaser-Ausbau. Ein Beispiel ist die Münchener M-Net, die so bis 2021 rund 70 Prozent aller Haushalte der bayerischen Metropole und über 80.000 Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bieten will. Auch Netcologne im Köln-Aachener Raum und die Ewe-Tel in Oldenburg bauen Glasfasernetze.
Nach Angaben von Buglas werden 2016 rund 220.000 Haushalte und Geschäftskunden einen Glasfaser-Anschluss erhalten, der direkt in Häuser sowie Wohn- und Geschäftsräume läuft. Die Gesamtzahl dieser Anschlüsse wird am Jahresende voraussichtlich bei knapp 2,7 Millionen liegen, 70 Prozent davon realisiert durch Wettbewerber der Telekom.
Keinesfalls. Der Branchenprimus ist mit Abstand dasjenige Unternehmen, das am meisten in den Netzausbau investiert. Bislang wurden Leitungen in einer Länge von 400.000 Kilometern verlegt, jährlich kommen nach Konzernabgaben 30.000 Kilometer hinzu. Doch das Unternehmen setzt nicht auf den direkten Heimanschluss mit Glasfaser, sondern auf mehr Tempo im Kupferkabel auf der letzten Meile via Vectoring. Ziel sei es, sagt Firmensprecher Philipp Blank, möglichst schnell in eine große Fläche zu kommen. Glasfaser in alle Haushalte zu bringen ist nicht nur extrem teuer, sondern würde mindestens bis 2030 dauern. Konzernchef Tim Höttges legt Wert darauf, die Netze im Unternehmen „bedarfsgerecht“ und „zukunftsgerichtet“ auszubauen.
Tatsächlich ist es so, dass derzeit drei Infrastrukturen um die Gunst der Kunden buhlen: das Netz aus Kupferdraht, der direkte Glasfaser-Anschluss und das Kabelnetz, über das früher nur TV verbreitet wurde und das nun Vodafone und Unitymedia maßgeblich zu einem Hochgeschwindigkeitsnetz entwickelt haben. Zählt man den Mobilfunk hinzu, sind es sogar vier.
So schwer kann es doch nicht sein!
Dabei wäre die Lösung so einfach. Es geht um eine einzige Zahl in einem riesigen Rahmenwerk, die geändert werden müsste. Es geht um den 13. Juni 2017. Stünde dort eine 2018 oder – besser noch - 2019, wäre die Welt wieder in Ordnung. Dann hätten die Standardisierer ausreichend Zeit, die vielen noch nicht fertigen Normen bereit zustellen – und die Hersteller würden in die Lage versetzt, richtlinienkonforme Produkte zu entwickeln.
Ganz so, wie es die letzten mehr als 20 Jahre unter der Vorgängerrichtlinie auch funktioniert hat.
Liebe EU-Kommission, wäre es nicht an der Zeit, miteinander zu reden und die Sorgen der europäischen Wirtschaft ernst zu nehmen? Dass die zuständige Kommissarin Elżbieta Bieńkowska ihre Aufgabe erfüllte, „den Marktzugang für Unternehmen zu vereinfachen“, statt diesen fast vollends zu blockieren? Finden Sie es angemessen, dass die Hersteller unter einem zu schleppenden europäischen Prozess leiden sollen, an dem sie keinen Anteil hatten? Möchten Sie ernsthaft einen gesamten Industriezweig an den Rand der Existenz bringen?
Ein knappes halbes Jahr Zeit haben wir noch. Kommen Sie Ihrer Verantwortung nach und machen Sie die notwendigen Korrekturen. Sie haben es in der Hand!