Gerade steht der neue dreieinhalb Meter Pool im Garten. Nach einer intensiven Suche nach einem guten Angebot (von denen es gar nicht mehr allzu viele gibt) und einem schweißtreibenden Aufbau geht es jetzt ans Befüllen. Doch da lugt der Nachbar über den Zaun und sagt: „Du weißt aber schon, dass du aktuell den Pool gar nicht befüllen darfst? Anordnung der Stadt. Ab heute dürfen wir auch noch nicht mal mehr Rasen oder Blumen wässern.“ Und vorbei ist das sommerliche Badevergnügen, das Sommerurlaub und Schwimmbadbesuch in Pandemiezeiten ersetzen soll. So oder so ähnlich kann es gerade in einigen deutschen Gemeinden zugehen. Denn wegen der andauernden Hitze kommt so mancher kommunaler Wasserversorger in diesen Tagen in Bedrängnis.
So bittet beispielsweise der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband in Brake die Bürger aufs Rasensprengen und anderen überdurchschnittlichen Wasserverbrauch zu verzichten, der nicht für Trinken und Kochen, Körperpflege, Baden und Duschen, Toilettenspülung, Wäsche waschen, Geschirr spülen und Putzen notwendig ist. „Aufgrund der aktuellen Hitzewelle schnellen nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Trinkwasserabgaben unserer 15 Wasserwerke in die Höhe“, so der OOW. Und rechnet mit Nachdruck vor: Am 10. August hätten die Werke rund 320.000 Kubikmeter Trinkwasser abgegeben. Die durchschnittliche Tagesabgabe liegt normalerweise nur bei 230.000 Kubikmetern.
Was in Brake bislang nur eine Warnung ist, ist im niedersächsischen Lauenau schon ernst: Am Samstag lief dort der Trinkwasserspeicher leer. Die Folge: Tankfahrzeuge fuhren von Haus zu Haus und belieferten die Bürger mit Tanks für Brauchwasser, also etwa für die Toilettenspülung. Trinkwasser mussten die Lauenauer im Supermarkt kaufen.
Ähnlich ging es in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Borgholzhausen zu. Dort rückte am Wochenende das Technische Hilfswerk aus und versorgte unter anderem das Altenheim der Gemeinde mit Wassertanks. Zwei von drei Grundwasserbrunnen waren leer gelaufen. Inzwischen sei die Versorgung auch dort wieder sichergestellt, hieß es vom Bürgermeister. Alarmiert sei man aber weiterhin, schließlich sei es noch immer heiß.
Die Gemeinden sind längst keine Einzelfälle. „In einigen, wenigen Gebieten haben örtliche Wasserversorger die Nutzung des Trinkwassers mit Blick auf die anhaltende Hitzeperiode beschränkt“, sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder 90 Prozent alles Einwohner Deutschlands mit Trinkwasser versorgen. „So wurde unter anderem untersagt, Gärten zu bewässern oder Pools neu zu befüllen, selbst wenn das ungewohnte Komforteinbußen mit sich bringt“.
Im Schnitt ist der Wasserverbrauch pro Einwohner in Deutschland in den vergangenen drei Jahrzehnten laut VKU sogar gesunken – von 147 Liter pro Tag und Einwohner im Jahr 1990 auf 125 im Jahr 2019. Allerdings durchbrechen Hitzeperioden diese positive Entwicklung. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat bereits in den vergangenen Jahren einen drastischen Anstieg des Wasserverbrauchs an heißen Tagen beobachtet. „Bei großer Hitze steigt der Bedarf der Haushalte um 40 bis 60 Prozent“, sagt Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser. Der Grund liegt auf der Hand: „Die Menschen bewässern ihren Garten, duschen häufiger und immer mehr Haushalte besitzen Pools, die mit mehreren Tausend Litern Wasser befüllt werden“. Die Coronapandemie macht die Situation dramatischer, weil deutlich mehr Menschen in den heißen Wochen daheim sind statt in den Urlaub zu reisen. Vor allem der Pool im eigenen Garten führt laut Weyand zu einem erheblichen Wasserverbrauch. „Ein durchschnittlicher Aufstellpool von 3,66 Metern Durchmesser umfasst ein Volumen von 6500 Litern. Dies entspricht dem 52-fachen des Tagesbedarfs einer Person.“
Kein Wunder also, dass die Nutzung von Pools in prekären Lagen in Frage gestellt werden. Auch wenn sich gegen solche Verbote mancherorts Widerstand regt.
So etwa in Dortmund. In der vergangenen Woche sorgte der Stadtverband Dortmunder Gartenvereine für helle Aufregung, weil er ausgerechnet in der klimatechnisch heißesten Phase der Coronapandemie das Verbot von Pools in den Kleingärten ankündigte. Die Begründung: Laut Gartenordnung solle Leitungswasser gespart werden und ein Pool diene nicht der kleingärtnerischen Nutzung. Zudem stelle das Chlor zur Poolreinigung eine potenzielle Verunreinigung des Grundwassers da. Kleinere Planschbecken, so der Stadtverband, seien davon nicht betroffen. Es folgte ein Aufschrei unter den Kleingärtnern, der durch die gesamte Lokal- und Regionalpresse tönte. Insbesondere unter all jenen, die sich erst in den vergangenen Monaten ein größeres Pool-Modell für den Kleingarten zugelegt hatten, weil sie wegen begrenzten Freibadbesuchen und dem ausgefallenen Urlaub den perfekten Ersatz im kleingärtnerischen Paradies samt Pool gefunden hatten.
Auch in Lauenau in Niedersachsen ist Frischwasser für den Pool gerade nicht drin. Zwar erklärte Bürgermeister Georg Hudalla bereits am Montag, die akute Krise sei überwunden, aber dennoch sind in der Gemeinde alle weiter zum Wassersparen angehalten. „Wir sind bis in den Herbst hinein auf die Mithilfe der Bürger angewiesen“, sagte Hudalla der Deutschen-Presse-Agentur.
Können die Systeme der lokalen und regionalen Wasserversorger nicht mehr genügend weiterleiten, bleibt Gemeinden nichts anderes übrig als kurzfristig Gartenbewässerung und Poolbefüllungen zu untersagen. Das gibt den Speichern Zeit, sich wieder zu füllen und die Trinkwasserversorgung zu sichern, macht BDEW-Chef Martin Weyand deutlich. „Denn die hat absolute Priorität.“
Droht bei längeren Hitzeperioden also möglicherweise ein dauerhaftes Poolverbot in manchen Regionen? Die Fachleute geben Entwarnung. „In den allermeisten Regionen sind die Kapazitäten auch in Hitzeperioden ausreichend“, sagt Weyand. Trotz langanhaltenden Trockenperioden drohten keine flächendeckenden Versorgungsengpässe bei Trinkwasser, bestätigt auch VKU-Chef Liebing. „Wir haben eine sehr gute und auf Generationen ausgelegte Wasserwirtschaft: Die kommunalen Trinkwasserversorger konnten und können Wetterextreme weitgehend so kompensieren, dass es nicht zu wesentlichen Versorgungsausfällen gekommen ist und kommt.“
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