Lobbyismus Wie die Telekom die Politik im Griff hat

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Stets präsent

Arbeiten Hand in Hand - Telekom-Chef Obermann mit Bundeskanzlerin Merkel und Brasiliens Präsidentin Rousseff auf der Cebit-Messe Quelle: dapd

Es gibt kaum einen für den Konzern interessanten Arbeitskreis im politischen Berlin, in dem nicht irgendein Vertreter der Telekom involviert ist, sei es der CDU-Wirtschaftsrat, der IT-Gipfel der Regierung oder die Kommission für Internet und Medien der FDP. „Die sind sehr präsent, haben extrem viele Leute“, berichtet FDP-Netzpolitiker und Bundestagsmitglied Jimmy Schulz. Von einem Wettbewerber heißt es: „Das leistet sich sonst keiner.“ Mitunter erschienen die Telekom-Einflüsterer schon mal zu sechst zum Termin.

Tatsächlich ist die schiere Masse an Lobbyisten ein wichtiger Baustein für die Durchsetzungskraft des Unternehmens. Insgesamt arbeiten rund 100 Mitarbeiter unter Cheflobbyist Kopf, einem ruhigen Juristen mit Erfahrungen als Anwalt und Mitarbeiter der EU-Kommission. Zum Vergleich: Wettbewerber 1&1 hat vier Lobbyisten.

Zu Gunsten der Telekom

„Stellungnahmen und Analysen der Telekom gehören stets zu den fundiertesten“, schwärmt ein sozialdemokratisches Mitglied des Wirtschaftsausschusses im Bundestag. Bei dererlei Lob, das im Gespräch von Politikern aller Couleur kommt, wundert es kaum, dass sich in einem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion zum Telekommunikationsgesetz Ergänzungswünsche finden, die die Telekom begünstigen. Ein Absatz zur „Verbesserung der Rechts- und Planungssicherheit“ liest sich, als stamme er direkt aus der Stellungnahme des Konzerns zum Referentenentwurf. In einem Telekom-Papier heißt es:

„Als einziges Instrument zur Herstellung für Investitionssicherheit reichen (...) Verwaltungsvorschriften nicht aus. Erst ein konkreter Bescheid zu einem konkreten Investitionsvorhaben schafft für Unternehmen die notwendige Planungssicherheit“.

Im Unions-Positionspapier findet sich eine identische Forderung:

Verwaltungsvorschriften reichten allein „jedoch nicht aus, um Unternehmen (...) Klarheit und Rechtssicherheit zu den konkret zu erwarteten Regulierungsauflagen zu geben. Erforderlich ist ein Antragsrecht für investierende Unternehmen auf ein Auskunftsrecht.“

Nun mögen auch Konzerne wie die Bahn oder Siemens Horden von Lobbyisten beschäftigen. Doch ist der Einfluss dieser Unternehmen weniger kritisch für innovative Wachstumsfelder wie die Internet-Wirtschaft. „Wir sehen uns von der Bundesregierung nicht vertreten, die macht reine Konzernpolitik“, klagt der Gründer des populären Bewertungsportals Qype und zahlreicher anderer Startups, Stephan Uhrenbacher.

Freund Finanzminister

Eine Geheimwaffe der Telekom sitzt 15 Gehminuten vom Berliner Konzernbüro entfernt: Es ist der Finanzminister. Die Bundesrepublik ist mit 32 Prozent noch immer größter Einzelaktionär, kassierte allein 2011 rund eine Milliarde Euro an Dividende vom Unternehmen. Sowohl Finanzstaatssekretär Hans Bernhard Beus als auch der Chef der Staatsbank KfW, Ulrich Schröder, sitzen im Telekom-Aufsichtsrat. „Hat ein neues Gesetz negative Auswirkungen auf die Dividende der Telekom und damit die Staatseinnahmen, ist das natürlich ein Argument“, sagt Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). „Die Regierung als Eigentümer wägt solche Auswirkungen ganz rational ab.“

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