




Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Post um kürzere Arbeitszeiten treten Arbeitgeber und Gewerkschaft auf der Stelle. Bis zum Mittwochnachmittag gab es in der fünften Verhandlungsrunde in Königswinter bei Bonn keine Bewegung und es zeichnete sich auch keine Annäherung ab. Kurz vor Beginn der Verhandlungen hatte Verdi alle Warnstreiks eingestellt. Für die rund 140 000 Beschäftigten fordert die Gewerkschaft eine Verkürzung der Wochenarbeitszeiten um 2,5 Stunden auf 36 Stunden sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Für die Verhandlungen wurden zwei Tage angesetzt.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
In den vergangenen Tagen hatte sich der Tarifstreit nicht nur durch Warnstreiks verschärft. So warf Verdi der Post vor, Streikenden mit dem Arbeitsplatzverlust gedroht und Beamte als Streikbrecher eingesetzt zu haben. Am Dienstag hatte die Gewerkschaft beim Arbeitsgericht Bonn zudem eine einstweilige Verfügung beantragt, um gegen den unzulässigen Einsatz von Beamten während der Streiks vorzugehen. Darüber soll am Dienstag kommender Woche verhandelt werden. Das Unternehmen wies die Anschuldigungen zurück und forderte den Tarifpartner auf, den Konflikt am Verhandlungstisch zu lösen.
Hintergrund des Streits ist der Aufbau eines zweiten Zustellernetzes im Paketgeschäft durch die Gründung von 49 regionalen Gesellschaften. Dort arbeiten laut Post bereits mehr als 6000 Menschen. Verdi sieht in dem Vorgehen einen Bruch von Vereinbarungen über ein Verbot der Fremdvergabe. Als Ausgleich hierfür verlangt die Gewerkschaft nun eine Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich.
Der Arbeitgeber hatte bei der vierten Tarifrunde vor gut einer Woche eine Verlängerung des Kündigungsschutzes sowie die Wiedereinführung eines arbeitsfreien Tages an Heiligabend und Silvester angeboten. Verdi sprach von einer Mogelpackung und brach die Verhandlungen ab. Mit Warnstreiks in Sortier- und Briefzentren sowie in der Zustellung versuchte Verdi, weiteren Druck auf den Arbeitgeber auszuüben. Durch den Arbeitskampf erhielten manche Postkunden Briefe und Pakete nur mit Verspätung. Laut Post hielten sich bislang die Auswirkungen des Streiks aber in Grenzen.