„Entscheidend ist darum, sich vorher genau zu überlegen, welche Prozessschritte man tatsächlich aus der Hand geben will und wer der richtige Partner dafür ist“, sagt auch Protema-Chef Pirron. Diese Prüfung kann durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass es besser ist, bestimmte Bereiche nicht auszulagern, etwa, weil sonst die Qualität nicht mehr gewährleistet werden kann. „Darum sind auch Mischformen aus Make-or-Buy denkbar, zum Beispiel die Vergabe der Transporte an einen Partner und das Betreiben des Lagers in Eigenregie“, sagt Gärtner.
Welche Rolle(n) Berater heute spielen
In vielen Unternehmen ist das Branchen-Know-how und Erfahrungswissen vorhanden, um neue Lösungen zu finden. Es muss nur aus den Mitarbeitern herausgekitzelt werden. Als Moderator bereitet der Berater die wesentlichen Arbeitsschritte und Methoden hierfür vor, sorgt für eine strukturierte Diskussion, fördert neue Ansichten, gibt kollektivem Denken eine Struktur und entwickelt gemeinsam mit Management und Mitarbeitern neue Strategien, Organisationsmodelle und Prozesse. Ein guter Moderator ist Organisator, Didaktiker, Trainer, Coach und Sparringspartner des Topmanagements zugleich.
Bei der klassischen Form der Beratung kaufen Unternehmen Fach- und Erfahrungswissen ein, das im Unternehmen selbst nicht vorhanden ist. Seit den Anfängen der Strategieberatung á la McKinsey prägt die Expertenrolle das öffentliche Bild der Beraterbranche. Und so bieten noch heute praktisch alle Beratungsunternehmen diese Rolle an, sehr ausgeprägt auch bei Spezialistenboutiquen zu finden, die sich auf ein Fachgebiet (z.B. Einkauf oder Controlling) oder eine Branche (z.B. Finanzdienstleistung) fokussiert haben. Die Beratungsprojekte, in denen Experten gefragt sind, zeichnen sich durch längere Analyse- und Konzeptionsphasen aus. Denn hier kann der Experte mit seinem Fachwissen am meisten bewirken.
Bei besonders kniffligen und komplexen Fragestellungen erwarten die Kunden von Beratern wahre Starqualitäten. Der Vordenker muss entweder überragende intellektuelle Fähigkeiten mitbringen oder über langjährige Industrieerfahrung verfügen. In der Praxis wird zwischen so genannten Brain- und Grey-Hair-Projekten unterschieden. Bei Brain-Projekten ist die zu lösende Aufgabe neu und von großer Komplexität. Der Berater muss vor allem mit Kreativität, Innovation und Pionierleistungen bei neuen Ansätzen, Konzepten und Techniken aufwarten können. Bei Grey-Hair-Projekten sind dagegen kundenindividuelle Lösungen gefragt, die Aufgabenstellung ist jedoch meist im Grundsatz bekannt und Lösungsansätze können durchaus aus anderen Projekten übertragen werden. Die Kunden erwarten von Grey-Hair-Vordenkern nutzbare Erfahrungen und Vorwissen aus früheren Projekten sowie Urteilsvermögen. Bei Brain- wie bei Grey-Hair-Projekten sind Standardlösungen unakzeptabel. Hier zählt vor allem Seniorität und Spezialwissen.
Bei umfangreicheren Beratungsprojekten, die zum Beispiel in mehreren Ländern gleichzeitig stattfinden, übertragen Unternehmen die Projektkoordination und -steuerung gerne Beratungsdienstleistern. Der Projektmanager stellt sicher, dass die einzelnen Maßnahmen und Projektschritte termingerecht umgesetzt werden. Diese Rolle erfordert Organisationstalent und Methoden-Know-how.
"Umbauarbeiten" gehören heute in Unternehmen zum Tagesgeschäft. Beim Gros der Beratungsprojekte handelt es sich um sogenannte "Procedure-Projekte" – das heißt, dem Unternehmen ist das zu bearbeitende Problem gut bekannt, es hat aber selbst nicht genug Leute und häufig auch nicht das Know-how, um diese Umbauarbeiten aus eigener Kraft heraus zu stemmen. Bei IT- oder Transformationsprojekten liefern Berater wie z.B. Accenture, Capgemini, IBM oder BearingPoint Lösungen, die sie anschließend gemeinsam mit dem Kunden auch umsetzen.
Nach dem Hilfe-zur-Selbsthilfe-Prinzip schulen praxiserfahrene Spezialisten die Mitarbeiter des Kunden in Methoden- oder Fachtrainings, damit diese Aufgabenstellungen selber lösen und umsetzen können. Die Idee: Wenn die eigenen Mitarbeiter befähigt werden, Projekte umzusetzen, muss das Unternehmen künftig nicht mehr so viel Geld für Beratung ausgeben. Um anderen etwas beizubringen, braucht es Fachwissen, Empathie und didaktisches Geschick.
Der Berater stellt dem Unternehmen bereits entwickelte und in der Praxis getestete Methoden und Prozesslösungen – wie zum Beispiel Lean Management oder Six Sigma - zur Verfügung.
Diese Rolle beinhaltet hauptsächlich das Design und die Steuerung von Transformations- und Veränderungsprojekten. Der Berater bietet (verhältnismäßig) kleinen fachlich-inhaltlichen Input, er ist mehr Begleiter, Treiber, Controller, Anreger und Coach. Deshalb haben darauf spezialisierte Berater häufig auch keine explizite Branchen- oder fachliche Spezialisierung.
Der Berater verabschiedet sich von seiner Rolle als Berater und übernimmt als Senior Projektmanager selbst weitgehend die Führungs- und Umsetzungsfunktion. Interims-Manager sind bei der Überbrückung von Engpässen oder Umbruchsituationen gefragt. Diese Rolle übernehmen meist nur Berater, die vorher eigene Linienverantwortung in der Industrie gesammelt haben oder Ex-Linienmanager ohne explizite Beratungserfahrung.
Beim Management von Unternehmen werden datenanalytische Fähigkeiten immer wichtiger. Einige Beratungsunternehmen haben dazu eigene Teams im Angebot, die nur darauf spezialisiert sind, Daten zu erheben, zu analysieren und zu interpretieren, etwa um den Vertrieb zu verbessern und Kunden besser kennen lernen zu können.
Kunden fragen auch Beratung nach, um Entscheidungen oder Vorhaben zu legitimieren. Die Bestätigung der eigenen Meinung mittels einer neutralen Sichtweise kann der (fachlichen) Absicherung, der Entscheidungssicherheit, aber auch der Kommunikation dienen. Für die Legitimationsfunktion werden häufig die bekannten Brands herangezogen, aber auch externe Gutachter mit Spezialwissen können diese Rolle übernehmen.
Damit es später keine Probleme gibt, müssen vor allem die Schnittstellen zwischen Dienstleister und Kunde vertraglich genau definiert werden: „Wichtig ist ein detailliertes Lastenheft, in dem beschrieben ist, wie genau verfahren werden muss“, empfiehlt Pirron. Dazu gehören Vereinbarungen über Spitzen und wie damit umgegangen werden soll ebenso wie eine Risikoanalyse mit Antworten auf die Frage, was schief gehen kann, wie dann verfahren wird und wer schlimmstenfalls für den entstandenen Schaden aufkommt.
Reibungslos funktionieren kann die Zusammenarbeit nur, wenn auch die IT der Vertragspartner aufeinander abgestimmt ist. „Möglicherweise ist es besser, wenn der Auftraggeber seinem Dienstleister das eigene IT-System zur Verfügung stellt, damit es in den Abläufen keine Kommunikationspannen gibt“, sagt Pirron. Der Protema-Chef rät seinen Kunden außerdem dazu, auch zukünftige Verbesserungsschritte vorab zu definieren, „etwa eine bestimmte Effizienzsteigerung und Kostensenkung pro Jahr.“
LogistikPlan-Geschäftsführer Gärtner sieht in solchen Effizienz-Vereinbarungen noch einen zusätzlichen Vorteil: „Bislang gibt es in Outsourcing-Verträgen vor allem Vereinbarungen über Strafen und Malus-Zahlungen, Boni-Regelungen und Anreizsysteme für den Dienstleister fehlen meistens.“
Was ebenfalls geregelt werden sollte: „Wie schnell kann ich aus einem Vertrag wieder aussteigen, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert oder sich die äußeren Bedingungen geändert haben“, sagt Pirron. Unterschätzt werden häufig auch unliebsame Nebeneffekte einer Auslagerung: „Das bringt Unruhe ins Unternehmen, weil in der Regel Jobs verloren gehen.“ Der Protema-Chef rät deshalb dringend, mit offenen Karten zu spielen und schon frühzeitig den Betriebsrat einzubeziehen.
Der Aufwand für ein Outsourcing-Projekt rechnet sich nach Pirrons Erfahrung darum nur, wenn die Logistik-Kosten dadurch deutlich sinken: „20 bis 30 Prozent Einsparungen sollten schon erreicht werden, für fünf Prozent lohnt sich das nicht, da sollte man es lieber so lassen, wie es ist.“ Das sieht Alexander Rehn, Geschäftsführer der Münchner T&O Unternehmensberatung, genauso: „Vor allem Mittelständler sind bei solchen Entscheidungsprozessen viel zu sehr auf das Kostenthema fixiert.“ Doch gerade bei Unternehmen mit 500 bis 1500 Mitarbeitern sind die Outsourcing-Effekte auf die Gesamtkosten meist sehr überschaubar, „viel wichtiger ist die strategische Komponente einer solchen Maßnahme.“
Rehn ist seit 25 Jahren im Geschäft und hat sich auf die Logistik-Beratung mittelständischer Unternehmen spezialisiert. „Wir kommen häufig zu dem Ergebnis, dass sich eine Auslagerung bei unseren Kunden nicht rechnet oder mit viel zu hohen Risiken verbunden ist.“ Der Berater setzt darum mehr darauf, die firmeneigene Logistik-Abteilung besser zu machen: „Bei uns ist Outsourcing nicht das Ziel sondern die Messlatte, um die Effizienz der internen Prozesse vergleichen zu können und sie bei Bedarf zu verbessern.“