Lotto, Poker, Toto Ole von Beusts Spiel mit dem Glück

Ole von Beust Quelle: imago images

Ole von Beusts Beratungstätigkeit für eine illegale Pokerwebseite sorgt für Empörung. Dabei ist er keineswegs der einzige prominente Überläufer in den Graubereich des Glücksspiels.

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Ausgerechnet Hamburg. Die Hansestadt gilt als Zentrum im Kampf gegen jene Glücksspiele, die zunehmend ins Internet abwandern: Lotto, Poker, Automatenspiele. Von Hamburg aus organisiert der deutsche Lotto- und Totoblock seine Aktivitäten gegen den Wildwuchs gegen die illegalen Anbieter. Lange Zeit hatte Lotto dabei einen prominenten Unterstützer. Ole von Beust, ehemals erster Bürgermeister der Hansestadt, assistierte dem deutschen Lotto-Verbund mit seiner Beratungsagentur Ole von Beust Consulting in diesem heiklen Kampf.

Seit Jahresanfang muss der Lotto- und Totoblock ohne den prominenten Unterstützer auskommen. Und bald dürfte von Beust sogar für die Gegenseite, den kanadischen Glücksspielkonzern The Stars Group, tätig werden. Das berichteten NDR und Süddeutsche Zeitung. Für die offiziellen Lottoanbieter kommt die Enthüllung von Beusts Seitenwechsel zur Unzeit: Denn der Kampf gegen die illegale Konkurrenz nähert sich seinem Finale. Zudem ist es nicht der erste Seitenwechsel, den die deutschen Glücksspielanbieter verkraften müssen.

Die Glücksspielbranche wächst vor allem im Internet: Zwischen 2006 und 2016 sind die Bruttospielerträge im Internet, also die Spieleinsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne, weltweit von 15 Milliarden auf  rund 40 Milliarden Euro gestiegen. Auch in Deutschland boomt die Zockerei im Netz, auch wenn Online-Casinos hierzulande mit der Ausnahme von Schleswig-Holstein verboten sind. Die Spieler störte das bislang nicht: 86 Prozent der 2015 im  Internet erzielten Bruttospielbeträge von rund zwei Milliarden Euro stammt aus Angeboten des Grau- und Schwarzmarktes.

Dazu zählen auch die Plattformen von The Stars Group: Die Seiten Pokerstars und Full Tilt sind überall  in Deutschland abrufbar. Die Glücksspielaufsichten betrachten diese Angebote jedoch als illegal, da die Plattformen über keine deutsche Glücksspiellizenz verfügen. Die Anbieter argumentieren hingegen, dass sie Lizenzen in anderen EU-Ländern haben und durch die Dienstleistungsfreiheit ihre Online-Buden auch hierzulande legal anbieten dürften. Wer mit seiner Argumentation Recht behält, müssen in den kommenden Monaten die Obersten Verwaltungsgerichte entscheiden.

Legaler Anstrich, aber eigentlich verboten

Dabei wird der Kampf gegen die Glücksspielanbieter aus dem Ausland, meist mit Sitz in Gibraltar oder Malta, nicht nur in Gerichtssälen geführt. So flutet etwa der private Lottoanbieter Lottoland aus Gibraltar das deutsche Privatfernsehen mit Spots und gehört zu den größten Einzelwerbetreibenden in Deutschland. Auch die Fernsehwerbung von  Pokerstars läuft im deutschen Privatfernsehen. Zum großen Frust der Glücksspielaufsichten: Denn so werden Angebote als legal präsentiert, die in Deutschland eigentlich verboten sind.

Prominenten Köpfen wie etwa von Ole von Beust kommt in dem Kräftemessen zwischen den legalen  und illegalen Angeboten eine entscheidende Bedeutung zu. Als moralisches Gewissen sprach sich von Beust schon in seiner aktiven Zeit als Bürgermeister gegen das illegale Glücksspiel aus. Entsprechend stärkte er als Berater des Lotto- und Totoblocks diese Linie. Dass ausgerechnet von Beust nun einen Anbieter aus dem Graubereich berät, sorgt beim deutschen Lotto für lange Gesichter.

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von Andreas Macho

Nicht nur ein Fall der deutschen Glücksspielaufsichten

„Der Abgang von Herrn Beust kam etwas plötzlich“, sagt Torsten Meinberg, Chef von Lotto Hamburg. Im Januar 2017 habe von Beust dem Lotto- und Totoblock eröffnet, dass er sein Mandat abgebe und The Stars Group beraten wolle. Von einem Seitenwechsel will Meinberg aber nicht sprechen: „Im Zuge einer Neuausrichtung seiner Beratungsfirma hat ein Mitarbeiter von Beust diesen Kunden mitgebracht, der eine Beratung für uns natürlich ausschließt. Herr von Beust hat uns das rechtzeitig gesagt. Wir hätten zwar gerne mit ihm weitergearbeitet, doch er hat uns vor vollendete Tatsachen gestellt.“

Einen Schaden, der durch den Abgang entstanden sein könnte, will Meinberg nicht sehen. Zudem darf von Beust erst ab 2018 persönlich für den Kunden tätig werden. „Wir vereinbarten eine Art Karenzzeit von einem Jahr mit Herrn von Beust. So lange durfte er nicht für den neuen Kunden tätig werden, da sonst eine Vertragsstrafe fällig würde. Er stimmte dem zu.“ Meinberg fügt hinzu: „Das Problem der Glaubwürdigkeit ist seins.“

Auch wenn Meinberg im Gespräch den hanseatischen Diplomaten gibt, dürfte die Personalie Beust hinter den Kulissen für einigen Wirbel sorgen. Vergleichbares ist dem Lotto- und Totoblock bereits Ende 2014 passiert, als der langjährige Lotto-Chef von Niedersachsen, Rolf Stypmann, zum privaten Anbieter Lottoland wechselte.

„Lottoland ist einer der Treiber für die zeitgemäße Entwicklung des deutschen Lotteriemarkts. Ich möchte Lottoland dabei unterstützen, wieder mehr Menschen für Lotto zu begeistern und das Image von Lotto zu entstauben“, gab Rolf Stypmann in seiner Funktion als Pressesprecher von Lottoland damals kund. Lotto-Chef Meinberg will den damaligen Wechsel Stypmanns zu Lottoland auch aufgrund der aktuellen Ereignisse nicht kommentieren: Stypmann ist vor wenigen Tagen gestorben.

Pikanter als eine Tätigkeit für Lottoland dürfte ohnehin die Beratung Beusts für The Stars Group sein. Denn die Pokerseiten des kanadischen Unternehmens sind nicht nur ein Fall der deutschen Glücksspielaufsichten. Auch das FBI ist schon gegen Portale des Unternehmens vorgegangen. So gingen US-Ermittler 2011 rigoros gegen die Anbieter von Pokerstars vor, denen in den USA illegales Glücksspiel zur Last gelegt wurde.

Im Gegensatz zum relativ nachsichtigen Vollzug gegen illegales Glücksspiel in Deutschland fackelten die US-Ermittler nicht lange herum und froren Konten ein und eröffneten Verfahren gegen Manager von Pokerstars. Das Verfahren selbst wurde nach einer millionenschweren Zahlung von Pokerstars zwar eingestellt. Der Gründer des Portals, Isai Scheinberg, ist aber bis heute auf der Flucht vor den Ermittlern.

Ein Rezept, mit dessen Hilfe deutsche Lottoanbieter verhindern können, dass finanzstarke Privatanbieter ihnen die prominenten Köpfe abwerben, ist offenbar noch nicht gefunden: „Wir stehen hier vor einem neuen Phänomen. Wir müssen erst über Lösungen nachdenken“, sagt Meinberg.

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