Beim Gedanken an moderne Flugreisen schwärmen Snobs und Vielflieger gern von der glamourösen guten alten Zeit der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Damals, so die Erinnerung, war das Ambiente im Gegensatz zu heute an Bord und am Flughafen glamourös und der Service an Bord perfekt.
Leider hat das Bild einen Fehler: Es stimmt nicht.
Sicher, damals ging es formell und höflich zu. Trotzdem würde ein Passagier von damals mit Sicherheit lieber heute in einen Flieger steigen, vorausgesetzt es ginge um eine Reise in der First Class.
Denn seinerzeit war das Fliegen zwar im Verhältnis nicht nur deutlich unsicherer und teurer, weil ein Langstreckenticket schon genau so viel wie ein Eigenheim kosten konnte. Es war auch deutlich unbequemer.
Der größtmögliche Luxus damals: Bessere Campingliegen, gerne als Doppelstockbetten, etwas kratzige Wolldecken und kalte Platten nebst mühsam aufgewärmten Mahlzeiten, die nicht nur in Katastrophenfilmen zu Lebensmittelvergiftungen führen konnten. Zur Unterhaltung gab es ein gutes Buch und eventuell Cocktails um einen runden Tisch.
Einzelzimmer mit Wohlfühlgarantie
Darüber können First-Class-Kunden künftig nur milde lächeln. Denn bald ist dort der Standard eine Art Einzelzimmer, vom Koch auf Wunsch zubereitete Mahlzeiten und beste Weine. Dazu gibt es ein Unterhaltungsprogramm mit mehreren tausend Stunden Musik und Video, die sich auf Wunsch starten oder unterbrechen lassen.
Das ist erst der Anfang. Als erste Fluglinie will Etihad aus Abu Dhabi ab dem nächsten Jahr in ihrem Superjumbo A380 ein knapp 15 Quadratmeter großes Appartement anbieten mit Wohnzimmer, Schlafgemach, persönlichem Badezimmer und einem eigenen Butler. Lokalrivale Emirates aus Dubai will bald nachziehen. Und wenn dann Qatar Airways aus dem Gas-Emirat Katar seinen Ruf als beste Linie der Region nicht schmachvoll verlieren will, muss sie nachziehen. Alles andere wäre ein in der Region schwer vorstellbarer Gesichtsverlust.
Damit vollzieht sich ein weiterer Wachwechsel in der Welt der Fliegerei – und erneut zu Lasten der Lufthansa und anderer Unternehmen aus Europa und den USA.
Bisher wollten Airlines wie Emirates vor allem die größten Unternehmen der Branche werden und dabei die Konkurrenz aus dem Rest der Welt abhängen. Mit ihren Neuerungen haben die drei Emirats-Linien künftig wenn nicht den weltbesten, dann doch zumindest den mit Abstand aufwändigsten Service am Himmel.
Damit überholen sie nicht nur die bislang führenden Anbieter aus Asien Singapore Airlines und Cathay Pacific aus Hongkong und natürlich die Anbieter der alten Welt, die ihre First Class weitgehend aufgegeben haben. In Europa haben nur noch British Airways, Lufthansa und Air France auf der Langstecke ein Top-Abteil, das sie in den vergangenen Jahren für mehrere hundert Millionen Euro aufgemöbelt haben. Doch gleichzeitig haben sie auf einem Großteil der Flotte ihre First Class abgeschafft. Und wo sie geblieben ist, gibt es meist weniger Sitze als bisher. Lufthansa hat nun höchstens acht statt früher bis zu 16 Sitze in einer ihrer Maschinen und Air France kommt auf lediglich vier Plätze pro Flieger.