Lufthansa Sechs Gründe, warum Carsten Spohr für Alitalia bietet

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3. Lukrative Langstrecke

In den vergangenen Jahren hätte Lufthansa die gesamte Alitalia bereits schon zwei Mal kaufen können. In 2008 hat sie sich wohl auch die Zahlen schon mal genauer angesehen und führte dem Vernehmen nach auch Gespräche. Doch der damalige Finanzchef Stephen Gemkow legte sein Veto ein. Aus seiner Sicht war Alitalia nicht sanierbar.

Selbst mit einem Schuldenerlass und Einschnitten – bei den Gehältern würde eine Sanierung der gesamten Linie schwer. So widersprachen die Arbeitnehmerverbände auch im vergangenen Jahr mehrfach entscheidenden Reformen, selbst als der damalige Hauptaktionär Etihad seinen Rückzug androhte und die Pleite folgte.

Neben einer harten Sanierung mit Einschnitten wäre bei den kostentreibenden Arbeitsregeln vor allem Sinn eine Aufteilung des Unternehmens sinnvoll. Während sich Lufthansa bei Air Berlin nur für die Kurzstrecke interessierte, ginge es in Italien vor allem um die Langstrecke. Mit ihren 26 aktiven Großraumjets verdient die Linie vor allem bei Zielen in Nord- und Südamerika einigermaßen Geld.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Sebastian Schaal

Damit die Flüge allerdings richtig profitabel werden, müsste Lufthansa das ganze Netz von Rom zurück nach Mailand verschieben. Während Rom vor allem für Touristen interessant ist, gäbe es in der Wirtschafts- und Finanzmetropole Mailand mehr gut zahlende Geschäftsreisende. Beim Wechsel wäre allerdings mit Widerstand zu rechnen. Denn die wirtschaftlich widersinnige Verschiebung von Mailand nach Rom vor ein paar Jahren war ein Zugeständnis an die vor allem in der Hauptstadt ansässigen Politiker und die Beschäftigten, die in Rom leben, aber nicht nach Mailand shutteln wollten.
Das regionale Netz hingegen ist bestenfalls als Zubringer zur Langstrecke interessant. „Den normalen inneritalienischen Verkehr hat Alitalia längst an Ryanair und Easyjet verloren. Die Flüge zu den Inseln sind bestenfalls im Sommer profitabel“, urteilt ein Lufthansa-Insider.

4. Norditalien ist eine der lukrativsten Flugmärkte Europas

Angesichts der Schwäche von Alitalia und der insgesamt vergleichsweise labilen italienischen Wirtschaft vergessen viele, dass Norditalien eines der ökonomischen Kraftwerke in Europa ist. „In Sachen Innovation und Wirtschaftskraft kann die Region mit Baden-Württemberg und anderen leicht mithalten“, so ein Lufthanseat. „Aus diesem Grund sind wir auch da sehr präsent.“

So fliegt Lufthansa vor allem aus München gut ein halbes Dutzend Ziele im Norden an. Dabei bietet sie nicht nur besonders kurze Umsteigezeiten. Der Flughafen München hat eine eigene italienische Ecke mit besonderen Restaurant- und Einkaufsangeboten für die Kunden aus Italien. „Italien ist nach den USA unser wichtigster Markt außerhalb unserer Heimatländer“, sagte Spohr denn auch bei seinem Branchentreffen am Dienstag. „Den müssen wir sichern.“

Würde Lufthansa sich nun ganz aus dem Verkaufsprozess raushalten, könnte sich ein anderer Bieter den Markt schnappen. Dann täte sich nicht nur München als nördlichstes Drehkreuz Italiens und Lufthansa schwer. Am Ende könnte eine effiziente Langstreckenlinie sogar Passagiere aus Deutschland anlocken, die statt Lufthansa-Sachlichkeit eine Airline mit Dolce Vita - oder zumindest einer Anmutung davon - suchen.

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