Lufthansa, Air China und Air Berlin Carsten Spohrs Tanz mit dem Teufel

Seite 2/3

Darum sind die Deals für die Lufthansa riskant

Dazu gibt der Bund Eurowings einen spürbaren Schub bei ihrer Expansion nach Europa. Hier will Spohr die Linie zur Nummer drei ausbauen, weil künftig Billigflieger ohne ein großes europaweites Netz keine große Rolle mehr spielen werden. Doch dafür fehlten Spohr bislang die Flugzeuge, weil er sie kaum auf einen Schlag bekommen hätte - und wenn, hätte er sie sich nicht leisten können.

Mit den 40 Fliegern der Berliner macht Eurowings nun nicht nur einen großen Sprung in die ersten drei Ränge der europäischen Flugdiscounter. Sie wird vor allem im Urlaubsverkehr eine große Nummer. Mit Air Berlin ist die Lufthansa-Tochter vor allem auf dem wichsten Flugziel deutscher Touristen in Mallorca der Marktführer, wo Eurowings mit seinen zwei Maschinen nicht einmal eine Nebenrolle spielte. Dazu kommen viele Ziele in Spanien und Teilen Italiens.

Der Bund mit Air China hingegen soll die Lufthansa davor schützen, dass die Golflinien sich in China breitmachen. Im wichtigsten Wachstumsmarkt der Branche tun sich Emirates, Etihad und andere bislang schwerer als im Rest Südostasiens. Aus Ländern wie Indonesien oder den Philippinen konnten sie Lufthansa und andere europäische Linien fast komplett vertreiben.

Die wichtigsten Billigflieger in Deutschland

Doch die Regierung in Peking beschränkt die Flugrechte, um ihre staatlichen Airlines vor den oft bequemeren und meist effizienteren Ausländern zu schützen. Dazu können hier die Golflinien ihren Kostenvorteil nur begrenzt ausspielen. Denn gerade Geschäftskunden aus Nordeuropa tun sich hier schwer, weil sie wegen des Umwegs inklusive Flugzeugwechsel nicht selten einen halben Tag länger unterwegs sind bei Nonstop-Verbindungen.

Mehr Nonstop-Verbindungen

Im Verbund mit Air China kann Lufthansa künftig zunächst mehr Nonstop-Verbindungen zu Zielen abseits der Metropolen Peking oder Schanghai fliegen. Dafür hatte die Kranichlinie bislang häufig zu wenige Kunden und musste Routen wie München-Shenyang einstellen.

Dazu darf Lufthansa dank des Air China-Bundes als einziges ausländisches Unternehmen umfangreiche Umsteigeverbindungen zu Zielen abseits der Metropolen Peking oder Schanghai anbieten, worauf besonders in Deutschland viele ihrer Unternehmenskunden warten. Sie darf ihre Tickets dank Air China auch im Reich der Mitte vermarkten. Und wenn in 2019 Pekings neuer Airport fertig ist, dürfen Lufthansa und Air China auf dem deutlich besser erreichbaren heutigen Landeplatz bleiben.

Doch beide Deals sind auch riskant für die Lufthansa.

2. Lufthansa betritt fliegerisches Neuland

Air Berlin und Air China haben eine weniger kundenfreundliche Firmenkultur als die Lufthansa nach den Verbesserungsprogrammen der vergangenen zwei Jahre. Chinas Staatslinie gilt trotz vieler Fortschritte bei Service an Bord und am Boden sowie der Flugsicherheit als bürokratisch und unflexibel in ihrer Arbeitsweise. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie sich als Staatsunternehmen in vielen Fragen bei ihrem Alleinaktionär Regierung rückversichern muss.

Bei Air Berlin haben die vielen Sparrunden und die jahrelange Ungewissheit Kundendienst und Zuverlässigkeit geschadet. Bei den Statistiken von Fluggastrechtportalen wie Flightright oder Fairplane landet die Linie immer ganz vorne bei Unregelmäßigkeiten und ungewollten Flugverspätungen. Mit @airberlinhell widmet sich gar ein eigener Twitteraccount den Unzulänglichkeiten der Berliner. Das könnte bei einer Kooperation auch auf das Bild der Lufthansa in der Öffentlichkeit trüben.

Dazu muss Lufthansa beim Pakt mit Air Berlin mit hohen Auflagen der Wettbewerbshüter rechnen. Der neue Bund wäre mit Abstand Marktführer in Hamburg, Köln, Stuttgart und München - und Monopolist bei allen Routen zwischen den vier Orten sowie auf vielen Ferienstrecken ans Mittelmeer. „Wir fordern weiterhin stabile Ticketpreise“, verbittet sich Dirk Gerdom, Chef des deutschen Geschäftsreiseverbands VDR und oberster Reisemanager des Software-Riesen SAP denn auch Preiserhöhungen.

Zwar hat hier Eurowings-Chef Karl Garnadt bereits vorsorglich Stimmung gemacht. Auf einem Kongress der Fachzeitschrift FVW prophezeite er, ohne Konsolidierung gebe es bald „eine Intensität des Wettbewerbs, wie wir ihn bisher noch nicht gesehen haben“. Doch weil der einem Verbund Lufthansa-Air Berlin zunächst zumindest in Deutschland eher weniger trifft, dürften die Wettbewerbshüter einiges verlangen, etwa dass Lufthansa selbst Wettbewerber für die vier Airports des deutschen Duos sucht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%