Die Lufthansa interessiert sich einem Zeitungsbericht zufolge für Teile von Air Berlin. Deutschlands größte Fluggesellschaft spreche derzeit mit Etihad, dem größten Aktionär der deutschen Nummer Zwei, über eine Übernahme von Air-Berlin-Strecken, die nicht über die Drehkreuze Düsseldorf und Berlin führen, berichtet das "Handelsblatt" vorab und beruft sich auf mit den Verhandlungen vertraute Kreise.
Zu den entsprechenden Start- und Landeslots gehörten rund 40 Flugzeuge mitsamt Crews. Das alles - so die Überlegung - könnte von der neuen Lufthansa-Tochter Eurowings übernommen werden. Lufthansa und Etihad wollten zu dem Bericht keine Stellungnahme abgeben.
Air Berlin war zu Jahresbeginn tief in die roten Zahlen geflogen. Der Verkauf könnte für die Airline die Chance für eine strategische Neuausrichtung sein. Das Unternehmen könnte sich mit dann noch rund 100 Flugzeugen auf Düsseldorf und Berlin konzentrieren und würde damit besser zum Premium-Anspruch des Großaktionärs Etihad passen.
Die Chronik von Air Berlin
Vor 38 Jahren hob der erste Air-Berlin-Flieger ab. Alles begann mit alliierten Sonderrechten zur Landung im geteilten Berlin. Nach der Wende wuchs Air Berlin zur Nummer Zwei am Himmel über Deutschland heran, doch dann folgte eine jahrelange Krise.
1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.
1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag. Air Berlin expandiert und stationiert zunehmend auch Flugzeuge auf Regionalflughäfen.
1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft.
Einstieg zu 25 Prozent bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda.
Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba.
Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge.
Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, legt das erste Sparprogramm auf: Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.
Air Berlin kündigt für 2012 den Eintritt in das Luftfahrtbündnis Oneworld an.
Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm soll das operative Ergebnis um 200 Millionen Euro verbessern. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.
Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Airline mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Ein neues Sparprogramm beginnt. Der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Großaktionär Etihad bringt nur vorübergehend wieder schwarze Zahlen.
Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das von Mehdorn im Vorjahr aufgelegte neue Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.
Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.
Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden.
Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.
Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes soll den Flugbetrieb zunächst sichern.
Fast 40 Jahre nach dem Start der ersten Air-Berlin-Maschine in Berlin-Tegel landet am 27. Oktober 2017 um 23.45 Uhr der letzte Air-Berlin-Flieger dort. Die Zukunft der Angestellten und vieler Unternehmensteile ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr wiederum könnte zeigen, dass sein Konzept, Eurowings als Konsolidierungsplattform für den europäischen Luftverkehr zu etablieren, funktioniert.
Allerdings gibt es dem "Handelsblatt" zufolge noch offene Fragen. An einzelnen Flughäfen wie etwa Hamburg kommen Lufthansa und Air Berlin demnach auf einen gemeinsamen Marktanteil von fast 70 Prozent. Das könnte kartellrechtliche Probleme verursachen.
Ziel sei es, bis spätestens Oktober zu einer Entscheidung zu kommen, berichtet die Zeitung.
Wie die Karten im Pokerspiel um die Airline verteilt sind, lesen Sie hier.