Lufthansa auf Expansionskurs Was eine Air-Berlin-Übernahme zum Höllenritt macht

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Lufthansa und Air Berlin: "Das wäre ein Rückfall in die Neunzigerjahre"

Hinzu kommen vergleichsweise hohe Betriebskosten. Während die Gehälter noch relativ moderat sind, drücken die Flugzeugkosten schwer. Der ehemalige Finanzchef - und heutige Etihad-Chefunterhändler in Sachen Air Berlin - Ulf Hüttmeyer verkaufte die Flotte nach und nach. Nun muss die Linie ihre Jets für sehr viel Geld zurückleasen.

Dieses Problem scheint lösbar. Wenn eine Insolvenz allen Beteiligten als zu langwierig und unsicher erscheint, könnte Etihad um des lieben Friedens willen einen Großteil der Kosten übernehmen. Mit den Leasingfirmen könnte sich Lufthansa wohl einigen. „Die hohen Leasingkosten rühren ja eher aus der Pleitefurcht bei Air Berlin“, kommentiert ein Insider. „Dazu ist es für viele Flugzeugfinanzierer und Fonds wohl eine Auszeichnung, mit Lufthansa ins Geschäft zu kommen, weil die Linie bisher ihre Maschinen lieber selbst finanzierte.“

2. Kartellbehörden: Konkurrenz willkommen

Der neue Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann wird nach seinem Amtsantritt am 1. Februar sicher seine Unabhängigkeit von Lufthansa betonen. „Das haben die Behörden trotz der offensichtlichen Anzeichen einer Kontrolle bisher auch bei Etihad immer geschluckt“, witzelt ein Lufthanseat. Trotzdem hat der Verbund Lufthansa und Air Berlin fast ein Monopol in Deutschland.

Das mag auf den ersten Blick anders scheinen, weil in vielen Airports wie Hamburg, Berlin-Schönefeld oder Köln eine „Air Eurowings“ nur noch eine knappe Mehrheit hätte. Doch unterm Strich sind Air Berlin und Eurowings laut einer Statistik des staatlichen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bereits ohne Lufthansa doppelt so groß wie der Rest der Billigflieger.

Und selbst das verkennt, worauf es im Fluggeschäft eines Exportlandes wie der Bundesrepublik ankommt: Es geht nicht um die reine Urlaubsfliegerei, auch wenn die inzwischen mehr als die Hälfte der Flüge ausmacht. Die Kombination mit Geschäftsreiseverkehr, Langstrecke mit Premiumkabinen an Bord und Vielfliegerprogrammen ist ausschlaggebend. Mit dem Bündel verdient jede Linie mindestens zwei Drittel ihres Gewinns. „Der Verbund mit den Kürzeln AB-LH wäre eine noch dominantere Macht als ein Zusammenschluss von Bayern München und Borussia Dortmund in der Fußball-Bundesliga“, urteilt ein Unternehmensberater.

Europas größte Billigflieger
Platz 10: Jet 2Jet 2 ging aus der 1978 gegründeten Channel Express hervor und nahm im Jahr 2013 ihren Flugbetrieb auf. Sie fliegt vor allem Urlaubsdestinationen am Mittelmeer sowie europäische Hauptstädte an. Der britische Billigflieger mit Sitz in Leeds startete im Juli 1846 Mal, verfügte über 345.414 Sitze und flog 516 Strecken.Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt; Ranking auf Grundlage der Starts im Juli 2017
Transavia Quelle: REUTERS
 Aer Lingus Quelle: AP
Wizz Air Quelle: AP
Norwegian Air Shuttle Quelle: REUTERS
Flybe Quelle: REUTERS
Eurowings/Germanwings Quelle: dpa

Mit Hilfe von Air Berlin dominiert die Lufthansa dann die größten Flughäfen: Zusätzlich zu Frankfurt und München auch Düsseldorf und Berlin Tegel. „Das wäre dann ein Rückfall in die Neunzigerjahre. Damals musste die Lufthansa mangels Wettbewerb keine Flüge unter 200 Euro anbieten“, fürchtet der Unternehmensberater. „Das können Kartellbehörden bei aller patriotischen Rücksicht auf die größte deutsche Fluglinie im Moment eigentlich nicht genehmigen.“

Es sei denn, es gibt zumindest in näherer Zeit ein Gegengewicht in Form ausländischer Wettbewerber. Das ist freilich derzeit nicht absehbar. So groß und bedrohlich die Angriffspläne von Ryanair und Co. auch wirken, im Verbund mit Air Berlin hätte die Lufthansa eine noch auf Jahre fast unangreifbare Stellung.

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