Lufthansa-Design Warum sich die Lufthansa vom "Spiegelei" verabschiedet

Lufthansa-Design Boeing 747-8 Quelle: dpa

Mit dem neuen Flugzeug-Design bricht Lufthansa-Chef Carsten Spohr optisch mit der Vergangenheit. Er will mit dem Luxusimage der Golflinien gleichziehen. Doch dazu müsste Lufthansa mehr als nur die Flugzeuge umgestalten.

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Wenn es je einen Zweifel gab, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr seine Fluglinie in eine neue Zeit führen will, hat er ihn jetzt zerstreut. Am Mittwochabend stellt der 51-Jährige im riesigen A380-Hangar am Frankfurter Flughafen die neue Bemalung für die 400 Maschinen seiner Hauptmarke Lufthansa vor.

Unter dramatischer Musik wird ein gewaltiger Jumbojet Boeing 747-8 mit der Kennung D-ABYA präsentiert - bevor dann Star-DJ Robin Schulz auflegt. Am Rumpf trägt die nach den beiden letzten Buchstaben der Kennung intern „Yankee Alpha“ genannte Maschine ein neues Kleid: Statt Weiß, Grau, Gelb sowie leicht rötlichem Blau gibt es nun am Heck einen tiefen blauen Streifen in sechs Farbschattierungen. Und – außer einem leicht zu übersehenden kleinen gelben Schild an der vorderen Flugzeugtür – bleibt der Rest weiß.

Dazu gibt es eine deutliche Änderung im Design: Vorbei ist die Zeit des als Spiegelei verspotteten doppelt umkringelten gelben Kreises mit Kranich am Heck. Stattdessen leichtet das Firmensymbol statt blau künftig nun so weiß wie der Rest des Jets. Das soll dem vor genau 100 Jahren vom Grafiker und Architekt Otto Firle als Leiter der „Propaganda und Presseabteilung“ (FAZ) entworfenen Logo einen dezenten Nobelappeal verleihen. Das Gelb verschwindet zwar von den Fliegern, nicht aber aus dem Markenauftritt: Vor allem in den Flughäfen und auf der Website bleibt es als Signalfarbe erhalten.

Eine Stewardess macht vor einer Boeing 747-800 mit dem neuen Logo der Lufthansa ein Selfie. Quelle: dpa

Verschwunden ist auch die graue Lackierung auf der Unterseite der LH-Jets. Die wirkte zwar immer etwas fad, doch sie begeisterte laut Insidern die mächtigen Controller des Konzerns. Denn sie kaschierte den vor allem bei Landungen gesammelten Schmutz und machte weniger Wäschen nötig.

Lufthansa-Marketing überdeckt wahre Absicht des neuen Designs

Wer die eigens zum Farbwechsel aufgebaute Ausstellung in der Lufthansa-Hauptverwaltung am Frankfurter Flughafen besucht, bekommt vor allem zwei wenig überraschende Botschaften. Die neuen Kleider der Jets sollen die Marke auffrischen und die knallige 70-Jahre-Optik durch mehr Zeitgeist ersetzen. Der konzerneigene Marketingsprech preist das neue Blau als „tiefer und reicher, der Kontrast zum strahlenden Weiß hochwertig, klar und souverän“. Und natürlich gibt es auch einen neuen Werbespruch mit hippem Hashtag #SayYesToTheWorld.

Diese Slogans zwischen etwas hohler Lyrik und Selbstverständlichkeit überdecken ein wenig die wahre Absicht der Neuerung. Denn die rund eine Viertelmillion Litern Farbe zum Umlackieren der rund 350 Jets sind das bislang sichtbarste Zeichen, wie gründlich Konzernchef Spohr mit der Vergangenheit des Traditionsunternehmens brechen will. Er will die klassische von Ingenieuren und Controllern geprägte Linie beim Auftritt in ihr Gegenteil verkehren: eine hippe Premium-Marke, die beim Service Maßstäbe setzt.

Das Zeichen war auch bitter nötig. Spohr hat in den knapp vier Jahren seit seiner Berufung zwar vieles geändert, obwohl ihn viele Beobachter nach seiner Kaminkarriere beim Kranich zunächst für deutlich konservativer hielten als seinen Vorgänger Christoph Franz. Doch das tat der Manager mit der Pilotenlizenz vor allem wenig sichtbar hinter den Kulissen.

Sicher, er hat endlich den auch von ihm lange behinderten Billigflieger Eurowings wachsen lassen. Dazu verpasste er dem ganzen Konzern einen gründlichen Digitalisierungs- und Innovationskurs. Der schubste den lange etwas trägen Riesen in Sachen Geschwindigkeit und Börsenwert ein wenig in Richtung Dotcom-Niveau.

Die Hintergründe des neuen Lufthansa-Designs

Doch auch wenn die Lufthansa im Dezember unter großem Brimborium die höchste Auszeichnung vom auf die Branche spezialisierten Qualitätsprüfer Skytrax bekam und für 2020 eine zeitgemäße Business Class ankündigte: Vom Spohr-Premium-Plan bemerkten die meisten Passagiere eher wenig. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Lufthansa einen Großteil ihrer Flüge an die Billigtochter Eurowings abgegeben hat und sich auf Flüge in ihre Drehkreuze Frankfurt und München beschränkte.

Da soll nun die luxuriöse neue Livree nun ein sichtbareres Zeichen setzen. Das dezente Blau mit einer soliden Prise Grau passt nicht nur gut zu den dunklen Anzügen, in denen sich Spohr offiziell gern zeigt. Es soll vor allem zwei strategische Dinge erfüllen.

Zum einen ist es eine Art nobler, aber nüchterner Gegenentwurf zu den wichtigsten Wettbewerbern der Lufthansa: den Fluglinien vom Golf. Die haben nicht zuletzt dank ihrer auf deutlich sichtbaren Luxus gebürsteten Bemalungen und Einrichtungen mit reichlich Goldtönen und Flächen im Wurzelholz-Design ein deutlich feineres Image. Auch die Linien aus Asien wie Singapore Airlines oder Thai Airways geizen nicht mit Farben und Serviceideen.

Dienstreisende mögen es edel und unauffällig

Doch gerade bei den für Lufthansa so wichtigen Geschäftskunden kommen die wilden Töne am Ende nicht ganz so gut an, zitieren Marketingmitarbeiter Kundenumfragen der Kranichlinie. Europäische Reisende mögen es zumindest auf Dienstreise zwar edel, aber etwas weniger auffällig als die heutige Bemalung – doch auch peppiger als die die öden Grautöne der heutigen Lufthansa-Kabine. Also beschränkte sich Lufthansa auf leichte Änderungen.

Gleichzeitig hat die weißblaue Schlichtheit auch intern eine Funktion: Sie soll die Hauptmarke deutlicher als bisher absetzen vom konzerneigenen Billigableger Eurowings. Der kommt zwar mit der Markenfarbe türkis-brombeer im Vergleich zum Signalorange einer Easyjet relativ dezent. Aber Eurowings ist eben aus Spohrs Sicht doch immer noch relativ nah dran an der heutigen Spiegelei-Lufthansa. Und spätestens seit der Kranich-Discounter auf der Langstrecke neben einer Premium-Economy auch eine Business-Class mit flachen Betten angekündigt hat, erkennen viele den Unterschied zwischen Mutter und Tochter – wenn überhaupt – nur noch am Preis.

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Ob Spohrs Sprung bei den Farben gelingt, bleibt abzuwarten. In der Branche bleib die Resonanz verhalten. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Änderungen für eine große Medien-Welle am Ende doch zu minimalistisch waren. Im eigenen Unternehmen reichen die Reaktionen von Unverständnis bis Freude. Vor allem gewerkschaftsnahe Aufsichtsratskreise monieren, dass sie die Lackierung zu sehr an das ebenfalls blau lackierte Heck der neuen Air-France-Billigtochter Joon erinnert. Was ein Insider nicht nur wegen des sichtbar anderen Blautons für kein Problem hält: „Es zeigt doch, dass wir am Ende recht zeitgemäß sind.“

So bleibt das größte Handicap der Umgestaltung, dass sie sich eben kühn gibt, aber am Ende auf halbem Weg stehen bleibt.

Weil auch in der neuen Lufthansa Sparsamkeit genauso wichtig ist wie bisher, wird es noch mindestens sieben Jahre dauern, bis alle Jets dann auch im neuen Design abheben. Und selbst wenn bis zum Jahresende rund 40 Maschinen – zehn weniger als bislang angekündigt – umgestaltet sind, bedeutet ein neuer Lack draußen noch nicht neues Design innen. Denn die pro Flug bis zu 50.000 Gegenstände mit Kranichsymbol an Bord – von der Serviette bis zum Champagner-Kühler in der First Class – wird die Lufthansa nicht ersetzen, sondern weiter nutzen bis sie aufgebraucht oder kaputt sind.

Dazu ist erst mal nicht geplant, die neue Edelfarbe und den weißen Kranich in alle Teile des Konzerns zu bringen. Bei der gerade eröffneten neuen Lounge am Mailänder Flughafen Malpensa dominieren nach wie vor Erdfarben und stahlblau.

So bleibt sich die Lufthansa am Ende im Wandel wieder mehr als treu. „Es versteht sich von selbst, dass wir unseren traditionellen Werten verpflichtet bleiben“, so Spohr. „Alles andere oder gar ein dramatischer Wandel wäre am Ende ja auch nicht wir“, so ein Lufthanseat.

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