Lufthansa kooperiert mit Etihad und Air Berlin Das steckt hinter dem Deal der Rivalen

Lufthansa, Air Berlin und Etihad machen mit ihrer groß angelegten Zusammenarbeit ernst. Die drei Gründe, die für den Pakt der Fluglinien sprechen – und warum er ihre Probleme trotzdem nicht löst.

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Das sind die Renditekönige der Lüfte
Air Berlin Quelle: dpa
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Ein bescheidenes Foto mit einem Küchlein und Kerze: Wenn ein Dax-Chef wie Lufthansa-Lenker Carsten Spohr 50 wird, hat er eigentlich etwas mehr verdient als den Geburtstags-Tweet seiner Pressestelle am Freitagmorgen.

Zwei von Spohrs derzeit größten Kontrahenten präsentierten da größere Geschenke. Zuerst informierte die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, dass sie nach der jüngsten Streikserie in Schlichtung gehen will. Dann folgte das Präsent von Etihad aus dem Emirat Abu Dhabi. Die Fluglinie, deren staatlich finanzierte Beihilfen für Air Berlin Spohr seit Jahren bekämpft, überlässt ihm für sechs Jahre 38 Flugzeuge von Air Berlin nebst Besatzung. Zusätzlich gibt es ein Abkommen über Gemeinschaftsflüge auf zunächst vier Routen.

Wie viele gute Geschenke ist das Abkommen zwischen Lufthansa und Etihad keine Überraschung, sondern erfüllt bei allen Partnern dringende Wünsche. Für Lufthansa lässt es die Billigtochter Eurowings wachsen. Die notorisch klamme Air Berlin bekommt Geld und Etihad-Chef James Hogan einen Prestige-Gewinn.

Allerdings: Selbst wenn die Kartellbehörden den Deal durchwinken, löst er bei keinem der drei Kooperationspartner die Probleme endgültig.

Ein Überblick über den Deal.

1. Grund für den Deal: Die Hilfe für Eurowings

Den größten Schub bekommt zunächst Eurowings. Diese Airline will Carsten Spohr zu Europas drittgrößtem Billigflieger erweitern. Nur so hat die Lufthansa im Mittelstreckenverkehr eine Chance, den Angriff der Billigflugriesen wie Ryanair, Easyjet oder Norwegian zu überstehen.

Da Spohr aber gut fünf Milliarden Euro fehlen, um die für den Ausbau nötigen bis zu 100 Jets zu kaufen, will er vor allem andere Airlines in den Unternehmensfarben Brombeere und Himmelblau anmalen. Sie sollen unter dem Code EW für die Billig-Tochter fliegen.

Allerdings drängt die Zeit. Obwohl Eurowings hinter ihrem Zeitplan herfliegt, musste sie Air Berlin jetzt übernehmen.

Grund ist auch die chronisch schlechte Situation von Air Berlin (siehe Punkt 2). Ginge die Konkurrenzlinie unter, würden sofort Ryanair, Easyjet oder Norwegian in die Lücke stoßen. Weil die mehr Geld auf der hohen Kante haben, könnten sie die heutigen Preise von Lufthansa und Eurowings nicht wie Air Berlin nur knapp unterbieten. Sie würden die Preise wohl so deutlich drücken, dass selbst Eurowings Verluste macht.

Das hat der Deal vom vergangenen Freitag vorerst verhindert. Und das offenbar zu besonders günstigen Bedingungen. Lufthansa zahlt laut Kennern der Materie Air Berlin pro Flugstunde weniger als 2000 Euro pro Blockstunde. So bezeichnet die Branche die Zeit zwischen dem Schließen der Flugzeugtür vor dem Start und dem Öffnen nach der Landung. „Ich habe keine Ahnung, wie Air Berlin mit ihren hohen Ausgaben für die geliehenen Jets und ihr Personal da auf ihre Kosten kommen will“, kommentiert ein Insider.

Dazu darf Lufthansa auf weniger Preisdruck hoffen, denn künftig fällt die Hauptstadtlinie vielerorts als lästiger Konkurrent aus. Das sichert der Lufthansa vor allem den lukrativen Verkehr mit Geschäftsreisenden morgens und abends, bei dem sie pro Passagier im Schnitt mindestens doppelt so viel pro Ticket bekommt wie von den Touristen am Mittag. Diesen Schub braucht Lufthansa offenbar besonders in München, wo der Air-France-Billigableger Transavia sogar innerdeutsche Strecken anbietet. Kein Zufall also, dass Lufthansa ebenfalls am Freitag ankündigte, in München mit Hilfe von vier Air-Berlin-Jets eine Eurowings-Basis aufzubauen. Ab Ende März soll Eurowings von dort aus mehr als 30 Ziele anfliegen und so den Markt besetzen.

Ansonsten ist noch offen, wann, wo und in welchem Umfang nun rot-weiße Air-Berlin-Jets als blau-brombeerfarbene Eurowings-Maschinen auftauchen. Klar ist: Mit dem Deal fährt Air Berlin die Präsenz auch in Düsseldorf, Hamburg, Köln, Hannover und Stuttgart drastisch herunter. Die Lücke kann Eurowings nach Belieben füllen und die bislang von Air Berlin betriebenen Routen entweder übernehmen oder andere Strecken aufmachen – und damit für andere Low-Cost-Airlines blockieren. „Gegen Eurowings und Lufthansa anzutreten ist auch für Ryanair riskanter als gegen Air Berlin“, hofft ein Lufthanseat.

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