Lufthansa kooperiert mit Etihad und Air Berlin Das steckt hinter dem Deal der Rivalen

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Stefan Pichler geht - Air Berlin bekommt einen neuen Chef

Gibt es nicht genug Routen oder kommt erst mal kein neuer Billigkonkurrent, kann Eurowings bis zu 20 ihrer teilweise recht betagten Airbus A320 loswerden und durch die jüngeren Jets der Berliner ersetzen.

2. Grund für den Deal: Mehr Luft für Air Berlin

Es sieht nicht gut aus. Gut eine Milliarde Verlust - sowohl im Geschäft als auch beim Eigenkapital - und bei jedem Kunden bis zu 30 Euro drauf zahlen: Rein nach den Gesetzen der Marktwirtschaft wäre Air Berlin schon längst verschwunden.

Was Air Berlin in der Flotte hat
Air Berlin rühmt sich, ein der jüngsten Flotten Europas zu haben. Durch den regelmäßigen Austausch bleibe man technisch stets auf dem neuesten Stand und könne so gewährleisten, dass die Flotte sparsam, sicher und umweltschonend bleibe – heißt es zumindest auf der Air-Berlin-Homepage. Doch das ist nur die eine Seite: Die Flugzeuge können so häufig ausgetauscht werden, weil Air Berlin die Flugzeuge gar nicht mehr besitzt: Im Juli wurde bekannt, dass die Airline das letzte eigene Flugzeug verkauft hat und nur noch mit geleasten Flugzeugen unterwegs ist. Was alles in Air-Berlin-Lackierung durch die Lüfte fliegt. Quelle: PR
Airbus A319Anzahl: 11Sitzplätze: 150Reichweite: 5.560 Kilometer Der kleinste Airbus in der Air-Berlin-Flotte ist die A319. Stand Ende Juni sind elf Exemplare im Dienst. Quelle: PR
Airbus A320Anzahl: 60Sitzplätze: 180Reichweite: 5.500 Kilometer Das Rückgrat der Air-Berlin-Flotte bildet die A320. Insgesamt 60 Flugzeuge dieses Typs sind in Europa auf der Kurz- und Mittelstrecke unterwegs. Quelle: PR
Airbus A321Anzahl: 23Sitzplätze: 210Reichweite: 5.700 Kilometer Von der gestreckten Version der A320, der A321, hat Air Berlin 23 Exemplare im Dienst. Quelle: PR
Airbus A330Anzahl: 14Sitzplätze: 290Reichweite: 12.300 Kilometer Die A330 hat mit über 12.000 Kilometern die größte Reichweite in der Air-Berlin-Flotte. Folglich kommen die 14 Exemplare vor allem bei den Transatlantikflügen zum Einsatz. Quelle: PR
Bombardier Q400Anzahl: 17Sitzplätze: 74/76Reichweite: 2.522 Kilometer Die Turboprop-Maschinen aus dem Hause Bombardier decken die Kurzstrecken- und Regionalflüge ab. Die Propeller-Maschine ermöglicht es Air Berlin, Frequenzen auf einigen Strecken zu geringeren Kosten zu erhöhen – entweder zwischen kleineren Städten oder als Zubringer zu den Drehkreuzen Berlin und Düsseldorf. Quelle: PR
Aussortiert: Boeing 737-700/-800Anzahl: 5/17Sitzplätze: 144/186Reichweite: 6.110/5.420 Kilometer Zu Hochzeiten hatte Air Berlin bis zu 45 Exemplare aus zwei Varianten der 737-Baureihe von Boeing in Betrieb. Um die Wartungs- und Ausbildungskosten zu senken, entschied die Airline allerdings 2014, die Boeing-Flieger zu verkaufen und künftig einheitlich auf Airbus zu setzen. Die Auslistung sollte Ende 2016 abgeschlossen sein. Quelle: PR

Kein Wunder, dass die Investmentbank HSBC ihr schon den für Untote reservierten Aktienkurs von einem Cent prognostizierte. Doch bislang gelang es Air-Berlin-Chef Stefan Pichler – beziehungsweise dem laut Insidern zum eigentlich verantwortlichen Etihad-Manager aufgestiegenen Ulf Hüttmeyer – noch immer Geld aufzutreiben. Besonders kreativ war der jüngste finanzielle Zaubertrick, bei dem Etihad Air Berlin 300 Millionen Euro zuschanzte durch den Kauf von Niki, obwohl sie die österreichische Linie über Air Berlin eigentlich schon besaß.

Pichlers Tage im Chefsessel von Air Berlin sind derweil gezählt. Am Sonntagnachmittag erfolgte die offizielle Bekanntgabe: Stefan Pichler habe sich entschlossen, das Unternehmen zu verlassen, nachdem er zwei Jahre lang an der strategischen Neuausrichtung gearbeitet habe, verkündete der Konzern. Im Klartext: Die Neuausrichtung ist endlich auf dem Weg, nun soll ein anderer ran. Pichlers Nachfolger, der im Februar 2017 übernehmen soll, kommt von der Lufthansa: Thomas Winkelmann hat mehr als neun Jahre die Billigtochter Germanwings geleitet. Zuletzt war er Chef des Lufthansa-Drehkreuzes München. Dieser Wechsel von der Kranichlinie zu Air Berlin könnte für eine reibungslosere Umsetzung des Mietgeschäfts und eine engere Zusammenarbeit sorgen.

Die Chronik von Air Berlin

Für den künftigen Air-Berlin-Chef bedeutet der Air-Berlin-Lufthansa-Pakt mehr Luft zum Atmen. Der Deal spült wieder eine größere Summe zu Air Berlin, auch wenn die Hauptstadtlinie beim Betrieb wohl draufzahlt. Weil die Raten bei ähnlichen Leasingabkommen häufig für mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre im Voraus bezahlt werden, kommt Geld an die Spree. Das schafft Zeit, bis hoffentlich die zuletzt noch von Pichler versprochene neue Strategie als Langstreckenlinie mit einem Drehkreuz in Düsseldorf und Berlin greift – oder der Konzern eine weitere Kurskorrektur vornehmen kann.

Nun spült der Deal mit Lufthansa wieder eine größere Summe zu Air Berlin, auch wenn die Hauptstadtlinie beim Betrieb wohl draufzahlt. Weil die Raten bei ähnlichen Leasingabkommen häufig für mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre im Voraus bezahlt werden, kommt Geld an die Spree. Das schafft Zeit, bis hoffentlich die von Pichler versprochene neue Strategie als Langstreckenlinie mit einem Drehkreuz in Düsseldorf und Berlin greift.

Das ist auch Spohr ganz recht. Eine gesunde Rest-Air-Berlin blockiert den Platz für Billigflieger, vor allem in Düsseldorf. Deutschlands drittgrößter Flughafen hat nicht zuletzt dank Air Berlin bisher kaum Platz für Billigflieger, weshalb sich selbst Easyjet frustriert zurückzog und Norwegian trotz großer Ankündigungen im kommenden Jahr erst mal bescheiden loslegt. Eine lebendige Air Berlin zementiert den Platzmangel und damit auch die – nach Frankfurt höchsten Preise im Land.

3. Grund für den Deal: Jobsicherung für den Etihad-Chef

Als Konzernchef im Kerngeschäft hat er seit Jahren bis zu einer Milliarde pro Jahr versenkt und bei acht Investments in andere Linien nochmal eine Handvoll Milliarden zugeschossen: Die Bilanz von Etihad-Chef James Hogan schaffen westliche Unternehmenslenker nur selten. In der Regel rufen Anteilseigner bereits nach zwei Jahren zehnstelligem Minus nach einem Nachfolger. Doch die Familie Al Nahyan, der als Herrscherdynastie Abu Dhabis auch die Airline des Emirats gehört, wartete bisher mit einem im arabischen Kulturkreis eher seltenen Langmut auf vorzeigbare Erfolge des 60-jährigen Australiers.

Schließlich muss ihre Fluglinie offenbar nicht unbedingt transparent nachvollziehbare Bilanzgewinne ausweisen. Es reicht wohl, das als Reiseziel eher begrenzt Emirat mit dem Rest der Welt zu verbinden, damit möglichst viele Geschäftsleute und Touristen kommen oder zumindest dort umsteigen.
Das ist gelungen. In Rekordzeit schaffte Etihad den Sprung unter die 20 größten Linien der Welt. Und zwar, so Hogans Begründung, ausschließlich dank der vielen Partner.
Die vielen Gelder für das Reich aus Air Berlin, Alitalia oder die indische Jet Airways, so erzählt James Hogan gern, haben Etihad weltweit schneller und nachhaltiger bekannt gemacht, als es Werbeausgaben in dieser Höhe getan hätten.

Das sind die sichersten Airlines der Welt
Lufthansa Quelle: dpa
Platz 11 - All Nippon Airways (Japan)All Nippon Airways ist die größte Fluggesellschaft Japans und Mitglied der Luftfahrtallianz Star Alliance. Die Flottenstärke beträgt aktuell 213 Flugzeuge. Quelle: dpa
Japan Airlines (JAL) Quelle: REUTERS
Platz 9 - Qantas Airways (Australien)Qantas Airways ist die nationale Fluggesellschaft Australiens und Mitglied der Luftfahrtallianz oneworld. Die Fluggesellschaft wurde 1920 gegründet und verfügt über 118 Flugzeuge. Quelle: REUTERS
Etihad Airways Quelle: AP
Emirates Quelle: REUTERS
Eva Air Quelle: REUTERS

Doch zuletzt sahen Beobachter das Ende der Geduld der Oberen nahen. Denn der Preiskrieg in Richtung Asien und die mit dem schwächeren Ölpreis nachlassende Konjunktur in der Region haben bei allen Airlines für sinkende Umsätze sorgt. Die Kritik wuchs.

Der Lufthansa-Deal gibt Hogan nun wieder Auftrieb. Er wird bei Air Berlin einen großen Teil der Verlustbringer los. Weitere Fehlbeträge kann er zudem dadurch recht-fertigen, dass er die deutsche Tochter nun endlich so umbauen kann, dass sie als Lieferant mit Premiumanspruch zu Etihad passt.

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