Lufthansa Franz präsentiert einen versteckten Kracher

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Miles & More als Gewinngarant


Das ist eine mittlere Überraschung. Zwar war von vorneherein klar, dass Spohr in den komplett von Franz (und natürlich dem Aufsichtsrat) berufenen Konzernvorstand mindestens einen seiner Vertrauten holen durfte. Doch es war nicht klar, welchen Posten dieser bekommt. Denn als heißer Kandidat für die Stelle „mächtiger Passagechef“ galt auch Harry Hohmeister.

Der ist nicht nur Chef der Swiss und oberster Aufseher aller anderen Linien im Konzern wie Austrian Airlines und der belgischen Brussels. Er ist auch ein sehr selbstbewusster Manager, der Zoff mit Chefs und Kollegen eher genießt als meidet. Hätte Mayrhuber Hohmeister als Passagechef platziert, hätte der sicher für mehr oder weniger kreative Unruhe gesorgt und Spohr mehr unter Druck gesetzt als Garnadt.

Letzterer ist zwar auch nur begrenzt obrigkeitshörig und sagt deutlich, was er denkt. Doch der 57-Jährige kennt Spohr aus vielen Jahren der Zusammenarbeit und hat– im Gegensatz zum jüngeren Hohmeister – keinerlei Ambitionen irgendwann doch noch mal Konzernchef zu werden. Darum ist die Entscheidung für Garnadt eine Entlastung für Spohr – und natürlich auch ein Zeichen, dass dem Aufsichtsrat etwas mehr klassische Lufthansa nach den vielen frischen Kräften von außen doch ganz recht ist.

In das ganze Bild passt denn auch, dass auf Garnadts Führungsposten im Frachtgeschäft Peter Gerber folgt. Der außerhalb des Konzerns eher unbekannte studierte Jurist gilt schon lange als heißer Kandidat für ganz hohe Aufgaben, nachdem er in den vergangenen Jahren neben klassischen Jobs wie Personalchef auch eine Reihe eher unangenehmer wie Sparprogramme und die extrem kitzligen Tarifverhandlungen mit den Piloten recht erfolgreich und vor allem fast geräuschlos erledigte. Insider trauen ihm zu, dass er in den Konzernvortand nachrückt, wenn Garnadt oder die – heute ebenfalls aufgewertete – Personalchefin Britta Volkens in absehbarer Zeit den Konzern verlassen.

Bonusprogramm wird selbständig

Dazu kam eine unauffällige aber umso größere Überraschung. Die Lufthansa verselbständigt ihr Bonusprogramm Miles & More. Das klingt erstmal langweiliger als die Personalien. Tatsächlich aber steckt dahinter eine clevere Taktik um den Lufthansa-Gewinn zu steigern. Denn längst sind die Meilenclubs von einem Kundenbindungsprogramm zu einem wichtigen, wenn nicht sogar der wichtigsten Gewinnquelle geworden, ohne die keine Airline schwarze Zahlen schreibt.

Denn statt Rabattmarken bietet das Programm hoch begehrte Meilen. Die kosten die Lufthansa in der Produktion lediglich den Bruchteil eines Cents pro Meile. Doch andere Unternehmen wie Hotels oder Zeitungsverlage zahlen dafür bis zu zwei Cent pro Meile, weil manche Kunden die Punkte innig lieben.

Zwar schweigt die Lufthansa, wieviel sie mit ihren Meilen verdient. Doch ihre Partnerlinie Air Canada kommt bei ihrem Aeroplan-Programm auf eine drogenhandelsverdächtige Umsatzrendite von gut 30 Prozent seit sie den Meilenclub für möglichst viele andere Partner geöffnet hat.

Darauf hofft wahrscheinlich auch die Lufthansa. Nun kann das Programm attraktiver werden für andere Kunden. Denn die gut 20 Millionen Wenigflieger unter den gut 25 Millionen Mitgliedern finden künftig wohl mehr Sammelmöglichkeiten als Flüge und Kreditkarten – und die Lufthansa mehr Abnehmer für ihre Meilen. Und wenn es mal ganz mies läuft, kann die Lufthansa Anteile an Investoren von außen verkaufen. Air Berlin hat dabei immerhin ein Mehrfaches vom Börsenwert der Airline eingenommen. Und das lag nicht nur daran, dass ihr Großaktionär Etihad einen kreativen Weg brauchte, Geld in seine angeschlagene Tochter in der deutschen Hauptstadt zu schicken.

Die Überraschungen dieser Woche werden jedoch nicht die letzten bei der Lufthansa im Verlauf dieses Jahr sein. Denn auch wenn Franz heute beschwören dürfte, wie weit die Sanierung doch bereits fortgeschritten sei: Tatsächlich hinterlässt er notgedrungen einen halbfertigen Konzernumbau, der ohne einige zusätzliche Einschnitte und weitere Anpassungen nicht zu beenden sein wird. Wenn er angesichts der ständigen Veränderungen der ganzen Flugbranche überhaupt jemals aufhört.

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