Lufthansa Riskanter Flug nach Skandinavien

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Norwegian-Käufer wird Marktführer am Billig-Himmel

Da ist zum einen Langstreckengeschäft. Hier erschloss die Linie mit nach dem Billigprinzip organisierten Verbindungen einen neuen Markt. Doch wegen technischer Probleme im Betrieb und verspäteter Auslieferungen der Maschinen hakte die Expansion. So konnten sich die etablierten Linien wie Lufthansa oder British Airways mit Sonderangeboten wehren und Norwegian musste die Maschinen mit Zubringern von anderen Billigfliegern füllen. Deshalb zahlt die Linie laut einer Übersicht des New Yorker Brokerhauses Bernstein pro Langstrecken-Passagier rund 80 Euro drauf.

Ebenso verblasst ist Norwegians zweites Plus. Mit der Bestellung von gut 400 Flugzeugen sicherte sich Konzern-Chef Björn Kjos einen steten Zufluss von Maschinen. Das war wichtig zu einer Zeit als Flugzeuge angesichts weltweit steigender Nachfrage knapp zu werden drohten und überzählige Jets leicht vermietet werden konnten. Doch ab dem nächsten Jahr fahren Airbus und Boeing ihre Produktion pro Jahr um gut 200 Maschinen hoch. Damit ist nicht mehr sicher, zu welchem Preis Norwegian überzählige Maschinen vermieten kann.

Und die Probleme der Norweger werden eher zunehmen. Der steigende Spritpreis dürfte die Weltkonjunktur und damit die Nachfrage nach Flügen etwas bremsen. Den damit verbundenen Rückgang der Einnahmen kann die bereits heute deutlich verschuldete Norwegian gerade angesichts der vielen teuren Jet-Bestellungen derzeit nicht brauchen.

Doch so mäßig die Aussichten auch sind: es macht durchaus Sinn, wenn Lufthansa-Chef Spohr sein Übernahmeteam in der Frankfurter Konzernzentrale statt auf Alitalia nun auf Norwegian ansetzt – und das liegt nicht nur daran, dass in absehbarer Zeit mit einem Verkauf von Alitalia nicht zu rechnen ist.

Der naheliegendste Grund ist, dass sich auch andere Linien wie IAG oder Ryanair dafür interessieren. „Allein, um die zu stören und für die den Preis hochzutreiben, sollten wir da mitmachen“, so ein Lufthanseat.

Wichtiger ist jedoch, dass Spohr der Kauf von Norwegian wie zuvor bei Air Berlin auf einen Schlag ein neues Feld erschließt. Wer Norwegian kauft, wird europäischen Marktführer im Billiggeschäft auf der Langstrecke. Die Skandinavier brächten Spohr ein komplettes startfertiges Paket: eine bekannte Marke, ein funktionierender Betrieb und passende Flugrechte aus Europa nach Asien oder in die USA. Damit kann Spohr endlich auch Eurowings-Interkontinental-Verbindungen außerhalb Deutschlands starten – und das schneller und günstiger als wenn Spohrs Billig-Chef Thorsten Dirks das in Eigenregie machen müsste.

Dazu könnte sich der Kauf schneller als bei Air Berlin durch Kostenvorteile bezahlt machen. Lufthansa würde dank ihrer Größe die Verträge mit Lieferanten wie Flugzeugherstellern oder Flughäfen nachverhandeln. Dazu verspricht der Verkauf der Flüge über die Lufthansa-Systeme und die Einbindung in das weltweite Allianzsystem deutlich höhere Ticketpreise. Bernstein-Analyst Daniel Roeska schätzt darum die Vorteile bei einer Übernahme durch IAG auf rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. „Und bei uns wäre es sicher nicht sehr viel weniger“, so ein Lufthanseat.

Doch trotz aller Vorteile, euphorisch ist Spohr bei dem Kauf nicht. Denn gerade das aktuelle Durcheinander bei Eurowings hat den Manager eines gelehrt, wenn es um Übernahmen geht. „Einfache Antworten gibt es da nicht“, so Spohr.

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