Lufthansa Kranich aus der Krise

Seite 2/4

Ölkrise und Golfkrieg

2.    Ölkrise und Abstürze

Anfang der Siebzigerjahre stockte der Lufthansa-Boom. Die großen US-Airlines beherrschten die Branche, auch weil sie dank des schwächeren Dollars ihre Tickets günstiger anbieten konnten. Darüber hinaus verdienten sie schon auf dem großen US-Markt viel Geld. Linien wie Pan Am oder TWA boten zudem nicht nur Flüge von und in ihr Heimatland an, sondern durften auch außerhalb der USA etwa zwischen Japan und Asien oder Europa und Indien fliegen.

Auslöser der Krise: Der steigende Ölpreis sorgte ab 1972 für höhere Kosten und die nachlassende Konjunktur drückte auf die Nachfrage. Dann erschütterte 1974 der Absturz eines Lufthansa-Jumbos in der kenianischen Metropole Nairobi durch einen Pilotenfehler das Vertrauen der Kunden.

Folgen: Die Lufthansazahlen wurden schlechter. Die langen Diskussionen um die Schuld an dem Unfall irritierten die Passagiere.

Reaktion: Die Lufthansa konzentrierte sich noch stärker auf die Sicherheit und trieb technische Änderungen voran, die einen solchen Unfall verhindern sollten. Während andere aufstrebende Fluglinien wie Singapore Airlines mit mehr Service punkten wollten, tat die Lufthansa - auch um Geld zu sparen - in Sachen Komfort an Bord und Boden immer nur das Nötigste.

Erfolg: Trotz späterer Katastrophen wie der Entführung einer Maschine durch Terroristen im Jahr 1977 und dem Absturz einer Frachtmaschine, wuchs die Lufthansa weiter.

3.    Golfkrieg 1991

Der Boom und die Globalisierung der Achtzigerjahre bescherten der Lufthansa einen beispiellosen Aufschwung, nicht zuletzt weil das Unternehmen als eine der erste Linien im großen Stil in China aktiv war und die strengen Regulierungen der Flugbranche den Wettbewerb beschränkten.

Auslöser der Krise: Der Golfkrieg im Jahr 1991 und die Angst vor dem Terrorismus, förderten die Sorge zu Reisen. Die Furcht vor Anschlägen in Deutschland war so groß, dass die Gasmasken knapp wurden. Dazu erlaubte die EU nun, dass Airlines ihre Flugstrecken selbst aussuchen durften. Zudem konnten die Fluggesellschaften ihre Preise immer öfter ohne Erlaubnis der Behörden in Start- und Zielland festlegen. In dem beginnenden Preiswettbewerb rächte es sich, dass die Lufthansa – eine Parallele zu heute – zuvor auf Sparmaßnahmen verzichtet hatte, um den Betriebsfrieden zu wahren.

Folgen: Die Lufthansa schrieb hohe Verluste. Der damals 50-jährige Ingenieur Jürgen Weber löste den Bürokraten Heinz Ruhnau an der Konzernspitze ab und stellte erschreckt fest: Der Verlust – abseits des damals wie heute hoch profitablen Wartungsgeschäfts – war deutlich höher als erwartet. Angesichts gut einer halben Milliarde Euro Minus bei rund sechs Milliarden Umsatz drohte der Airline das Geld auszugehen.  

Reaktion: Obwohl Weber vor allem mit Rückendeckung der Belegschaft Chef wurde, scheute er keine unpopulären Maßnahmen. Er setzte Gehaltskürzungen und Teilzeitarbeit durch - und überzeugte die Beschäftigten davon. Schwieriger war es offenbar, die in der Krise besonders kreditunwilligen Bankmanager zu überzeugen, die Lufthansa mit Überbrückungshilfen zu retten. „Die waren zwar fast alle statusbewusste Elitekunden, sahen aber lange kein Problem, wenn wir Pleite gingen“, erinnert sich einer, der damals dabei war. Weber übernahm Neuerungen wie ein Drehkreuz in Frankfurt statt des damals ungeordneten Netzes von Langstreckenflügen aus vielen deutschen Städten. Später baute Weber mit der Star Alliance das erste Allianzsystem auf und teilte den Konzern in kleinere selbstständige Einheiten.

Erfolg: Die Lufthansa überlebte und schaffte von 1993 bis 1998 beim Aktienkurs den Sprung von gut drei auf das Allzeithoch von fast 29 Euro. Doch die Reformen bescherten dem Unternehmen eine Erbsünde. Als Preis für geringfügig sinkende Gehälter gewährte Weber den Piloten eine in der Branche ungewöhnlich üppige Versorgung, wenn Piloten vor der gesetzlichen Rente in den Ruhestand mussten. Damit legte er den Grundstein für die Pilotenstreiks der vergangenen Monate. 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%