Lufthansa plant Ticketpakete Zehnerkarte für Vielflieger

Lufthansa: Zehnerkarte für Vielflieger geplant Quelle: imago images

Lufthansa arbeitet am Verkauf von Ticketpaketen. Die Tests liefen erfolgreich. Nun feilt die Linie an den Einzelheiten, um gewieften Kunden weniger Schlupflöcher zu lassen.

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Wenn Lufthansa-Chef Carsten Spohr neue Ideen für seine stellenweise etwas angestaubte Fluglinie sucht, setzte er in den vergangenen Jahren vor allem auf Digitalprojekte wie Chatbots zum Ticketverkauf oder die Nutzung von Datenanalysen für den Verkauf von Extras neben dem Flugschein bis zur Vorhersage, wie er bei seinen Jets die Wartungen plant, ohne dass die mit Pannen liegen bleiben.

Nun setzt der Konzernlenker mit dem Pilotenschein mal auf etwas ganz Altmodisches: die Zehnerkarte. Statt Kunden wie bislang jeden Flugschein einzeln zu verkaufen, arbeitet die nach Umsatz weltgrößte Fluglinie an Ticketpaketen für Vielflieger. „Das Angebot wird derzeit geprüft“, bestätigte die Lufthansa gegenüber der WirtschaftsWoche. Auch wenn das Unternehmen noch über den möglichen Einzelheiten brütet.

Herauskommen werden wahrscheinlich Bündel von jeweils zehn einzelnen Flügen zum Gesamtpreis von mehreren Hundert bis zu gut 1000 Euro, inklusive aller Steuern und Gebühren. Diese bezahlen die Kunden vorab und können sie dann innerhalb von einem Jahr nach Kauf abfliegen. Die günstigeren Ticketpakete haben sicher mehr Einschränkungen als die teureren mit vermutlich fast keinen Einschränkungen mehr. Bereits im Sommer 2019, so ist hinter den Kulissen zu hören, könnte das Angebot starten.

Für Spohrs Tatendrang sorgt das große Interesse der Kunden an dem Produkt. Denn auch wenn sich der Konzernlenker gern zur digitalen Kultur des „einfach mal loslegen“ bekennt und in Schwimmbädern oder Rummelplätzen Mehrfachkarten mit Rabatt seit Ewigkeiten bekannt sind: Die für ihre extreme Sicherheitskultur bekannte Linie hat das Modell nicht einfach übernommen, sondern ab Frühjahr 2017 erstmal gründlich erprobt. So haben die Billigtochter Eurowings und die eidgenössische Swiss das Ticketbündel unter dem Markennamen Flightpass mehr oder weniger versteckt getestet. Es gab bei beiden Linien einen City Pass (mal mit, mal ohne Bindestrich) mit zehn einfachen Flügen für 699 Euro beziehungsweise 999 Franken. Eurowings hatte noch einen Student-Pass mit Einschränkungen für 499 Euro sowie den Business-Pass für 1500 Euro im Basic-Tarif und 2500 Euro im Smart-Tarif. Swiss hatte zudem den Discover Europe Pass für 799 Franken. Beide Angebote sind derzeit ausverkauft. Weiter läuft dagegen bei Austrian Airlines das „Abo Ticket“ für bis zu 400 Flüge innerhalb von Österreich und mit bis zu 25 Prozent Ermäßigung.

Das Nachfrage der Kunden war von Anfang an groß. „Bereits die Ankündigung hat großes Interesse am Produkt ausgelöst – ein Indiz dafür, dass wir mit der Zehnerkarte fürs Fliegen einen Nerv der Reisenden treffen“, jubelte bereits beim Start Fabio Brait, Flugkapitän und Projektleiter beim Lufthansa Innovation Hub, der das Projekt in seinen Büros an Berlins Hackeschen Höfen ersann. Obwohl Eurowings die Pässe fast nicht bewarb und die Online-Verkaufsseite gut versteckte, waren mehrere hundert Bündel– genauer wird die Airline nicht – bereits nach sieben Wochen ausverkauft. Jetzt, nachdem im September die letzten Tickets der ersten Auflage abgeflogen sind, lautet die Bilanz: „Erste Zahlen zeigen, dass dieser Flightpass-Test sehr erfolgreich war“, meint ein Sprecher. „Die Verkaufszahlen haben die Erwartungen übertroffen.“

Den größten Erfolg hatte die Swiss an ihrem nach Zürich zweitwichtigsten Standort Genf, in dem Billigflieger wie Easyjet dem alpenländischen Ableger der Lufthansa besonders zusetzen. Hier konnte die Linie nicht nur an die Flugdiscounter verlorene Kundschaft zurückgewinnen. „Die Nutzer sind darüber hinaus auch häufiger geflogen als sonst“, so die Lufthansa. Aber auch bei Eurowings sorgten die Zehnerpakete für mehr Geschäft. „Drei Viertel der Nutzer flogen wegen des Angebots öfter mit uns“, so ein Eurowings-Sprecher. Und obwohl unter den Angeboten auf www.flightpass.de bereits ein Jahr lang ein „ausverkauft“ steht, klicken immer noch regelmäßig Kunden auf das Feld „Warteliste beitreten“.

Andere kalkulierten zu knapp

Nun feilt die Linie an den Details für eine nächste Runde. Das ist freilich nicht ganz einfach. Denn die Erfahrungen anderer Fluglinien mit ähnlichen Projekten sind gemischt.

Bei British Airways und Air Canada kamen die Angebote laut Presseberichten nicht gut an. Die Kunden dort wollten als Premiumpassagiere gelten und nicht als Schnäppchenjäger. „Diese Furcht haben laut unseren Befragungen heute aber nur noch sehr wenige Leute“, so ein Lufthanseat.

Besser lief es zwar auf den ersten Blick in den neunziger Jahren bei der LTU, die später in der inzwischen insolventen Air Berlin aufging. Deren Mehrfachkarten auf der Strecke nach Mallorca liefen gut. Doch dann sah sich die Linie die Zahlen mal genauer an und bemerkte: „Wir zahlten drauf“, erinnert sich ein Ex-LTUler. Denn das Angebot nutzten vor allem Urlauber, die mehr oder weniger auf die Ferieninsel pendelten. Die verglichen vor der Buchung, ob der aktuelle Preis oder das Mehrfach-Ticket billiger waren – und entschieden sich für jeweils billigere Variante. Damit entgingen der Linie pro Flug per Mehrfachkarte bis zu 50 Euro.

Darum erwarten Kenner des Marktes, dass die Lufthansa ihre Preise genau plant. So wird es wohl bei der günstigeren Version ihrer Zehnerkarte eine Vorausbuchungsfrist von drei bis vier Wochen geben – wogegen die teurere Variante auch ein paar Tage vorher nutzbar ist. Und auch für das „Best“ genannte Nobelabteil am vorderen Ende der Kabine wird es wohl nichts geben, weil die Kunden dort ohnehin gern kurzfristig buchen und hohe Preise zahlen. Nur eines ist jetzt schon klar: Eine Dauerkarte wird es nie geben.

Dafür sorgt die Erfahrung des US-Marktführers American Airlines (AA). Die war nach der Liberalisierung des US-Luftverkehrs so stark unter Druck von Billigfliegern wie Southwest Airlines, dass sie ihre klamme Kasse mit einem Pauschalangebot namens AAirpass füllen wollte: für eine Viertelmillion Dollar (knapp eine halbe Million Euro in heutigen Preisen) konnte jeder für den Rest seines Lebens unbegrenzt First Class fliegen. Und für weitere 150.000 Dollar sogar noch einen Begleiter mitnehmen.

Das nutzten rund 30 Kunden und machten am Ende bis zu 10.000 Flüge, gern auch mit Begleitung, die sie dafür zahlen ließen. Das kostete American am Ende an ausgefallenen Umsätzen sowie Steuern und Flughafengebühren mindestens gut eine Million Euro - pro Jahr und Kunde.

Also stoppte die Linie zuerst das Angebot und versuchte später das Angebot zu kündigen. „Die Idee war, dass einige Firmen das für ihre besten Mitarbeiter kaufen“, erinnerte sich der langjährige Konzernchef Bob Crandall später. „Doch wie immer waren die Kunden viel schlauer als wir und nutzten unseren Fehler.“

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