Lufthansa Technik Jemand muss die dummen Fragen stellen

Der Australier Andrew Muirhead hat die konservativste Sparte der Lufthansa zum innovativsten Teil des Konzerns gemacht. Das sind seine schrägen Ideen.

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Pain and gain bei Lufthansa. Quelle: Montage

Im Flur steht ein Bierfass mit Bierdeckeln, den Schreibtisch daneben ziert ein Gehirn in einem Glas. Im größten Sitzungssaal stehen Basteleien und ein unfertiger Babysitz. Stünde in dem Haus im südlichsten Zipfel des Hamburger Flughafens nicht gleich am Eingang ein A380-Modell, würde wohl kein Besucher glauben, dass hier die Lufthansa sitzt. Schon gar nicht würden Besucher hier die Wartungstochter Lufthansa Technik erwarten. Die ist mit ihrem Fokus auf Hightech und Sicherheit eigentlich der konservativste Teil des Konzerns.

Die schrägen Ideen sind kein Zeichen für Chaos, sondern für Kreativität. „In den vergangenen zehn Jahren hatten wir mehr Patente denn je“, sagt Andrew Muirhead, der seit 2002 die Innovationsabteilung der Lufthansa-Tochter leitet. Er hat dafür eine Arbeitsatmosphäre geschaffen, die unter anderem auf ein Vorschlagswesen per Bierdeckel und ungewöhnliche Sitzungsregeln setzt. Und Muirhead hat Erfolg damit.

Innovationsführer im Wartungsgeschäft

„In Sachen Innovation ist die Lufthansa Technik ein Vorbild der Branche“, sagt René Steinhaus, Branchenspezialist der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Lufthansa Technik baute das erste funktionierende WLAN für Jets, Halterungen für Tablet-Computer an Bord und Fernbedienungen, denen Schmutz, Schweiß und Handcreme nichts anhaben.

Wie es bei der Lufthansa besser werden soll

Damit ist die Abteilung nicht nur zum Innovationsführer im Wartungsgeschäft aufgestiegen. Sie ist das interne Vorbild für das Umbauprogramm von Konzernchef Carsten Spohr. Der will im Kampf gegen Billigflieger und Golfairlines vor allem auf Innovation setzen. Ein guter Grund, dabei auf die Muirhead-Methode zu setzen: So ausgeklügelt das System heute ist, es entstand ohne breit aufgelegtes Innovationsprogramm und dicken Etat. „Wir haben einfach ausprobiert. Was funktionierte, wurde weiter verbessert“, erinnert sich Muirhead.

Kampf dem Reform-Koma

Am Anfang waren der gebürtige Australier und seine Kollegen vor allem unzufrieden. Das Team des heute 52-Jährigen arbeitete 2001 an der Inneneinrichtung von Privatjets und testete die vielen eingebauten Geräte. Auch kurz vor der Abnahme durch die Kunden funktionierte selten alles fehlerfrei. Häufig mussten Muirhead und die Kollegen die Nacht im Flieger durchmachen und in letzter Minute Probleme lösen, die es gar nicht geben dürfte. „Da fragten wir uns: Wollen wir oder Generationen anderer Techniker das für den Rest des Lebens machen oder – bauen wir gleich Geräte, die funktionieren“, so Muirhead. „Immerhin hatten wir die Hersteller-Lizenz, da wäre es doch gelacht, wenn wir da nichts Besseres hinbekommen als andere.“

Das Team erstellte einen Businessplan. Obwohl das Geld knapp war, bekam die Gruppe 60.000 Euro und ein altes Gebäude mit einem Loch im Dach. Daraus formten Muirhead und seine Mitstreiter ihr Kreativzentrum nach ein paar einfachen Regeln.

Obwohl das Team von sechs auf rund 1200 Leute angewachsen ist, haben die Grundsätze bis heute Bestand - und Erfolg. Im Lufthansa-Konzern brauchen Erneuerungen gewöhnlich große Programme „und enden dann im Reformkoma“, ätzt ein Lufthanseat. Muirhead hingegen glaubt an die permanente Revolution. „Wichtig ist, nie stehen zu bleiben, sondern immer zu fragen: Was verbessern wir als Nächstes“, so der Innovator.

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