Lufthansa und der A320neo Wie ein Triebwerk die Lufthansa ins Chaos stürzt

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Triebwerk-Probleme bei der Lufthansa: Es könnte noch schlimmer kommen

Das Problem könnte sogar noch größer werden. Dafür sorgt, dass die Motoren der A320neos nicht nur anfälliger sind, sondern wegen stärkerer Vibrationen auch schneller verschleißen. Normalerweise nehmen Airlines die Antriebe eines Kurzstreckenjets nach sechs Jahren vom Flügel und montieren einen Ersatzmotor. „Die Neo-Antriebe müssen in der Regel nach sechs Monaten runter“, so der Insider.

Der Knackpunkt: Alle auf Vorrat gekauften Notfall-Antriebe der Linie sind seit Mitte August im Einsatz. „Wenn ich mich recht erinnere, ist das das erste Mal, dass wir einen Flugzeugtyp betreiben ohne einen Reservemotor zu haben“, sagt Lufthansa-Chef Spohr.

Daran wird sich erstmal wenig ändern. Es gibt bei anderen Anbietern praktisch keine Reservemotoren, die Lufthansa kaufen oder mieten könnte. Wegen der technischen Probleme stellte Pratt & Whitney im Frühjahr monatelang gar keine Antriebe her. Und was derzeit aus den Fabriken rollt, geht bevorzugt an Airbus. Wegen der Motoren-Probleme drängen sich auf den Werksflughäfen in Hamburg und Toulouse immer noch rund 70 ansonsten fertig montierte Maschinen. Einige von denen warten schon so lange auf den Antrieb, dass die Scheiben abgeklebt waren. Das sollte verhindern, dass im Rekordsommer die Dauer-Sonne nicht die Einrichtung ausbleichte.

Zwar bietet Airbus als Alternative zu den Pratt-Antrieben eine Turbine des US-Technikgiganten General Electric an. Doch der GE-Motor ist nur mit großen Umbauten an einem Pratt-Jet anzubringen – und hat überdies eigene technische Probleme.
Der Neo-Mangel trifft die Lufthansa hart. „Wir werden deshalb mindestens ein Prozent weniger wachsen als geplant“, so Lufthansa-Finanzvorstand Ulrik Svensson. Trifft diese Befürchtung zu, wären es angesichts der gut 1,1 Millionen Flüge des Konzerns im vorigen Jahr rechnerisch mehr als 11.000 Verbindungen und 150 Millionen Euro Umsatz weniger als vorgesehen.

Das geringste Problem daran ist für Lufthansa noch das Geld. „Es wird eine Kompensation von Airbus geben“, sagte Svensson, auch wenn die Höhe erst feststehe, wenn die Probleme mal gelöst sind. Dazu hat Lufthansa zur Überbrückung jüngst bereits knapp eine Handvoll älterer A320 gekauft. Zu günstigen Konditionen, sagen Insider.

Mehr schmerzt Spohr, dass die zusätzlichen Flugabsagen den Ruf der Lufthansa weiter beschädigen.

Es ist nicht absehbar, wie lange das Problem anhält. „Nach unseren Gesprächen mit dem Hersteller erwarten wir keine rasche Abhilfe“, so Spohr auf einer internen Versammlung. „Bis mindestens zum November werden wir da wohl noch auf uns allein gestellt sein.“

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