
Lufthansa-Chef Carsten Spohr kann einem fast leidtun. In den vergangenen Wochen startete er eine ganze Serie sinnvoller Änderungen: Er ließ seine Billigtochter Eurowings Teile von Air Berlin und Brussels übernehmen, stellte Dutzende neuer Routen vor und initiierte eine aufwändige Schau rund um die Digitalisierung der Fluglinie. Trotzdem fiel die Aktie von Ende November bis Mitte Januar um rund 15 Prozent.
Als der Kurs am Dienstagmorgen plötzlich um bis zu 8 Prozent nach oben schoss, bedeutete es bloß neuen Ärger. Ein eigentlich überholtes Gerücht war der Auslöser: Etihad aus Abu Dhabi wolle über eine Kapitalerhöhung 30 Prozent bis 40 Prozent der Lufthansa-Anteile kaufen, schrieb "Il Messaggero".
Das Gerücht kursierte bereits seit Dezember und nun nahm es die italienische Zeitung ohne Angabe von Quellen auf. Prompt lobten es Analysten - wie der sonst sachverständige Andrew Lobbenberg von der Investmentbank HSBC - die "industrielle Logik". Lobbenberg forderte gar, "Lufthansa sollte reden".
Skytrax-Ranking: Die besten Airlines der Welt
Hainan Airlines
Vorjahr: Rang 12
Etihad Airways
Vorjahr: Rang 6
Lufthansa
Vorjahr: Rang 10
EVA Air
Vorjahr: Rang 8
Cathay Pacific
Vorjahr: Rang 4
Emirates
Vorjahr: Rang 1
ANA All Nippon Airways
Vorjahr: Rang 5
Singapore Airlines
Vorjahr: Rang 3
Qatar Airways
Vorjahr: Rang 2
Das sollte Lufthansa nicht. Ein solcher Deal mit Etihad wäre nicht weniger als kompletter Unsinn. "Finanzbeteiligungen zwischen den Fluglinien sind derzeit ausgeschlossen", sagte denn auch eine mit den Lufthansa-Planungen vertraute Person am späten Nachmittag der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Grund ist nicht allein, dass am Ende noch jede Linie, an der sich Etihad beteiligt hat, über kurz oder lang an den Rand der Insolvenz rutschte. Es gibt andere Punkte, die dagegen sprechen:
1. Der Einstieg würde für gewaltige rechtliche Probleme sorgen
Natürlich kann die Lufthansa wie jede europäische Fluglinie abseits des Billigsektors eine Kapitalerhöhung mit bis zu zwei Milliarden Euro Volumen gut brauchen. Immerhin braucht Carsten Spohr, der gerade auch den Job als Finanzchef mitmacht, jede Menge Geld für neue Flugzeuge und deren Ausstattung. Doch angesichts der niedrigen Zinsen für Anleihen ist eine Kapitalerhöhung der Weg, der den meisten Ärger verspricht.
Immer wieder Streiks bei Lufthansa und ihren Töchtern
Flugkapitäne der Lufthansa legen mehrmals die Arbeit nieder. Von dem Premieren-Streik sind mehrere tausend Verbindungen betroffen. Am Ende erstreitet die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) ihren ersten Tarifvertrag.
Das Boden- und Kabinenpersonal der Lufthansa streikt fünf Tage lang. Mehrere hundert Flüge fallen aus. Die Gewerkschaft Verdi und das Unternehmen einigen sich am Ende auf höhere Gehälter.
Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo verursacht den bis dahin größten Ausfall an einem einzigen Streiktag in der Geschichte der Lufthansa. Rund 1000 Flüge werden gestrichen, es trifft über 100.000 Passagiere. Beide Seiten beschließen eine Schlichtung.
Ein Warnstreik des Bodenpersonals legt den Flugverkehr der Lufthansa in Deutschland fast lahm. Der Airline zufolge sind rund 150.000 Passagiere betroffen. Im Mai verabreden Verdi und der Konzern anschließend gestufte Entgelterhöhungen und einen Kündigungsschutz.
Start einer Streikserie von mittlerweile 13 Runden der Lufthansa-Piloten. Anfangs fallen rund 3800 Flüge aus. Es geht um Übergangsrenten, Gehalt, Altersvorsorge und im Hintergrund auch immer um die Billigtochter Eurowings.
Die Piloten erklären die im Mai begonnene Schlichtung für gescheitert. Drei Wochen später bieten sie Lufthansa Einsparungen von über 400 Millionen Euro an, um Job-Verlagerungen zu verhindern.
Vorerst letzte Etappe des Pilotenstreiks: 16 Stunden Ausstand auf der Langstrecke sowie am folgenden Tag auch auf den Kurz- und Mittelstrecken. Das Landesarbeitsgericht Hessen erklärt den Ausstand für unrechtmäßig, weil tariffremde Ziele verfolgt würden. Seit April 2014 sind wegen der Pilotenstreiks mehr als 8500 Flüge ausgefallen, wovon rund eine Million Passagiere betroffen waren.
Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo startet einen einwöchigen Ausstand des Lufthansa-Kabinenpersonals. Der Konflikt wird schließlich vom SPD-Politiker Matthias Platzeck geschlichtet.
Ufo ruft bei Eurowings und Germanwings das Kabinenpersonal zu einem 24-stündigen Streik auf. Der Konflikt dauert an.
Nachdem Verhandlungen über die Vergütung von rund 5400 Piloten der Kerngesellschaft Lufthansa und der Tochter Germanwings gescheitert sind, ruft die VC erneut zum Streik auf. Die Gewerkschaft fordert - über fünf Jahre - ein Plus von 22 Prozent.
Denn würde Etihad wirklich 30 Prozent und mehr der Anteile halten wollen, müsste das Unternehmen nach geltendem Recht den restlichen Aktionären ein Abfindungsangebot machen und in etwa die gleichen Bedingungen bieten.
Dabei bestünde das Risiko, dass viele die Offerte annähmen und Etihad am Ende die Mehrheit der Anteile hätte. Damit würde Lufthansa sofort die Flugrechte in alle Staaten mit Ausnahme der Vereinigten Arabischen Emirate verlieren. Lufthansa wäre dann ein arabisches Unternehmen. Und laut dem internationalen Luftfahrtrecht dürfen zwischen zwei Staaten mit wenigen Ausnahmen nur Linien aus dem Start- oder dem Zielland fliegen.
Aus diesem Grund blieb Etihad bei seinem Air-Berlin-Einstieg wohl auch sichtbar unter der 30-Prozent-Marke
2. Ein Deal lenkt die Lufthansa-Führung von wichtigeren Aufgaben ab
Eine solch große Partnerschaft bedeutet eine Menge Arbeit. Neben den rechtlichen Problemen müssten Lufthansa und Etihad ihre Zusammenarbeit gründlich neu regeln. „Bisher galt Etihad als Erzfeind, weil sie uns mit hohen Subventionen die Passagiere abjagten“, so ein Lufthanseat. „Dazu gelten Verhandlungen mit arabischen Investoren als schwierig, weil viele Dinge mit der Staatsführung abgestimmt werden müssen und es für jede Belastung noch einen vorzeigbaren Vorteil geben muss.“ Dazu könnten mehr Flüge an den Golf zählen, auch wenn solche Verlustrouten nicht zur effizienzgetriebenen Lufthansa passen.