




Die nächste Stufe ist erreicht. In ihrem Machtkampf mit der Lufthansa streiken die Piloten nun auf der Langstrecke. 57 Überseeflüge ab Frankfurt sind am Dienstag betroffen, 25 davon wurden ganz gestrichen. Alles nicht so tragisch wie bei den Streiks im Frühjahr - aber doch zunehmend belastend für Passagiere und vor allem die Fluggesellschaft.
Mit der bislang fünften Streikwelle in kurzer Zeit kämpfen die Piloten gegen die Entscheidung der Lufthansa, das Mindestalter für den Zugang zur betrieblichen Frührente für die Piloten von 55 auf 60 Jahre anheben. So soll das durchschnittliche Austrittsalter erhöht werden. Die Lufthansa rechnet mit Einsparungen in Millionenhöhe pro Jahr. Grund genug also für den Konzern, sich auf einen harten Kampf mit den Piloten einzulassen.
Wenig Verständnis für Pilotenstreik
Auf viel Unterstützung brauchen die Piloten allerdings nicht hoffen. Das Verständnis in der Bevölkerung für die Nöte war von Beginn an gering und sinkt weiter. Betroffene Passagiere reagieren häufig mit Wut, andere mit beißendem Spott. Selbst im Konzern regt sich Widerstand. In einem offenen Brief an die 5400 Piloten versuchen mehr als 1000 Führungskräfte, ihre Kollegen zur Besinnung zu bringen. "Bitte kehren Sie in die Cockpits und an den Verhandlungstisch zurück", heißt es darin.
Dabei gibt es aus Sicht der Piloten gute Gründe, auf die Barrikaden zu gehen. Die Frührente als Überbrückung ist üppig, beträgt immerhin 60 Prozent des letzten Bruttogehalts - und das sind in der Spitze immerhin 255.000 Euro pro Jahr. Das ermöglicht einen angenehmen Frühausstieg aus der Arbeitswelt, wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt.
Für den kann es sehr gute Gründe geben: Piloten stehen unter hohem Belastungsdruck. Sicher, moderne Technik macht den Job auf den ersten Blick sehr viel einfacher. Autopiloten, Kontrollsysteme – all das erleichtert die eigentliche Arbeit, den Passagiere heil von A nach B zu bringen.
Gleichzeitig wird die Technik jedoch auch komplexer, im Ernstfall schwerer zu beherrschen. Zudem nimmt der Luftverkehr zu. Landeanflüge und Starts, die aus Sicherheitsgründen kein Computer komplett übernehmen kann, sind eng getaktet. Kleinste Fehler können zu Katastrophen führen.
Stressiger Piloten-Alltag
Stress bereitet aber nicht allein die Arbeit im Cockpit. Das Drumherum ist ohne Frage anstrengender geworden. Die Lufthansa will effizient arbeiten. Um die Flugzeuge und ihre Besatzung ohne große Leerzeiten zu beschäftigen, fliegen Piloten nicht immer nur dieselbe Route. Sie werden kreuz und quer über den Erdball geschickt. Von Deutschland fliegt ein Pilot nach Amerika und zurück, kann einen Tag Pause machen und startet dann häufig in Richtung Asien.
Lange Flüge, mehrfacher Wechsel der Zeitzone, wenig Erholung. „Das ist, als wenn man zwei Mal die Woche eine Nacht durchmacht, und dann einen Tag schlecht schläft“, sagt ein Pilot. „Das geht an die Substanz.“