Ellen S. hat sich dagegen für eine Residenz im abgelegenen Dortmunder Stadtteil Kirchhörde entschieden. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Augustinum anreist, muss noch einen knappen Kilometer Waldweg zurücklegen bis hinter einem idyllischen See auf einer Lichtung ein großes Gebäude erscheint. Mit seinen bunt bepflanzten Balkonen erinnert das Haus eher an einen lebendigen Wohnblock als an eine Seniorenresidenz.
Die Augustinum-Gruppe betreibt 23 Residenzen in Deutschland. Mag das Äußere des Dortmunder Hauses auch bescheidener anmuten als das Tertianum in der Berliner City West, der Anspruch ist ähnlich: erstklassiger Service, gehobene Gastronomie und geschmackvolles Kulturprogramm – gepaart mit Pflegeleistungen.
Die Lasten der alternden Gesellschaft
20 Prozent aller Deutschen sind älter als 65 Jahre - Im Jahr 2060 werden es 34 Prozent sein.
27.600 Euro betragen derzeit die Staatsschulden pro Kopf - die größte Hypothek für die Jungen.
51 Prozent beträgt das Nettorentenniveau heute. Wer 2030 in Rente geht, erhält 43 Prozent.
Rund zwei Erwerbstätige kommen heute auf einen Rentner. 2060 stehen ihnen zwei Rentner gegenüber.
83 Jahre ist die Lebenserwartung eines heute geborenen Mädchens. Bis 2060 steigt sie auf rund 90 Jahre.
14,2 Prozent der Senioren gelten statistisch als armutsgefährdet. Bei Alleinerziehenden und ihren Kindern sind es 37,1 Prozent.
61 Prozent aller Deutschen sind im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 65. Bis 2060 werden es nur noch 50 Prozent sein.
Bevor Ellen S. nach Dortmund zog, bewohnte sie allein ein großes Haus mit eigenem Schwimmbad im südlichen Ruhrgebiet. Im Augustinum zahlt sie nun rund 2500 Euro für 48 Quadratmeter Wohnfläche mit Balkon. „Der Einzug war für mich ein bewusster Neuanfang“, sagt die Pensionärin. Es habe ihr deshalb wenig Schwierigkeiten bereitet, sich von einem Großteil ihrer Einrichtung zu trennen. Wichtig sei vor allem gewesen: „Wie gut gefällt mir das Haus? Fühle ich mich wohl?“ Und: „Kann ich meine Bücher mitnehmen?“ Derzeit liest sie ein Buch des österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper. Ellen S. schätzt das Kulturprogramm im Augustinum: „Das zieht auch Publikum aus der Umgebung an.“
Als ehemalige Ärztin hat die Seniorin einen fachkundigen Blick auf die Pflege. Wenn sie Hilfe benötigt, fühle sie sich in guten Händen, sagt sie. „Ein typisches Altenheim wäre für mich nicht in Frage gekommen.“ Oft würden die Menschen dort lediglich verwahrt, so ihr Eindruck. Die Kompetenz und der Wille zur guten Pflege seien ihrer Ansicht nach zwar vorhanden, sagt die Medizinerin. „Aber es gibt oft viel zu wenig Personal.“
Ein selbstbestimmtes Leben ist ihr sehr wichtig – so scheint es den meisten Bewohner der Premium-Residenzen zu gehen. Auch der ehemalige Kaufhaus-Manager, der heute mit seiner Frau in der Kölner Domresidenz lebt, betont: „Mir schreibt hier niemand etwas vor.“
Die liberale Herangehensweise gehöre zum Konzept, erklärt Thomas Neureuter von „Premium-Wohnen im Alter“: „Die Bewohner sollen sich als Gäste fühlen.“ Nicht als Pflegepatienten. Deshalb sei es bei den Residenzen im Premium-Segment auch üblich, dass erfahrene Hoteliers die Geschäfte leiten. „Das Logistikmanagement ist bei Sterne-Hotels und Premium-Residenzen ganz ähnlich. Die Pflegekompetenz bringen dann Fachkräfte ein.“
Auch Peter Neuß von der Domresidenz kommt ursprünglich aus der Fünf-Sterne-Hotellerie. „Der größte Unterschied ist, das Hotelgeschäft ist ein Momentgeschäft“, sagt er. Als Residenzdirektor begleite er Menschen heute nicht mehr nur tage- oder wochenweise, „sondern für den Rest ihres Lebens“.