Marketing Deo Nummer 79 - Die Geschichte eines neuen Sprays

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Aufmerksamkeit fürs neue Deo

Noch vor wenigen Jahren war der Mann als Zielgruppe für Hygieneartikelhersteller recht uninteressant - Diese Zeiten haben sich inzwischen geändert. Quelle: dpa

In Deutschland wird das Sensitive Protect in den dm-Filialen 1,75 Euro kosten. Beiersdorf gibt keine Gewinnzahlen für einzelne Produkte bekannt, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des Unternehmens aber schätzt, der Konzern erwirtschafte mit jedem verkauften Deodorant etwa 20 Cent Gewinn, im Durchschnitt, weltweit. 18 Millionen Stück, das würde bedeuten: rund vier Millionen Euro Gewinn.

"Also, es geht darum, möglichst große Aufmerksamkeit für das neue Deo zu erzeugen", sagt einer der Werbeleute im Konferenzraum Amazonas. Gleich danach ist am Tisch von viralem Marketing und gekaperten Internetseiten die Rede, von kreativen Routen und wichtigen Consumer Insights.

Um zu begreifen, was sich hinter diesen Wörtern verbirgt, ist es nötig, den Konferenzraum für einen Moment zu verlassen und sich bewusst zu machen, was es ist, das da jeden Tag in großer Stückzahl auf dem weitläufigen Firmengelände von Beiersdorf hergestellt wird. Es sind zwei Arten von Produkten: Es ist allerlei, womit sich der Mensch reinigen, beduften oder eincremen kann. Und es ist etwas, das nicht in Labors entsteht, sondern in Computern und Köpfen. Um Zahlen geht es, um Daten und Messgrößen, tausendfach ermittelt durch Interviews in Privatwohnungen und Einkaufsstraßen, durch Videoaufnahmen in Geschäften und Badezimmern, durch Aufzeichnungen von Supermarkt- und Drogeriekassen. Auch hier entsteht am Ende ein Produkt, aber eines, das sich nicht anfassen lässt: Es ist das Psychogramm desjenigen, der all die Dosen, Flaschen und Tuben kaufen soll, des Verbrauchers.

Im Falle des neuen Nivea-for-Men-Deodorants ist das: der Mann.

Er hat sich verändert in den vergangenen Jahren, das hat die Marktforschung herausgefunden. Der traditionelle Mann ging arbeiten, nicht einkaufen. Betrat er doch einmal ein Geschäft, dann als Begleiter seiner Frau. Die traditionelle Frau verdiente kein eigenes Geld, aber sie entschied, welche Margarine und welche Zahnpasta gekauft wurde. Sie legte ihrem Mann am Abend die Wäsche raus.

Promis, denen die Deutschen vertrauen
Was bringt Werbung mit Prominenten? Ob der Verkauf eines Produktes durch das richtige Marketing zulegt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mit einer Umfrage unter 4.000 Deutschen hat der Dienstleister Celebritiy Performance (CPI) die Werbewirksamkeit von 100 Promis im deutschsprachigen Raum untersucht. Dabei spielen die Image-Stärke und die Bekanntheit die entscheidende Rolle. Außerdem eignet sich nicht jeder Promi für jedes Produkt. Die Stars mit dem höchsten Werbepotenzial… Quelle: dapd
Platz 100: SidoSchlusslicht der Rangliste ist der Rapper Sido. Er ist einer von nur sieben deutschen Musikern, denen die Ehre zuteil wurde, eine „Unplugged“-Konzert für den Musiksender MTV aufzunehmen – und erst der zweite Hip-Hop-Künstler Deutschlands nach den Fantastischen Vier, dem dies gelang. Sein CPI-Index erreicht trotzdem leider nur 32,4 Punkte. Quelle: dpa
Platz 50: Veronica FerresDie große Zeit der einst so beliebten Schauspielerin Veronica Ferres scheint vorbei zu sein. Sie erreicht mit einem Index-Wert von 49,9 Punkten nur Platz 50. Ob die Lebensgemeinschaft mit dem öffentlich massiv kritisierten Multimillionär Carsten Maschmeyer – dem Gründer des Finanzdienstleisters AWD – eine bessere Platzierung verhindert, bleibt in der Untersuchung offen. Quelle: dpa
Platz 10: Herbert GrönemeyerDie Top Ten des Rankings sind bei den Deutschen nahezu über jeden Zweifel erhaben. Herbert Grönemeyer erfreut sich großer Bekannt- und Beliebtheit, seine Konzerte füllen seit Jahren ganze Stadien. Sein Index erreicht 61,6 Punkte. Bleibt die Frage, für was er optimal werben könnte. Quelle: dpa
Platz 9: Hape KerkelingUmfragen zufolge hätten viele Deutsche den Entertainer Hape Kerkeling gern als Moderator von „Wetten, dass…?“ gesehen, aber er wollte nicht. Hape Kerkeling ist gleichermaßen bekannt wie beliebt und erreicht einen Wert von 61,7. Humor ist halt auch gut für Werbung. Quelle: AP
Platz 8: Michael „Bully“ HerbigNoch ein Prominenter, der Deutschland gern zum Lachen bringt. Michael Herbig (unter anderem „Der Schuh des Manitu“) erreicht einen CPI-Index-Wert von 62,6 Punkten Quelle: dpa
Platz 7: Peter MaffayDer zweite deutschsprachige Musiker unter den Top Ten ist Bühnen-Dino Peter Maffay, der zudem durch seine Tabaluga-Projekte auch bei Kindern sehr erfolgreich ist. Ein Wert von 63,1 Punkten hievt ihn auf Platz 7. Quelle: dpa

Die Frauen haben jetzt eigenes Geld, die Männer eigene Augencremes

Der traditionelle Mann benutzte kein Deodorant. Er benutzte Seife. Die Seife kaufte seine Frau. Ein Unternehmen, das in der traditionellen Welt Erfolg haben wollte, musste die Frauen ansprechen. Der Mann war ökonomisch bedeutsam als Arbeiter, als Chef. Als Kunde war er ziemlich unwichtig, wenn es nicht gerade um Autos oder Rasenmäher ging.

Auch heute gibt es traditionelle Männer und Frauen, aber es sind wenige. Sie stammen aus einer Zeit, als Nivea vor allem eine Hautcreme war.

Die Nivea-Creme gibt es immer noch, aber es gibt jetzt auch Nivea-Reinigungstücher, Nivea-Haarshampoo, Nivea-Duschgel, Nivea-Gesichtswasser. Nivea ist heute die größte Körperpflegemarke der Welt, mit 60 Produkten, die speziell für Männer gedacht sind.

Es hat sich viel verändert in Deutschland. Die Frauen haben eigenes Geld, die Männer eigene Augencremes.

Dem traditionellen Mann war sein Aussehen egal. Mehr als achtzig Prozent der heutigen Männer aber sagen, ihre äußere Erscheinung sei ihnen wichtig. Sie wollen attraktiv wirken. Sie haben Angst, schlecht zu riechen. Sie rasieren sich die Achselhaare, so wie der Mann im Beiersdorf-Badezimmer, sie fahren sich zehnmal mit dem Deoroller über die Haut.

Im Konferenzraum Amazonas nennen sie eine solche Beobachtung einen Consumer Insight, einen Einblick in die Seele des Verbrauchers.

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