Marketing Deo Nummer 79 - Die Geschichte eines neuen Sprays

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Die bekannten Marketingtricks

Früh übt sich - Ein Junge testet verschiedene Parfums in einer Drogerie. Quelle: dpa

Es gibt auch etwas, das den Mann von heute mit dem Mann von früher verbindet: Männer mögen Technisches, noch immer. Sie mögen Zahlen. Die PS-Zahl des Autos, die Watt-Zahl des Lautsprechers, die Pixel-Zahl der Digitalkamera.

Deshalb steht jetzt, an diesem Nachmittag im Konferenzraum, eine große Zahl auf dem Deospray, das da von der Wand herunterleuchtet. Es ist die 48. Sie ist doppelt eingekreist. Jeder Mann, der das Deo sieht, soll die Zahl sehen.

"48", das bedeutet, dass dieses Deo 48 Stunden lang wirkt. Zwei Tage Schutz vor Körpergeruch, das ist das Versprechen des Sensitive Protect an die Männer.

Beiersdorf könnte diese Zusage einfach so abgeben, ohne sie zu halten. Fast jeder, der ein Deo kauft, benutzt es ein- oder zweimal am Tag, auch das haben die Verbraucherforscher herausgefunden. Da merkt keiner, ob die Wirkung tatsächlich 48 Stunden lang anhält.

Es ist ein alter Marketingtrick. Man stellt eine Behauptung auf, die den Leuten gefällt, und hofft, dass niemand sie nachprüft. Der Kosmetikkonzern Estée Lauder zum Beispiel bezeichnete vor Jahren eine Hautcreme als "Lifting Creme", obwohl sich Falten damit eher befeuchten als dauerhaft beseitigen ließen.

Schnüffeln gegen die Klage

Oft kommen die Unternehmen mit dieser Methode durch. Estée Lauder hatte Pech und wurde verklagt. Beiersdorf will das vermeiden, deshalb sitzt Mitte September, zwei Wochen vor dem Treffen im Konferenzraum Amazonas, eine Frau an einem Metalltisch im Testcenter des Konzerns. Auf dem Tisch stehen achtzig braune Gläser mit Schraubverschluss, auf jedem Glas klebt eine Nummer.

Die Frau arbeitet im Labor, in der Entwicklungsabteilung von Labello, einem Lippenpflegestift, den Beiersdorf in elf verschiedenen Varianten anbietet. Aber die Frau hat auch eine feine Nase. Deshalb hat sie einen zweiten Job: Schnüfflerin.

Sie nimmt ein Glas, öffnet es, schnuppert, tippt die Zahl "4" in einen Computer und nimmt das nächste Glas. "4" bedeutet: starker Schweißgeruch.

In jedem der achtzig Gläser steckt ein kleines Kissen aus Zellstoff. Jedes Kissen hing zwei Tage lang in der Achselhöhle eines Mannes. Den vierzig Testpersonen, allesamt Normal- oder Starkschwitzer, hatte eine Mitarbeiterin zuvor das neue Nivea for Men Sensitive Protect auf die Haut appliziert, aber nur auf eine Seite. Die andere Achsel durften sie nicht deodorieren, nicht mit Seife waschen, nicht einmal mit Wasser. Die Kissen haben den Geruch der Männer aufgenommen.

Die Schnüfflerin öffnet das nächste Glas, schnuppert, tippt "1", sehr schwacher Geruch, schließt das Glas, öffnet das nächste, zuckt kurz zurück, sagt Puh, tippt "5", extrem starker Schweißgeruch.

Am Ende erzielen die nicht deodorierten Achseln einen Wert von knapp drei, deutlicher Schweißgeruch, die deodorierten einen Wert von zwei, schwacher Schweißgeruch. Der Testleiter ist zufrieden. Auf dem Sensitive Protect wird später der Satz stehen: "48 Stunden effektiver Anti-Transpirant-Schutz".

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