Marketing Deo Nummer 79 - Die Geschichte eines neuen Sprays

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Die Markteinführung steht bevor

Die aufsehenerregendsten Kampagnen von Sixt
Sixt ist bekannt für seine Werbemotive. Doch nicht aus jeder frechen Idee wird eine Anzeigenkampagne. Dieses Motiv zum Beispiel wurde verworfen. Der Entwurf thematisiert den Rücktritt von Reinhard Grindel als DFB-Präsident. Grindel war Anfang April wegen der Annahme einer Luxus-Uhr von einem ukrainischen Oligarchen als Präsident des Deutschen Fußballbunds zurückgetreten, am 10. April gab er auch seine Ämter bei der Fifa und der Uefa ab. Eine hohe Schadenersatzzahlung wollte Sixt nicht riskieren – denn Grindel wehrt sich gegen die Korruptionsvorwürfe.
Wegen des Motiv einer von einer Cabriofahrt zerzausten Angela Merkel gab es schon einmal Ärger für die Familie Sixt. Erich Sixt präsentierte sich im Februar 2019 vor dem Bild. Das Unternehmen testet seit längerem die Anmietung und Abholung von Mietautos per App. Quelle: dpa
Sixtwerbung zu CSU-Chef Horst Seehofer Quelle: Screenshot
Sixtwerbung zu AfD-Vize Gauland Quelle: Screenshot
Sixt Merkel Quelle: Screenshot
Auch, als im April 2015 zum siebten Mal der Bahnstreik die Republik lahm legte, war das Grund genug für Sixt, Claus Weselsky erneut zum Mitarbeiter des Monats zu ernennen. Quelle: Screenshot
Zum neunten Mal kommt es im Mai 2015 im Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL zum Arbeitskampf. Auf Twitter kursiert ein Bild, das eine witzige Reaktion des Autovermieters Sixt darauf zeigt: Ein Miet-Lkw der aussieht, als ob er einen Bahn-Waggon an Bord hätte, zusammen mit dem Spruch: "Die Bahn kommt". Quelle: Screenshot

Neben der Maschinenführerin steht eine Holzpalette mit 5.300 Spraydosen. Nivea for Men Sensitive Protect steht darauf. Nur das Spray muss noch hinein.

Die Maschinenführerin ist eine ältere, stämmige Frau. Mit beiden Händen greift sie ein Bündel Dosen und packt es auf das Fließband. Die Dosen fahren davon, zu lärmenden Maschinen, die Treibgas einfüllen und Ventile aufdrücken. Die Markteinführung des neuen Männerdeodorants steht jetzt kurz bevor. Die Krise bei Beiersdorf aber hat sich verschärft. Die Zeitungen schreiben, der Konzern, dessen Produkte der körperlichen Fürsorge dienen, sei zum Pflegefall geworden. 1.000 der weltweit 18.000 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden, ein Großteil in der Zentrale in Hamburg.

Für jeden Geschmack das passende Produkt

Die Maschinenführerin trägt eine Haube auf dem Kopf, damit keine Haare ins Deo fallen. Sie holt das nächste Bündel Dosen und stellt es aufs Band. Eine Digitalanzeige an der Wand zeigt die Zahl 124. So viele Exemplare des Sensitive Protect entstehen pro Minute. Die Fabrik produziert auch das Nivea for Men Cool Kick ("Für Männer, die den Frischekick wollen"), das Fresh Active ("Für Männer, die lang anhaltenden, frischen Deoschutz wollen"), das Dry Impact ("Für Männer, die zuverlässigen Anti-Transpirant-Schutz wollen"), das Sport ("Für Männer, die ein revitalisierendes Gefühl nach dem Sport erleben wollen"), das Invisible for Black & White ("Für Männer, die gelben Deoflecken entgegenwirken wollen") und das Silver Protect ("Für Männer, die antibakteriellen Schutz gegen Körpergeruch wollen").

96 Menschen arbeiten an den Fließbändern der Abfüllanlage. Wenn die Leute die vielen Deos kaufen, können sie sich ihrer Jobs auch in Zukunft einigermaßen sicher sein.

Und wenn nicht?

In wirtschaftswissenschaftlichen Büchern heißt es oft, die wichtigste Aufgabe der Marktwirtschaft sei es, die Knappheit zu überwinden. Demnach ist der Kapitalismus vor allem für den Konsumenten da. Er muss dafür sorgen, dass sich die Regale füllen, dass die Leute etwas haben, das sie kaufen können. 78 Deodorants zum Beispiel. Manchmal aber scheint es, als sei vor allem der Konsument für den Kapitalismus da. Er muss dafür sorgen, dass sich die Fabriken nicht leeren.

Es ist jetzt Mitte Februar, das Sensitive Protect ist auf dem Markt. Der moderne Durchschnittsmann betritt eine von 1.300 deutschen dm-Filialen. Die Kassen stehen links von ihm, er wird gegen den Uhrzeigersinn durch den Laden laufen. Er wird es für Zufall halten, aber es ist keiner.

Fast alle Drogerie- und Supermärkte sind heute so aufgebaut, dass sich die Leute linksherum durch das Geschäft bewegen. Die Wand ist immer rechts. Untersuchungen haben gezeigt: Linksdrehende Kunden geben etwa zehn Prozent mehr Geld aus. Warum, weiß niemand. Eine Erklärung ist, dass die Menschen, weil mehrheitlich Rechtshänder, froh sind, wenn sie sich im Dunkeln mit der rechten Hand an der Wand entlangtasten können. Das gibt ihnen Sicherheit. Ein Urinstinkt, der womöglich auch in hellen Geschäften seine Wirkung zeigt.

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