Marketing Wie Airlines die Generation Z überzeugen wollen

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Generation Z bewirkt gewaltigen Sinneswandel in Deutschland

Entschärfen will die Branche die gefährliche Kombination aus flugkritischer Stimmung und schwieriger Erreichbarkeit nun durch eine neue Kundenansprache. Dafür setzt sie auf drei Mittel: den Preis, sowie zwei neue Wege im Marketing. Für jede der drei Z-Untergruppen konsumorientiert, öko und digital mixen Jacobs oder Struve die Zutaten etwas anders.

Am einfachsten ist das bei der konsumfreudigen Zielgruppe. Die reist ohnehin und ist für alle Linien problemlos zu erreichen. „Sie will im Prinzip nicht mehr als ein paar Anregungen und die Garantie, dass sie sicher und zuverlässig ankommt“, so Jacobs.

Für ökologisch denkende, flugkritische Greta-Fans setzen Ryanair und Lufthansa zunächst auf Fakten. Sichtbarer denn je dokumentieren sie in dicken Berichten oder Webseiten zur Nachhaltigkeit wie sehr sie die Umweltbelastung senken - etwa durch sparsamere Jets, mehr klimaneutral erzeugte Kraftstoffe und durch den Abbau von Kurzstreckenflügen wie gerade die niederländische KLM.

Ein gewaltiger Sinneswandel: Denn noch vor wenigen Jahren wollte Ryanair-Chef Michael O’Leary gewohnt provokant Umweltaktivisten am liebsten „erschießen“. Und das Gros seiner Kollegen bei anderen Linien dachte vielleicht weniger gewalttätig, aber kaum verständnisvoller.

Lockt die Ökobotschaft die Flugskeptiker auf die Airline-Seiten, finden sie dort eine Art Ablasshandel: eine Spende, mit der Passagiere ihre Umweltschäden ausgleichen können. Die bieten die Linien nun direkt im Anschluss an die Buchung – statt versteckt mit einem Link nach außen. Dazu gibt es dann Informationen, wie die Airlines oder die Organisationen mit Geld Gutes tun.

Das wichtigste Mittel für die voll-digitalen Zler ist eine eher indirekte Werbung rund um die Erlebnisse beim Reisen. „Die Generation sucht nach authentischen Erfahrungen und Momenten, wo sie sich selbst besser kennen lernt“, so Struve. Die Lufthansa etwa nutzt das – natürlich Hashtag-bewehrte – Motto „LifeChangingPlaces“ auf Basis des Kampagnenclaims „Say Yes to the World“, der für Weltoffenheit plädiert. Dort erzählen Personen, wie sie auf den Lofoten die Schönheit der Natur wiederentdecken oder aus Südfrankreich den Sinn für Wein nach China tragen. Ryanair verspricht im Newsletter „Try Something New“ die besten Motive für Instagram. Das alles ergänzen sollen eigene Foren, wo sich die Kunden mit anderen Reisenden austauschen können über ihre Erfahrungen mit neuen Zielen. Wenn es passt, streuen dann die Onlinevermarkter der Airline Links ein zu den passenden Flügen und Hotels – natürlich auf Ryanair.com.

Die neuen Wege haben bislang noch recht unterschiedlichen Erfolg. Am besten klappt nach wie vor das Mittel Preis. „Die Generation reagiert schneller und spontaner etwa auf Wochenendangebote“, so Lufthanseatin Struve. Die Erlebniswerbung zeigt immerhin positive Resonanzen und zieht viele Klicks an sich. Noch keinen sichtbaren Ausschlag nach oben gibt es dagegen bei den Angeboten zum Ausgleich der Umweltbelastung.

Darum sehen sich die Flugvermarkter auch noch am Anfang auf ihrem Weg ins Herz und das Bewusstsein der neuen Kunden. Dafür setzt Ryanair-Marketingvorstand Jacobs bei sich auf drei Dinge. So will der Konzern nicht nur agiler und flexibler arbeiten. Er verzichtet auch auf zu viele große und langfristige Investitionen. „Wir müssen so beweglich bleiben wie die Wünsche und Werte der Generation“, so Jacobs. „Also brauchen wir besonders in der IT keinen Taj Mahal mehr, sondern ein Wohnmobil.“

Zweiter Punkt ist ein realistischer der Blick in andere Branchen. „Wir können zwar viel vom Handel und Amazon lernen“, so Ryanair-Marketingvorstand Jacobs, der vor dem Billigflieger beim Metrokonzern gearbeitet hat. Doch bei allen Vorbildern will er nicht besessen abkupfern, sondern seinen eigenen Weg finden. „Es ist dein Geschäft und funktioniert nach deinen Regeln“, so Jacobs.

Zu guter Letzt kommt es für ihn auf den richtigen Mix der Mitarbeiter an. Dazu zählt nicht nur, die vielen jungen Leute im Unternehmen in die Sitzungen von Vorstand oder Fachbereiche zu holen. Ebenso wichtig sind eigene Gremien aus der Generation Z. Und zwar nicht nur solche, wo die Zler unter sich sind. „Die Erfahrung zeigt, dass Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen oder Regionen sowie reine Frauen- oder Männergruppen offener reden und für ihre Klientel bessere Lösungen finden“, so Jacobs.

Doch trotz aller Anstrengungen macht er sich keine Hoffnung, die Generation Z jemals wirklich zu verstehen. „Wir können die nicht einholen, nur alles tun, dass nicht zu groß wird.“

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