WirtschaftsWoche: Die Hamburger Verbraucherzentrale hat als „Mogelpackung“ 2017 gerade ein Müsli gekürt. Der Grund: Der Hersteller hat bei gleichem Preis den Inhalt reduziert und dabei angeblich weniger Vollkorn und mehr Zucker eingesetzt. Kommt es häufiger vor, dass in deutschen Supermarktregalen die Produkte schrumpfen?
Thekla Heineke: Es gibt natürlich Gesetze, die den Anbietern einen Rahmen vorschreiben, wie weit Produkte geschrumpft werden dürfen. Festgelegt ist das im Eichgesetz, in dem es wörtlich heißt, dass Fertigpackungen so befüllt sein müssen, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten ist. Einen konkreten Grenzwert dafür gibt es im Gesetz aber nicht.
Die Eichdirektionen in Deutschland haben sich auf einen Luftanteil von 30 Prozent verständigt. Ist der Hohlraum in einer Verpackung also größer als 30 Prozent, so besteht der Verdacht auf Täuschung. Verbraucherschützer sprechen dann von einer Mogelpackung.
Nun fallen Kunden nicht nur auf Packungsgrößen herein. Mit welchen psychologischen Aspekten wird bei der Verpackung von Produkten gearbeitet?
Sie müssen sich die Verpackung als einen stillen Verkäufer vorstellen. Die Verpackung leitet den Käufer durch die Regale und zieht seinen Blick auf sich. Durch die Verpackung entscheidet sich der Kunde bereits für ein Produkt, noch bevor er überhaupt zu denken anfängt und die Ratio einsetzt. Grund dafür ist das Limbische System im Gehirn, das für Entscheidungen zuständig ist und Hormone ausschüttet.
Zur Person
Thekla Heineke, Geschäftsführerin und Gründerin von kakoii, Verpackungsdesignagentur mit Standorten in Berlin und Tokio. Sie ist Diplom Kommunikationsdesignerin. Ihre Karriere begann in Tokio bei dem Internationalen Verpackungsdesign Department von Shiseido Cosmetics. Kakoii arbeitet für Kunden aus unterschiedlichen Kategorien mit Schwerpunkt auf Consulting und Designlösungsstrategien und Umsetzung im Markt.
Je nachdem wie die Verpackung gestaltet ist, werden die entsprechenden Hormone ausgeschüttet die entsprechende Reize auslösen. Passen die Reize zum Bedürfnis des Käufers, dann greift er automatisch zu. Das funktioniert wie ein Autopilot, der sich einschaltet.
Welche Produkte werden besonders häufig psychologisch verpackt?
Alles wird psychologisch verpackt! Auch billige Produkte werden absichtlich „optisch günstig“ verpackt. Auch sogenannte Peinlichkeitsprodukte wie Klopapier oder Kondome werden so verpackt, dass die Scham genommen wird. So soll der putzige Bär auf der Klopapierverpackung die Weichheit des Produkts verdeutlichen, ohne zu sehr auf den konkreten Einsatz hinzuweisen.





Am anderen Ende der Skala, bei den Premiumprodukten, kann teure Verpackung sogar die Ausschüttung von Glückshormonen verursachen. Gut untersucht ist das etwa bei hochwertig eingepackter Schokolade. Hier lässt die Verpackung sogar das Produkt hochwertiger schmecken. Durch die Ausschüttung von Glückshormonen wird der höhere Preis für die Verpackung auch gerechtfertigt.
Wann genau bekommt man denn Glückshormone durch die Schokoladenverpackung? Schon beim Griff ins Regal oder erst nach Bezahlung?
Auch das ist sehr genau untersucht. Eine erste Ausschüttung der Hormone gibt es tatsächlich schon beim Griff ins Regal. Auch beim Auflegen auf das Fließband an der Kasse werden die Hormone ausgeschüttet – allerdings die Hormone, welche man auch bei „Ekel“ empfindet. Oft stellen Kunden ja Produkte kurz vor der Kasse wieder irgendwo ab. Das ist ein Zeichen, dass die Verpackung nicht ausgereicht hat, den Kunden vom Kauf zu überzeugen. Bei hochwertiger Verpackung der Schokolade erleben Sie dann beim Auspacken zuhause eine weitere Ausschüttung von Glückshormonen.