Maßnahmenpaket Luftfahrtbranche will neues Flugchaos 2019 verhindern

Die Teilnehmer des Luftfahrtgipfels. Quelle: dpa

2018 kam es im europäischen Luftverkehr zu besonders vielen Verspätungen und Ausfällen. Das lag vor allem an Personalknappheit. Branche und Politik schnüren deshalb ein Maßnahmenpaket und geloben für 2019 Besserung.

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Tausende Flugausfälle und lange Warteschlangen an den Sicherheitskontrollen – nach dem Willen der Bundesregierung und der Luftfahrtbranche soll sich das Flugchaos des vergangenen Sommers nicht wiederholen. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern beschlossen mit den Vertretern von Airlines, Flughäfen und Flugsicherung deshalb am Freitag in Hamburg ein Maßnahmenpaket. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte nach einem Spitzengespräch in Hamburg, die zwei Dutzend Punkte umfassende Erklärung sei ein wichtiger erster Schritt. „Keiner ist zufrieden mit dieser Situation, die 2018 entstanden ist“, ergänzte er. „Am Himmel wird's eng, und das spüren wir.“ Zu Beginn des Sommerflugplans im März soll es einen weiteren Fluggipfel geben, um die Umsetzung zu überprüfen.

„Wir haben in den vergangenen Monaten als Branche nicht das erbracht, wofür wir stehen wollen“, gestand Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit Blick auf die vielen Verspätungen und Flugausfälle in der Hauptreisesaison ein. Die Engpässe am Himmel und auf den Flughäfen hätten auch wirtschaftlich Spuren bei Deutschlands größter Airline hinterlassen. So seien in den vergangenen Monaten mehr als eine Viertelmilliarde Euro an Kompensationszahlungen an Kunden gezahlt worden. „Wir haben 9000 Tonnen mehr Treibstoff verbraucht, weil wir tiefer fliegen mussten, als es eigentlich technisch optimal gewesen wäre.“

Während der Hauptreisezeiten in diesem Jahr gab es im Flugverkehr in Europa ungewöhnlich viele Störungen. Nach Daten der europäischen Luftfahrtbehörde Eurocontrol waren mehr als sechs Prozent aller Flüge über eine Stunde verspätet, die durschschnittliche Verspätung stieg auf rund 17 Minuten. Das lag vor allem an Engpässen in der Flugsicherung, aber auch an Planungsfehlern der Airlines. In Deutschland war die Lage besonders angespannt in der ersten Urlaubssaison nach der Pleite der Fluggesellschaft Air Berlin. Denn in sehr kurzer Zeit übernahmen andere Airlines deren Flugzeuge, Personal und Routen. Vor allem die Lufthansa-Billigtochter Eurowings hatte Mühe, ihre Flugpläne einzuhalten, insbesondere auf den Strecken von Düsseldorf und Köln-Bonn zur Ferieninsel Mallorca.

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von Rüdiger Kiani-Kreß, Fabian Ritters

Spohr versprach, mehr Flugzeuge und Crews in Reserve vorzuhalten und Flugpläne zu entzerren. Die beteiligten Airlines, darunter auch die Ferienflieger Condor und TUIfly, wollen die Fluggäste künftig früher informieren und mehr Service bei Entschädigungszahlungen bieten. Die Flughäfen sagten zu, mit mehr Personal und zusätzlichen Flächen Engpässe bei den Sicherheitskontrollen vermeiden.

Die größte Baustelle ist allerdings der mit dem zunehmenden Flugverkehr immer dichtere Luftraum über Europa mit einer Personalknappheit bei den Fluglotsen. Hier ist eine tiefgreifende Reform notwendig, die in der Europäischen Union schon lange auf der Agenda steht, wegen Streit unter den Mitgliedsländern aber nicht vorankommt. Der Bedarf an Lotsen müsste kurzfristiger überprüft werden, die Ausbildung angepasst und auch inhaltlich verändert werden. „Wir gehen massiv in die Ausbildung“, sagte Scheuer, ohne allerdings konkret zu werden. Mehr Automatisierung und ein Einsatz der Lotsen über die nationalen Sektoren hinweg sollen Entlastung schaffen. Scheuer will sich für alles auf EU-Ebene einsetzen. „Wir brauchen eine gesamteuropäische Lösung“, forderte Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

Bis diese Änderungen greifen, will die Flugsicherung verstärkt niedrige Flughöhen nutzen. Begleiterscheinungen davon sind allerdings höherer Spritverbrauch der Flugzeuge und mehr Lärm. Auch sollen die Fluglotsen mit weniger starren Arbeitszeiten und freiwilligen Überstundenregelungen flexibler eingesetzt werden. Doch darüber müsste eine Einigung mit der Gewerkschaft erzielt werden, wie der Sprecher der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) erklärte.

„Es wird nicht so sein, dass wir ab morgen keine Verspätungen mehr haben“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der derzeit der Konferenz der Landesverkehrsminister vorsitzt. Man könne sich aber darauf verlassen, dass alle Akteure an einem Strang zögen, um Verspätungen und Flugausfällen deutlich zu verringern.

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