Um 01.19 Uhr erklingt seine Stimme zum letzten Mal über Funk. „Alles klar, gute Nacht“, sagt der Co-Pilot der Boeing 777. Es ist das letzte echte Lebenszeichen aus dem Cockpit des Malaysia-Airlines-Flugs mit der Nummer MH370. Stunden später registrieren Satelliten den Flieger ein letztes Mal fernab der eigentlichen Flugroute über dem Indischen Ozean. Am 8. März 2014 verschwindet die Maschine. Bis heute ist sie unauffindbar.
Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt erklärt, was die Suche so schwierig macht, warum Flugzeuge bis heute über dem Meer nur schlecht zu orten sind und was sich künftig ändern soll.
Zur Person
Heinrich Großbongardt ist Inhaber der Expairtise Communications GmbH, einer unabhängigen Kommunikationsfirma für Luftfahrt-Unternehmen, und einer der führenden Branchenkenner.
Herr Großbongardt, die MH370 ist seit einem Jahr verschollen. Malaysia hat die Passagiere für tot erklärt, Australien will die Suche einstellen. Gibt es überhaupt noch eine Chance, den Flieger zu finden?
Vor einem Jahr hätte ich noch gesagt, man findet die Maschine. Heute bin ich sehr skeptisch. Die Suche ist schwieriger als die nach der Nadel im Heuhaufen. Die größten Wrackteile der Unglücksmaschine sind vielleicht 30 oder 40 Meter groß. Sie müssten in Tiefen von bis zu 4000 Metern gefunden werden und zwar in einem Gebiet, das mindestens die Größe von Deutschland und Frankreich zusammen hat.
Entsprechend wenig ist also vom Unfallbericht der Behörden zu erwarten, der am 7. März vorgestellt wird?
Er kann kaum mehr als eine Bestandsaufnahme der Ermittlungen enthalten, Informationen über den Flugweg und Details zu den Untersuchungen über die Cockpitcrew. Es steht immer noch unter anderem die These im Raum, dass ein Besatzungsmitglied das Unglück verursacht hat.
Der Pilot soll das eingebaute Ortungsgerät abgestellt, die Maschine absichtlich aufs Meer hinausgeflogen und dort versenkt haben.
Bei aller Vorsicht, es ist zumindest eine realistische Möglichkeit. Im November 2013 starben in Namibia mehr als 30 Menschen, weil der Pilot das Flugzeug absichtlich zum Absturz brachte, als sein Kollege gerade mal auf der Toilette war. Auch der Absturz einer Silk-Air-Maschine Ende der Neunzigerjahre in Indonesien war ein Selbstmord des Piloten. Das ist selten, kommt aber vor.
Weitere Theorien gehen von Terrorattacken oder der Verwicklung des FBI aus. Lässt sich die Wahrheit ohne den Fund des Wracks und der Blackbox überhaupt ermitteln?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ohne Untersuchungen am Wrack eine hundertprozentige Bestätigung finden lässt. Gäbe es die, wäre sie längst bekannt. Die Schuld des Piloten ist eine von mehreren denkbaren Varianten. Das Besorgniserregende für die Öffentlichkeit ist, dass dem Unglück theoretisch auch ein technischer Fehler zugrunde liegen kann.
Wie wahrscheinlich sind die MH370-Theorien?
Flug MH370 bleibt verschwunden. Niemand weiß, was sich in den letzten Stunden an Bord abgespielt hat. Die Theorien reichen von unglaublich bis absurd. Ermittler und Experten, Wichtigtuer und Wahrsager bieten ihre Expertise in Sachen MH370 an. Was geschah mit dem Flug der Malaysia Airlines, der am 8. März 2014 mit 239 Menschen an Bord spurlos verschwand?
Quelle: dpa
An Bord war zwar eine Ladung mit gut 200 Kilogramm hoch brennbaren Batterien. Ein Brand hätte womöglich die beiden Kommunikationssysteme zerstören können - aber die Piloten hätten zuvor im Cockpit Alarm gehört und über Funk eine Notsituation gemeldet, sagen Piloten. Hätten toxische Dämpfe oder ein Druckabfall Passagiere und Crew bewusstlos gemacht, hätte die Maschine nach dem letzten Radarkontakt nicht zwei abrupte Kursänderungen nehmen können.
Als die Kursänderungen eine Woche nach dem Verschwinden enthüllt wurden, sagte Malaysias Regierungschef Najib Razak: „Diese Bewegungen deuten auf absichtliches Eingreifen durch jemanden an Bord hin.“ Die Ermittler haben alle Passagiere und Besatzungsmitglieder unter die Lupe genommen. Niemand hatte Terror-Sympathien oder -Verbindungen, auch die beiden Iraner nicht, die mit gefälschten europäischen Pässen an Bord waren. Sie träumten vom besseren Leben in Europa. Keine Terrororganisation hat sich je zu einem Anschlag bekannt.
Kann ein Schurkenstaat dahinterstecken? Das behauptet der Amerikaner Christopher Green in einem auf YouTube populären Video, allerdings ohne jedwede Indizien. Ein Schurkenstaat habe die Maschine gekapert, wolle sie mit Atomwaffen ausstatten und eines Tages auf eine US-Stadt lenken. Der US-Autor Jeff Wise vermutet die Maschine dagegen in russischen Händen und spekuliert wild über abwegige Motive.
Das FBI taucht immer bei Verschwörungstheorien auf: Die USA seien hinter etwas her gewesen, das an Bord war, meint der chinesische Blogger He Xin. Die US-Botschaft in Kuala Lumpur sah sich sogar genötigt zu dementieren, dass das Flugzeug auf dem US-Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean landete. Ex-Airline-Chef und Buchautor Marc Dugain kombiniert diese Theorien zu seiner Version: Hacker manipulierten die Bordcomputer von außen und lenkten die Maschine auf den US-Stützpunkt, vor dem das US-Militär die Maschine abschoss.
Kann die Maschine aus Versehen abgeschossen worden sein? Das behauptet der britische Autor Nigel Cawthorne in einem Buch. Bei einer damals stattfindenden thailändisch-amerikanischen Militärübung im Südchinesischen Meer sei scharfe Munition verwendet worden. Die Geschichte vom stundenlangen Flug in Richtung Süden sei erfunden worden, um sicherzustellen, dass das Wrack an falscher Stelle gesucht und nie gefunden wird. Seriöse Experten zweifeln nicht an den Angaben der Satellitenfirma Inmarsat, die Stunden nach dem Verschwinden Daten von der Maschine auffing.
Hat der Pilot selbst die Maschine ins Verderben gelenkt? Das halten mehrere erfahrene Unfallermittler für die wahrscheinlichste Variante. Sie äußern sich in einer Dokumentation des Senders National Geographic: Der Pilot dirigiert den Kopiloten unter einem Vorwand aus dem Cockpit, nimmt eine Sauerstoffmaske, löst in der Kabine einen Druckabfall aus, der alle ins Koma versetzt und fliegt Richtung Süden, bis die Maschine mit leeren Tanks abstürzt. Warum würde aber jemand auf Suizid-Mission die Maschine so lange fliegen lassen?
Die MH 370 ist nicht das einzige Flugzeug, das plötzlich verschwindet und nicht mehr auffindbar ist. Bei einer 2009 vor Brasilien abgestürzten Maschine …
… Air-France-Flug 447 …
… dauerte es knapp zwei Jahre, bis man sie fand.
In dem Moment, wo ein Flugzeug über dem Meer verschwindet, ist es immer unglaublich schwer zu finden. Sobald das Flugzeug - je nach Flughöhe - rund 100 bis 200 Kilometer von der Küste entfernt ist, kann es nicht mehr über den Radarbildschirm verfolgt werden. Dann ist die Luftüberwachung auf andere Hilfsmittel angewiesen.
Schwierigkeiten auf dem Weg zu besseren Ortungssystemen
Nämlich?
Zurzeit gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Standortmeldung der Besatzung per Funk oder die Standortübertragung durch das ACARS-System aus den Siebzigerjahren, das in regelmäßigen Abständen an die Bodenstation sendet. Die Zeitpunkte der Meldung müssen aber eng getaktet sein, wenn sie die Suche vereinfachen sollen. Ein Flugzeug ist mit 300 Metern pro Sekunde unterwegs. Schon zehn Sekunden Abstand bei der Ortung bedeuten drei Kilometer. Meldungsabstände von 15 Minuten führen zu einem Suchgebiet von 500 Quadratkilometern und mehr. Bislang senden Flugzeuge über dem Meer sehr viel seltener.
Die nervenaufreibende Suche nach MH370
Am 8. März 2014 verschwand Flug MH370 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking spurlos vom Radar. Auch nach einem Jahr ist völlig rätselhaft, wo und warum die Maschine der Malaysia Airlines mit 239 Menschen an Bord abhandenkam. Derzeit konzentrieren sich die Suchmannschaften auf eine 60 000 Quadratkilometer große Zone im Indischen Ozean westlich von Australien - bislang ohne jeden Erfolg.
Die Suchmannschaften haben bisher mehr als 40 Prozent dieser Zone durchkämmt. In dem Areal rund 1800 Kilometer vor der australischen Westküste wird das Flugzeug aufgrund von Auswertungen des Signalverkehrs zwischen MH370 und einem Satelliten vermutet. Innerhalb der durchschnittlich 4000 Meter tiefen Meereszone lässt sich nach Aussagen des Leiters der australischen Verkehrssicherheitsbehörde (ATSB), Martin Dolan, allerdings kein Punkt ausmachen, an dem die Suche am ehesten Erfolg verspricht.
Trotz mehrmaliger Verzögerungen wegen schlechten Wetters oder Ausrüstungsproblemen gehen die Behörden davon aus, dass diese vorrangige Zone bis Ende Mai durchsucht ist.
Eine Option wäre nach Auskunft des australischen Verkehrsministers Warren Truss die Ausweitung der Suche auf ein größeres Gebiet im Meer vor Australien. Die bisherigen Suchanstrengungen haben Australien und Malaysia jeweils mit umgerechnet rund 54 Millionen Euro unterstützt. Im kommenden Monat soll in Gesprächen der beiden Regierungen mit China eine Entscheidung über eine mögliche weitere Suche fallen. „Je mehr Partner wir haben, desto mehr Möglichkeiten haben wir, ein größeres Gebiet zu durchsuchen“, betont Truss.
Vier Schiffe mit jeweils 30-köpfiger Besatzung durchsuchen die ausgewiesene Zone. Drei der Schiffe sind mit Sonargeräten ausgerüstet, die sie hinter sich herziehen und die knapp über dem Meeresboden mögliche Trümmer orten sollen. Seit Januar ist das vierte Schiff namens „Fugro Supporter“ dabei. Es hat eine Art unbemanntes U-Boot im Einsatz, das leichter durch felsige und unebene Stellen in der Meerestiefe gesteuert werden kann und daher auch Regionen abtasten kann, bei denen die Sonargeräte an ihre Grenzen stoßen.
Anders als diese schickt die Unterwasserdrohne aber keine Daten in Echtzeit zurück an Bord, sondern muss nach 24 bis 36 Stunden an die Oberfläche gebracht werden, damit die Daten abgegriffen werden können. Etwa alle vier Wochen müssen die Schiffe zurück zur Küste, um Vorräte aufzustocken. Der einfache Weg kann bis zu sechs Tage in Anspruch nehmen.
Nach Trümmerteilen an der Wasseroberfläche wird nach Angaben von ATSB-Chef Dolan weiter Ausschau gehalten, auch wenn solche vermutlich längst gesunken wären. Im August baten die australischen Behörden Indonesien, das Meer vor seiner Westküste zu beobachten. Derzeit wird das Strömungsmodell überprüft, um zu sehen, ob Flugzeugteile möglicherweise an eine andere Stelle getrieben worden sein könnten.
Australien bemüht sich bereits um Firmen, die die Bergung vom Meeresboden vornehmen könnten. Vor einer Bergungsaktion müssten allerdings zunächst Australien und Malaysia zustimmen, dann müsste über die beste Vorgehensweise entschieden werden. Sollte das Flugzeug auf dem Meeresgrund entdeckt werden, würde es nach Einschätzung Dolans bis zum Beginn der Bergung noch mindestens einen Monat dauern.
Es ist aber schwer nachzuvollziehen, warum eine Armbanduhr mit GPS den Standort auf wenige Zentimeter genau angeben, eine ganze Boeing aber einfach verschwinden kann.
Das Problem ist, dass ein Flugzeug über dem Wasser normalerweise keine direkte Datenverbindung hat. Alle Daten müssen über Satelliten an die Bodenstationen gesendet werden. Ein System, das alle Flugzeuge im Minutenabstand tracken würde, ist zwar technisch ohne weiteres machbar. Aber bislang gibt es das eben nicht.
Durch das MH370-Unglück ist zuletzt Bewegung in die Sache gekommen?
Die Diskussion um die Notwendigkeit einer wesentlich genaueren Messung hat schon mit dem Absturz der Air France 447 eingesetzt und wird derzeit stark vorangetrieben. Es gibt diverse Lösungsansätze, die auf der Ebene der Welt-Luftfahrtorganisation ICAO, beim Dachverband der Fluggesellschaften IATA und mit Technikexperten diskutiert werden. Letzten Endes läuft alles darauf hinaus, das ADS-B-System – über das die meisten Flugzeuge heute bereits verfügen, um ihre Position über dem Land an die Flugsicherung zu melden – für eine dauerhafte Positionsverfolgung nutzen zu können.
Das klingt einfach, zumal die Technik bereits genutzt wird. Warum dauert die Umsetzung dann Jahre?
Wie bei allem in der Fliegerei werden die Optionen sehr genau geprüft. Es geht schließlich darum, sicherzustellen, dass die Informationen verlässlich gesendet werden, selbst wenn sich das Flugzeug in einer Notlage befindet. Zudem muss garantiert werden, dass die Übertragung wirklich flächendeckend ist und, dass die Daten ausgewertet werden können. Das Ganze ergibt auf lange Sicht zudem nur Sinn, wenn es wirklich standardisiert ist.
Schwere Flugunglücke der vergangenen Jahre
Ein Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings stürzt auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den Alpen ab. Frankreichs Präsident Hollande rechnet nicht mit Überlebenden.
47 Menschen werden am 23. Juli 2014 bei der Notlandung eines Flugzeugs der Linie Transasia auf Taiwan getötet.
Noch nicht restlos geklärt ist der Absturz der malaysischen Passagiermaschine MH17 mit 298 Menschen an Bord über der Ukraine - ein Abschuss über dem Konfliktgebiet Donbass wird als Ursache angenommen.
Der Kontakt zu Flug MH370 der Malaysia Airlines zwischen Kuala Lumpur und Peking mit 239 Passagieren und Besatzung bricht ab. Eine der größten Suchaktionen der Luftfahrt bleibt bis heute ohne Erfolg.
Sieben Insassen eines Learjets kommen beim Absturz des Flugzeugs in Mexiko ums Leben. Unter ihnen ist auch die Sängerin Jenni Rivera.
Eine McDonnell Douglas MD-83 mit 153 Passagieren stürzt in ein dicht besiedeltes Wohnviertel der nigerianischen Metropole Lagos. Alle Menschen an Bord und mindestens 10 Menschen an Land kommen ums Leben.
Ein Linienflugzeug vom Typ Boeing 727 stürzt nahe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad ab. Alle 127 Insassen sterben.
Ein Flugbegleiter ist der einzige Überlebende einer abgestürzten Maschine mit Ziel Minsk, die 37 Passagiere (darunter fast die ganze Mannschaft eines russischen Eishockey-Vereins) und acht Besatzungsmitglieder an Bord hatte.
Eine pakistanische Passagiermaschine vom Typ Airbus A321 stürzt beim Landeanflug auf Islamabad ab. Alle 152 Menschen an Bord werden getötet.
Beim Absturz eines Airbus A330-200 während des Landeanflugs in der libyschen Hauptstadt Tripolis kommen 103 Menschen ums Leben. Nur ein neunjähriger Junge überlebt das Unglück.
Im russischen Smolensk sterben die 96 Insassen einer Tupolew 154, darunter der polnische Präsident Lech Kaczynski und andere Spitzenpolitiker.
Eine Boeing 737-800 der Ethiopian Airlines stürzt vor der libanesischen Küste ins Mittelmeer, die 90 Insassen sterben.
Beim Absturz einer russischen Maschine auf ein Dorf im Iran kommen alle 168 Menschen an Bord ums Leben. Die Tupolew 154 der Caspian Airlines hatte kurz nach dem Start Feuer gefangen.
Ein A310 der jemenitischen Fluggesellschaft Yemenia mit 153 Menschen an Bord stürzt im Landeanflug auf die Komoren in den Indischen Ozean. Nur eine Zwölfjährige überlebt.
Ein französisches Verkehrsflug stürzt über dem Atlantik ab. An Bord des Fluges AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris sind 228 Menschen, darunter 28 Deutsche. Niemand überlebt.
49 Insassen eines Flugzeuges sowie eine Frau auf dem Boden sterben beim Absturz und der Explosion eines Flugzeugs im Staat New York.
In der Nähe der Hauptstadt von Kirgisistan, Bischkek, sterben 68 der 90 Insassen beim Absturz der Maschine. 22 Menschen überleben den Absturz der Boeing 737.
Beim Start eines Flugzeugs auf dem Madrider Flughafen Barajas stürzt die Maschine kurz nach dem Start ab. 153 Menschen sterben, 19 überleben.
Das hört sich reichlich bürokratisch an.
Sie müssen schließlich hunderte Fluggesellschaften aus unterschiedlichen Ländern an einen Tisch bekommen und zudem auch die Luftüberwachung entsprechend ausrüsten. Es geht um die Einbettung in ein Gesamtsystem. Das braucht entsprechende Satelliten, Datenverteiler und vor allem Regeln, nach denen die Standortmessung funktioniert. Dann gibt es noch die große Herausforderung, dass ein solches System im Flieger autonom sein muss. Wie die Diskussion im Fall MH370 zeigt, muss es davor geschützt sein, abgeschaltet zu werden. Da gibt es aber einen großen Widerstand von Seite der Piloten.
Genaueres Positionstracking frühestens 2021
Die wollen sich nicht zu sehr überwachen lassen?
Die Piloten sagen, im Falle eines Feuers durch einen Kurzschluss in dieser Komponente müssen wir in der Lage sein, diese Komponente stillzulegen. Die Diskussion dreht sich also auch um die Frage: Wie bekommen wir ein System sowohl manipulations- als auch gefahrensicher?
Geld spielt keine Rolle? Die Aufrüstung mit entsprechender Technik könnte bis zu 100.000 Euro je Maschine kosten.
Zumindest bei den großen Linien nicht. Der Einbau eines Bordunterhaltungssystems kostet das zehn- oder sogar zwanzigfache. Und den Fluglinien ist doch klar, dass das Vertrauen ihrer Passagiere so viel wert ist. Allerdings geht es sehr wohl um die Frage, wie viel Zeit zur Umrüstung bleibt. Eine Airline kann nicht die komplette Flotte auf einen Schlag umstellen. Man muss da bei 20.000 Flugzeugen weltweit einfach auch die erforderlichen Hangar-Kapazitäten im Auge haben. Sobald es aber einen Standard gibt, auf den man sich einigt, werden die großen Linien anfangen und die anderen werden nachziehen.
Malaysia, Indonesien und Australien wollen offenbar nicht warten, bis alle alles ausdiskutiert haben. Die Staaten haben jetzt angekündigt, ein solches Tracking- ADS-C zu testen.
Es war zu erwarten, dass einige Länder vorweggehen. Wichtig ist aber, dass es insgesamt einen Konsens gibt, das Tracking im Luftverkehr massiv und zeitnah zu verbessern. Das hat natürlich weniger mit der unmittelbaren Sicherheit zu tun. Durch eine genauere Überwachung wird kein Absturz verhindert. Es geht um das Vertrauen der Passagiere. Der Gedanke, dass ein ganzes Flugzeug einfach verschwinden kann, ist öffentlich nicht mehr akzeptabel.
Früher wäre das kein Problem gewesen?
Die ganze Diskussion um das Verschwinden der MH370, die Berichterstattung und die Anteilnahme in der Bevölkerung haben gezeigt, dass wir zumindest in der Luftfahrt mit solchen Unsicherheiten heute sehr viel schlechter leben können als noch vor 15 Jahren. Jährlich verschwinden noch immer ganze Schiffe mit Mann und Maus auf dem Meer, ohne dass die Vorfälle diese Form an Aufmerksamkeit bekommen. Da hat sich das Bedürfnis der Öffentlichkeit gewandelt. Dem muss die Flug-Branche Rechnung tragen.
Wie viel Zeit wird noch vergehen, bis das genauere Positionstracking weltweit angewendet wird?
Binnen der nächsten drei, vier Jahre werden sich alle Beteiligten auf einen einheitlichen Standard geeinigt haben. Die vollständige Umrüstung dauert vermutlich weitere zwei bis drei Jahre. 2021 dürften zumindest die großen Airlines ihre Flugzeuge entsprechend genau verfolgen können.