MV Werften Dieser Milliardär steckt hinter den Pleite-Werften

Lim Kok Thay ist CEO der Genting Hongkong, dem Eigentümer der insolventen MV Werften Quelle: Bloomberg

Wirtschaftsminister Habeck gibt dem Eigentümer die Schuld an der Insolvenz der MV Werften – die Genting-Gruppe aus Asien wollte offenbar nicht noch mehr Geld investieren. Dabei steht hinter dem Konzern einer der reichsten Männer Malaysias.

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Am Schluss ging es flott. Noch vor wenigen Tagen hatten die deutsche Politik und der Eigentümer der MV Werften um eine Lösung für das angeschlagene Unternehmen gerungen. Aber: Das Unterfangen blieb ohne Erfolg. Die MV Werften haben am Montag beim zuständigen Amtsgericht Schwerin Insolvenz angemeldet. Der Eigentümer der Werften, die Genting-Gruppe, das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Bundesregierung konnten sich auf keine weitere Finanzierung des Unternehmens einigen. Wegen der Pleite müssen nun 1900 Angestellte um ihre Jobs bangen.

Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist der Schuldige hinter dem Drama bereits ausgemacht: die Genting-Gruppe. „Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Insolvenz der MV Werften zu vermeiden und so die Arbeitsplätze zu retten“, sagte er. Leider hätten „die Eigentümer unser Hilfsangebot ausgeschlagen“.
(Wie Unternehmen und Staat das Geschäftsmodell längst auf das wirtschaftspolitische Großprojekt der neuen Bundesregierung hätten lenken können, lesen Sie hier.)

Als 2016 Genting die MV Werften übernahm, galten die Asiaten noch als Retter in der Not. 230 Millionen Euro soll Genting damals für die drei Standorte der damals noch unter dem Namen Nordic Yards bekannten Werftgruppe in Wismar, Rostock-Warnemünde und Stralsund bezahlt haben. An der deutschen Küste wollte Genting fortan neue Kreuzfahrtschiffe bauen lassen, vor allem für den stetig wachsenden asiatischen Markt, wo Genting mit seinen Marken Star Cruises, Dream Cruises und Crystal Cruises Kreuzfahrten organisiert.

Der Kauf sei „strategisch“, das Investment werde sich auszahlen, ließ damals Lim Kok Thay verkünden. Der 70-Jährige ist CEO der Genting Hongkong, dem Eigentümer der MV Werften. Er hält die Mehrheit der Anteile an Genting Hongkong und ist außerdem Chef der übergeordneten Genting-Gruppe mit Sitz in Malaysia. Lim Kok Thay ist einer der reichsten Männer Malaysias, das US-Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf etwa 2,6 Milliarden Dollar.

Online-Glücksspiel, Kraftwerke, Plantagen – das Konglomerat hat alles

Entsprechend groß ist Lim Kok Thays Reich: Seine Unternehmensgruppe betreibt auch Hotels und Kasinos wie das Hotel Resorts World am Las Vegas Strip mit 6118 Zimmern und eigenem Kasino – 2006 laut Guinness-Buch der Rekorde das größte Hotel der Welt. In Asien und Großbritannien besitzt Genting ebenfalls mehrere Komplexe. Darunter finden sich das Resort World Sentosa in Singapur oder das Kasino Colony Club in London.

Seit knapp vier Jahren will das Unternehmen aus Malaysia auch im Bereich des Online-Glücksspiels mitverdienen. 2018 gründete Genting die „Genting Malta Limited“. Die maltesischen Behörden genehmigten der Firma Lizenzen für Online-Sportwetten und ein eigenes Online-Kasino.



In China betreibt Genting mehrere Kraftwerke, in Indien hat Genting einen Windpark hochgezogen. Selbst Palmölplantagen gehören zum Konzern. In Malaysia und Indonesien pflanzt ein Tochterunternehmen auf knapp 240.000 Hektar Anbaufläche vor allem Palmen, um daraus Palmöl herzustellen. Die Ernte verarbeitet das Unternehmen in eigenen Mühlen.

Doch in der Pandemie geriet der Großkonzern in Schwierigkeiten. Noch 2019 hatte die Genting-Gruppe einen Gewinn (Ebitda) von 7,8 Milliarden Ringgit verbucht – das sind umgerechnet etwa 1,6 Milliarden Euro. Bereits 2020 brach dieser Gewinn um weit mehr als die Hälfte ein. Genting Hongkong – der Teil des Unternehmens, in dem die Kreuzfahrt- und Vergnügungsgeschäfte gebündelt sind – schrieb sogar einen Verlust von umgerechnet etwa 330 Millionen Euro. Das Unternehmen musste schon damals vermelden, dass es Schulden in Höhe von 3,1 Milliarden Euro nicht mehr bedienen könne.

Abhängigkeit wird zum Verhängnis

Daran scheiterte wohl auch die Rettung der MV Werften: Am vergangenen Wochenende hatten Werftchef Carsten Haake und die Eigentümer noch beim Bund dafür geworben, Staatsgelder bereitzustellen. Schließlich habe Genting seit 2016 mehr als zwei Milliarden Euro in die Standorte investiert und die Mitarbeiterzahl verdoppelt. Nun sollte der Bund 600 Millionen Euro aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds lockermachen, damit die Werft den Bau des weltgrößten Kreuzfahrtschiffes „Global 1“ beenden hätte können. Doch das Wirtschaftsministerium soll eine Beteiligung der Eigentümer von 60 Millionen Euro plus Garantien verlangt haben. Dazu war Genting angeblich nicht bereit.

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Das Investment aus Fernost ist MV nun zum Verhängnis geworden. Das dieses nicht nur von Vorteil sein könnte, dämmerte den MV-Managern bereits vor knapp zwei Jahren. Das Unternehmen sei stark von der anhaltenden Unterstützung durch den Eigentümer Genting abhängig, heißt es im Jahresabschluss 2020. Mit dem Insolvenzantrag am Montag ist das bewiesen.

Mit Agenturmaterial.

Mehr zum Thema: Für die Pleite der MV Werften machen sich deutsche Politiker und Vertreter des Unternehmens gegenseitig verantwortlich. Einen Rettungsplan haben sie nicht. Dabei hätten sie das Geschäftsmodell längst auf das wirtschaftspolitische Großprojekt der neuen Bundesregierung lenken können.

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