Das Ende von Air Berlin war der Auftakt, den deutschen und den europäischen Luftverkehrsmarkt neu aufzuteilen. Spohr reagiert auf den Siegeszug der Billigflieger mit einem schnellen Aufbau der eigenen Billigtochter Eurowings, die bereits im kommenden Sommer mehr als 200 Flugzeuge umfassen soll.
Easyjet wird nach der Genehmigung des Deals auch innerdeutsch unterwegs sein und dabei ein weit stärkerer Konkurrent werden, als es die sieche Air Berlin je sein konnte. An der Alitalia ist der neue Easyjet-Chef Johan Lundgren ebenso dran wie die Lufthansa.
Die zunächst vor allem auf Berlin beschränkten Briten können zudem wie die irische Ryanair auf attraktive Slots hoffen, die die Lufthansa möglicherweise noch als Kartellauflage freimachen muss. Ryanair muss allerdings zunächst selbstgeschaffene Probleme mit den Piloten lösen, die zunehmend gegen die extrem liberalisierten Arbeitsverhältnisse aufbegehren.
Die Geschäftsmodelle zumindest auf der Kurz- und Mittelstrecke werden sich immer mehr angleichen, erwarten Experten. Schon heute sind in der Holzklasse angebliche Premium-Carrier und Billigflieger nur noch in Nuancen zu unterscheiden. „Vorne eine echte Business-Klasse und hinter dem Vorhang Ultra-Lowcost ohne jedes Extra - das ist das Modell, das die Masse braucht“, sagt beispielsweise der Chef der erfolgreich sanierten Air Baltic aus Lettland, Martin Gauss.
Ob das auch auf längeren Verbindungen nach Übersee funktioniert, testen gerade Gesellschaften wie Norwegian oder die isländische WOW Air. Vorteile der harten Lowcost-Operation wie kurze Wendezeiten und geringe Übernachtungskosten für die Crews fallen bei langen Flügen aufgrund der Sicherheitsvorschriften weg. Außerdem wollen die eingesessenen Netzanbieter nicht schon wieder einen Trend verschlafen und halten mit eigenen Gesellschaften wie der Eurowings (Lufthansa), Level (IAG/British Airways) oder Joon (Air France) dagegen.
International versuchen die Airlines zudem, mit gegenseitigen Kapitalverflechtungen und Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures), den Wettbewerb zu minimieren. So sprechen beispielsweise Lufthansa und Air China ihre Flugzeiten ab und vereinheitlichen die Preise, um hinterher gemeinsam abzurechnen. Die Passagiere erhalten so zwischen China und Mitteleuropa zwar in beiden Richtungen ein weit gefächertes Angebot mit zahllosen Anschlussflügen, dürfen aber nicht auf niedrige Preise hoffen. Über den Nordatlantik, so berichtet Berater Pontius, werden bereits 82 Prozent der Tickets über die Joint Ventures verkauft. Von Europa nach Japan sind es 65 Prozent.
Weltweit betrachtet sieht sich die Branche weiterhin auf einem ungebremsten Wachstumskurs. Sie wird 2017 erstmals über 4 Milliarden Passagiere transportiert haben, ein Zuwachs von mehr als 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dem Airline-Verband IATA zufolge kletterten die Umsätze nach zwei schwachen Jahren wieder deutlich um über 5 Prozent auf insgesamt geschätzte 743 Milliarden US-Dollar. Besonders ertragsstark waren erneut die Airlines im konzentrierten US-Markt.