Bei der wegen bakterienbelasteter Wurst geschlossenen Großmetzgerei Sieber aus Bayern hat es eine Razzia gegeben. Polizisten durchsuchten am Mittwoch drei Stunden lang Räume am Firmensitz in Geretsried, drei Labors im Großraum München und in Baden-Württemberg sowie ein Privathaus.
Die Justiz ermittelt wegen Verstößen gegen Lebensmittelgesetze gegen Firmenchef Dietmar Schach. „Am Tatvorwurf hat sich nichts geändert“, sagte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich nach Abschluss der Aktion in München.
An der Durchsuchung waren ein Staatsanwalt und 20 Polizisten beteiligt. Nach Auskunft von Heidenreich wurden 50 Aktenordner und EDV-Material sichergestellt. Ein Firmensprecher bestätigte, dass es sich bei dem durchsuchten Privathaus um das Haus von Schach handele.
Vier Fakten über Listerien
Listerien sind Bakterien, die häufig in der Natur vorkommen. Sie können in tierische und pflanzliche Produkte geraten – etwa Hackfleisch, Sushi oder Rohmilchkäse.
Listerien sind sehr widerstandsfähig. Sie überstehen sowohl Tiefgefrieren als auch Trocknen. Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren tötet die Bakterien dagegen sicher ab.
Nur sehr wenige Menschen, die Listerien aufnehmen, erkranken auch an Listeriose. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion meist unauffällig oder nimmt einen harmlosen Verlauf mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber und Muskelschmerzen oder Erbrechen und Durchfall – oft erst bis zu acht Wochen nach dem Verzehr.
Gefährlich ist die Infektion aber für abwehrgeschwächte Personen: Neugeborene, alte Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen, Transplantierte und Schwangere. Bei ihnen und bei Ungeborenen kann Listeriose zum Tod führen. In Deutschland gibt es im Durchschnitt 400 bis 650 Fälle im Jahr.
Der alleinige Geschäftsführer hatte in der vergangenen Woche Insolvenz angemeldet, nachdem die Gesundheitsbehörden ein Betriebs- und Vertriebsverbot gegen die Firma verhängt sowie einen bundesweiten Rückruf der gesamten Ware veranlasst hatten. Im März war in einem „Original bayerischen Wammerl“ von Sieber eine deutlich über dem Grenzwert liegende Zahl von Listerien nachgewiesen worden.
Nach umfangreichen Untersuchungen sehen das Robert Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) einen Zusammenhang zwischen dem Schweinefleisch-Produkt und einem Ausbruch von Listerioseerkrankungen im Jahr 2012 hauptsächlich in Süddeutschland. Acht Menschen starben an den Folgen der Krankheit.
Die Razzia am Mittwochmorgen kam für Sieber zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Für diesen Tag war ein Gespräch des von Insolvenzverwalter Josef Hingerl eingesetzten dänischen Sachverständigen Dieter Elsser-Gravensen mit den Lebensmittelbehörden angesetzt. Ziel ist, ein Konzept zu entwickeln, mit dem die Listerien aus dem Betrieb verbannt werden können. Danach solle die Produktion schnellstmöglich wieder aufgenommen werden, forderte Hingerl.
Die Entscheidung über eine Klage gegen das Produktionsverbot steht noch bevor. Das Verwaltungsgericht München will in dieser Woche über einen Eilantrag von Firmenchef Schach befinden, mit dem der 51-Jährige die Wiederaufnahme der Produktion erreichen will.