




Wohl kaum einen Termin haben Lufthansa-Chef Christoph Franz und der Chef der Frachtabteilung Karl Garnadt so sehr erwartet wie den heute vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Mit der Entscheidung, dass am Frankfurter Flughafen zwischen 23 Uhr nachts und fünf Uhr morgens keine Flugzeuge mehr starten und landen dürfen, geht es aus Sicht der beiden um nicht weniger als den Bestand wesentlicher Teile des Logistikgeschäfts. Dazu gehört auch die die Frage, ob die Lufthansa nicht ihre ganze Frachterflotte mit ihren derzeit 18 Maschinen und fünf Neubestellungen still legt, weil die sich nur rechnen, wenn sie Nachts nach Produktionsschluss der Fabriken fliegen dürfen.
Internationales Drehkreuz
Dabei geht es für Franz und Garnadt nicht nur um den profitabelsten Teil von Europas größter Fluglinie. Für alle deutschen High-tech-Unternehmen mit eiligen Lieferungen ist es auch die wichtigste Verbindung zur Welt. Nun brechen die Lieferketten ab, die Arbeitsplätze vor allem der vielen Hundert Verlader an Deutschlands größtem Flughafen gehen verloren, weil die Güter dann künftig über Amsterdam, Paris oder gar Dubai in die Welt gebracht werden.
Die Erlaubnis, den Frankfurter Flughafen in seiner Kapazität um fast die Hälfte auszubauen, war ein fester Teil des sogenannten Mediationskompromisses. Bei dieser in jahrelangen Verhandlungen ausgehandelten Vereinbarung zwischen der Luftfahrtbranche, den Kommunen und den Anwohnern mussten alle Seiten Opfer bringen. Lufthansa und der Flughafen Frankfurt verzichteten auf einen Teil der Flüge und damit auf Umsatz und Gewinn. Die Anwohner hingegen opferten einen Teil ihrer Nachtruhe gegen die Zusage, statt nachts wie bisher im Schnitt alle gut fünf Minuten überflogen zu werden zumindest in der sogenannten Mediationsnacht zwischen 23 und 5 Uhr Ruhe zu haben – und dafür weiterhin in einer Wachstumsregion mit sicheren Arbeitsplätzen zu leben.
Darum war es mehr als fahrlässig, an dem Nachtflugkompromiss zu rütteln. Denn wenn die Lufthansa und der Flughafen glaubten, sich um einen Teil des Kompromisses drücken zu können, warum sollten die Anwohner nicht auch ihr Entgegenkommen zurückziehen und eine Schließung des Flughafens zwischen 22 und sechs Uhr morgens fordern. Zudem gilt: die Folgen eines Nachtflugverbots in der heutigen Form sind sicher unangenehm. Aber ein Drama sind sie nicht. Nicht für die Lufthansa und schon gar nicht für den Frankfurter Flughafen.