Naive Scheichs Wie Air Berlin für Etihad zum Fiasko wurde

Seite 2/2

Ein Albtraum

Als Ausweg schlägt Hogan den Eigentümern vor, andere Fluglinien zu kaufen. „Er erklärte der erstmalig ungeduldigen Herrscherfamilie, dass der Plan damit zwar etwas teurer würde, aber nicht schiefgehen könne“, sagt ein Ex-Etihad-Manager. Die Heimatländer der übernommenen Linien müssten Landerechte gewähren. Mit denen könne Etihad dann wie vorgesehen wachsen.



Ganz so einfach ist es aber nicht. „Die wenigen guten Linien sind nicht zu haben, und was zu haben ist, ist meist ein Sanierungsfall“, warnt der ehemalige Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber schon damals. Zudem verbieten die strengen Regeln des Luftfahrtrechts die Übernahme einer Anteilsmehrheit. Sanierungen lassen sich so schwer durchsetzen. Doch Hogan wischt Einwände vom Tisch. „Wir sind cleverer“, habe seine Standardantwort gelautet, sagt ein Exmanager. „Und weil im Verwaltungsrat keiner die Branche kannte, sah keiner die Risiken.“

Hogans erstes Ziel ist Deutschland. Hier sind die Flugpreise hoch, die vielen Wirtschaftszentren sollen Platz für Neulinge bieten. Und mit Air Berlin gibt es eine passende Fluglinie. Die schreibt zwar Verluste, hat beim Service aber einen tollen Ruf und kann aus ihrem europaweiten Netz die Etihad-Maschinen füllen. „Vor allem aber hatte sie Hartmut Mehdorn als Chef“, sagt ein Ex-Air-Berlin-Aufsichtsrat. Der habe schon als Chef der Deutschen Bahn, des Airbus-Vorläufers Dasa und des Maschinenbauers Heideldruck gelernt, schlechte Zahlen schön- und Zukunftschancen großzureden.

von Yvonne Esterházy, Rüdiger Kiani-Kreß

Tatsächlich gerät Hogan in einen Albtraum. Etihad, mit 250 Millionen Euro bei Air Berlin eingestiegen, muss schon in den ersten 18 Monaten zwei Mal Geld nachschießen. Und im Verwaltungsrat hat er einen schweren Stand. „Die Mitglieder blickten immer wieder fragend auf Gründer Joachim Hunold, der zwar als Chef gescheitert war, aber dank seiner Aktien immer noch in dem Gremium saß und dessen Entscheidungen kräftig beeinflusste“, sagt ein Ex-Etihad-Manager.

Über solche Hindernisse informiert Hogan seinen eigenen Aufsichtsrat lückenhaft. Stattdessen baut er eine Art Schneeballsystem auf, kauft immer mehr Anteile an verlustbringenden Linien. „Damit konnte er begründen, warum Etihad immer wieder die Finanzziele riss“, sagt ein Exmanager. Außerdem ließen die vielen zusätzlichen Passagiere, so habe der Chef es immer wieder erklärt, die Wirtschaft Abu Dhabis um bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr wachsen.

Hogans Spiel kollabiert erst im Sommer 2016. Wegen des niedrigen Ölpreises fliegt die lokale Kundschaft sparsamer, Überkapazitäten im Asienverkehr drücken die Preise. Die Umsätze fallen, die Scheichs erkennen das Ausmaß der Misere. Sie entmachten Hogan und geben Aufsichtsratschef Al Mazrouei als mächtigen Zuarbeiter Ahmed Ali Al Sayegh, den Chef der Finanzaufsicht Abu Dhabi Global Market, als eine Art Aufpasser zur Seite. „Der soll nun das Gröbste richten und verhindern, dass sich die Herrscherfamilie weiter blamiert“, sagt ein Insider.

In dieser zweifelhaften Disziplin haben es die Scheichs schon ziemlich weit gebracht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%