Neue Konkurrenz für Fitnessstudios Das Wohnzimmer-Workout als Gefahr

Kleinhanteln, Yogamatten und Millionen von Video-Workouts: Home-Workouts werden momentan immer beliebter. Quelle: dpa

Hanteln heben, Yoga oder Intervall-Workout - auch im Fitnessbereich zeigt sich in Corona-Zeiten: Vieles geht gut zu Hause. Das könnte die Branche nachhaltig verändern.

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Neidische Blicke auf den Bizeps gibt es im eigenen Wohnzimmer eher selten. Abgesehen davon lässt sich zu Hause aber recht gut Sport treiben, wie viele Menschen jüngst festgestellt haben - Kleinhanteln, Yogamatten und Millionen von Video-Workouts sei Dank. Auch Bewegung an der frischen Luft hat zahlreiche neue Fans gefunden, als die Fitnessstudios geschlossen blieben. Was zunehmend die Frage aufwirft: Kann die gute alte Muckibude das überleben?

Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage, für die der Deutsche Industrieverband für Fitness und Gesundheit (DIFG) im Mai rund 1000 Fitnessstudio-Mitglieder befragen ließ, dürften Betreibern nicht gefallen: Jeder Fünfte gab an, in Zukunft das Fitnessstudio seltener als vor der Krise besuchen zu wollen - oder sogar gar nicht mehr. Gleichzeitig müssen die Studioinhaber die Folgen der Corona-Zwangspause kompensieren. Beiträge müssen in späteren Monaten gutgeschrieben werden, verpasste Neumitgliedschaften schlagen zu Buche. Die Branche rechnet zum Jahresende mit 10 Prozent weniger Mitgliedern als zum Ende des Vorjahres.

„Das Fitnessstudio muss sich neu aufstellen“, sagt der DIFG-Vorsitzende Ralph Scholz. Gefragt sei eine Mischung aus stationärem Training, Online-Kursen für zu Hause und am besten noch Angeboten für draußen. Die Herausforderung werde sein, „das in einen Mitgliedsbeitrag zu pressen“.

Etwas leichter könnten sich damit jene tun, die bereits vor der Krise auf ungewöhnliche Mitgliedschaftsmodelle setzten. Apps wie ClassPass oder Urban Sports Club geben ihren Mitgliedern für einen festen Monatsbeitrag eine große Auswahl verschiedener Sportangebote: Ob Schwimmbad, Yogastudio, Pumpen oder Tanzkurs - die Studios erhalten vom App-Anbieter einen bestimmten Betrag, je nachdem welches Angebot der Kunde über die Fitness-App nutzt.

Schnell stellten sich diese Unternehmen daher auf Online-Betrieb um, als die Krise hereinbrach. Sie boten den Studios an, ihre Kurse zu streamen und die Teilnahme weiterhin über die App zu ermöglichen. Obwohl die Studios mittlerweile wieder geöffnet haben, ist Urban-Sports-Club-Mitgründer Moritz Kreppel sicher: „Die Online-Angebote sind da, um zu bleiben. Eine Kombination von Online und Offline macht absolut Sinn. Die Flexibilität, beides nutzen zu können, ist extrem wichtig.“ Manchen sei es wichtig, nach dem Yoga-Kurs mit Trainer oder Teilnehmern einen Tee zu trinken und in anderen Fällen zu Hause schnell und flexibel mitmachen zu können.

Im Internet konkurrieren die live gestreamten Kurse aus dem Studio um die Ecke allerdings mit zahlreichen vorproduzierten Fitnessvideos von Youtubern, Bloggern oder größeren Unternehmen. Auch Kreppel vom Urban Sports Club will On-Demand-Inhalte für die Zukunft nicht ausschließen. Für das kleine, inhaberbetriebene Fitnessstudio dürfte es schwer werden, mitzuhalten, selbst wenn es sich um einen Online-Offline-Mix bemüht. Ralph Scholz geht davon aus, dass neue Dienstleister entstehen, die Betreibern dabei unter die Arme greifen.

„Fitnessstudios werden schon darum kämpfen müssen, dass sie ihren Kundenstamm wieder zurückerobern“, bestätigt Sportwissenschaftlerin Susanne Tittlbach von der Uni Bayreuth. Die aktuelle Situation, in der Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden müssen, erschwere das zunehmend.

Forscher haben Tittlbach zufolge herausgefunden, dass die Menschen auf dem Höhepunkt der Corona-Krise im Schnitt weniger sportlich aktiv waren. Allerdings gab es eine größer werdende Schere: Ohnehin sportlich aktive Menschen wurden noch sportlicher, während weniger Aktive noch inaktiver wurden. Für Letztere dürfte der Kurs zur festen Zeit am festen Ort, vielleicht sogar in der Gruppe, also auch weiterhin hilfreich sein, um den berühmten Schweinehund zu überwinden.

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