Neuer Lufthansa-Chef Ende der Warteschleife für Carsten Spohr

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Dauerkonflikte entschärfen

Zweiter Grund für das Aufsichtsrats-Zögern bei der Wahl Spohrs ist, dass die Berufung nach wie vor ein wenig zu früh kommt. Zwar hat Spohr sowohl als Leiter des angeschlagenen Frachtgeschäfts wie auch beim Umbau des Passagiergeschäfts bewiesen, dass er auch sanieren kann.

Doch muss Spohr den aktuellen Konzernumbau mit seinen vielen unpopulären Entscheidungen zu Ende bringen, würde ihn das wahrscheinlich seinen Rückhalt in der Belegschaft kosten. Damit ist er am Ende als Konzernführer für den Aufbruch möglicherweise geschwächt, wenn nicht gar verheizt. Denn noch hat er einen breiten Rückhalt im Konzern. "Er würde uns zum Besseren verändern, denn er hat fast alles, was wir an Franz vermissen", gesteht selbst ein führender Gewerkschafter, allen von Spohr veranlassten Einschnitten zum Trotz.

Denn dank seines Talents zur Kommunikation dürfte Spohr für mehr Konsens sorgen und die Dauerkonflikte mit Politikern um steigende Abgaben, mit Kunden um mit niedrigeren Flugpreisen verbundene Einschränkungen beim Service und mit Mitarbeitern um Gehaltskürzungen entschärfen. Zwar war Franz bemüht, seine Pläne den Betroffenen in vielen Versammlungen und Internet-Foren zu erklären. "Doch es bleibt der Eindruck, den bringen wir nicht von seiner Meinung ab, wogegen Spohr zumindest verspricht, Vorschläge zu prüfen", sagt ein Top-Gewerkschafter. Mit seiner technokratischen Wortwahl wirkte Franz zudem auf dem politischen Parkett ungeschickt und fremd, was dem Unternehmen eher schadete.

Der ausgebildete Airbus-Pilot Spohr hingegen bewegt sich dagegen mit der natürlichen Autorität eines Flugkapitäns. Der Akzent seiner Heimatstadt Wanne-Eikel macht ihn glaubhaft, egal, ob er mit einfacheren Mitarbeitern redet oder auf glamourösen Events in München oder Berlin glänzt.

Gleichzeitig dürfte Spohr für bessere Stimmung im Unternehmen sorgen. "Wir gelten doch inzwischen als sturer Sparverein, der das Opfer übermächtiger Konkurrenz ist", sagt ein Manager.

Die Sparprogramme der Lufthansa

Sein Gespür für "Good Vibrations" zeigte Spohr, als die Lufthansa 2012 den ersten Jumbojet Boeing 747-8 bekam. Franz sagte, Flugzeuge seien teuer. Spohr hingegen jubelte, der tolle Flieger lasse die Lufthansa umweltfreundlicher und komfortabler denn je fliegen. Ein Insider: "Wir brauchen einen, der Selbstbewusstsein, Aufbruch sowie Freude am Fliegen vermittelt."
Dass der Aufsichtsrat dennoch zögerte Spohr zu küren, hatte gute Gründe. So sehr das die unter Franz etwas geschundene Lufthansa-Seele auch braucht, sie braucht es eben nicht gerade jetzt wo der Umbau noch nicht vorbei und die Linie noch nicht wieder auf Kurs ist. Denn in der gegenwärtigen Phase "werden Spohrs Stärken wahrscheinlich ein wenig verschenkt", glaubt Shakeel Adam, weltweit tätiger Berater mit engen Kontakten in die Chefetagen der Flugbranche.

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