Neuer Lufthansa-Chef Ende der Warteschleife für Carsten Spohr

Der Chef der Flugpassagiersparte, Carsten Spohr, wird am ersten Mai nach monatelangem Hin und Her endgültig Konzernchef - auch wenn er besser zwei, drei Jahre hätte warten sollen.

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Carsten Spohr wird Nachfolger von Lufthansa-Chef Christoph Franz. Das berichtet das Handelsblatt. Spohr ist seit 2011 im Vorstand der Lufthansa, zuständig für das Passagiergeschäft. Der Bereich muss in Folge des Sparprogramms die härtesten Einschnitte verkraften. Gemeinsam mit Franz führte er viele zähe Verhandlungen mit den Gewerkschaften. Vor knapp 20 Jahren übernahm er das Personalmarketing, später die Zuständigkeit für die Allianzen der Fluggesellschaft, 2007 wurde er Vorstandsvorsitzender der Frachttochter Lufthansa Cargo. Der Vater zweier Töchter stammt aus Wanne-Eickel im Ruhrgebiet. Quelle: dpa

Wenn der Lufthansa-Aufsichtsrat heute Carsten Spohr zum neuen Konzernchef wählt, ist das nach klassischen Maßstäben eigentlich keine Nachricht mehr, sondern ganz kalter Kaffee. Denn seit der heutige Vorstandsvorsitzende Christoph Franz im September überraschend seinen Wechsel an die Spitze des Schweizer Pharmariesen Roche bekannt gab, war für Beschäftigte und Beobachter sofort klar: Es wird Spohr. Dazu melden dies seit Monaten bereits gefühlt ein Dutzend Medien.

Damit endet eine monatelange Hängepartie, die am Ende sowohl Spohr als auch Lufthansa-Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber zu schädigen drohte. Wenn der eine Dax-Konzern wie Lanxess quasi über Nacht einen neuen  Chef küren kann, dann wirkt es etwas unorganisiert und der Aufsichtsrat überfordert. Nun hat das Gremium in letzter Minute die Kurve bekommen, bevor der Schaden zu groß wurde.

Auch wenn Lufthansa-aufsichtsrats-Chef Mayrhuber bis zum Schluss nach einem Manager von außerhalb suchte und für den Top-Job viele Namen kursierten - etwa Stephan Gemkow, Ex-Lufthanseat und heute Chef des Düsseldorfer Mischkonzerns Haniel - , galt Spohr als einzig ernsthafter Kandidat. Der 47-Jährige ist Chef der Passagierflugsparte mit den Marken Lufthansa und Germanwings und verantwortlich für gut 17 Milliarden Euro Umsatz. "An ihm führt kein Weg vorbei", heißt es seit Franz Kündigung unisono bei Arbeitnehmern und auf der Kapitalseite des Aufsichtsrats. Dass Aufsichtsrats-Chef – und Franz‘ Vorgänger - Wolfgang Mayrhuber Spohr am Ende doch nicht sofort küren wollte, hatte gute Gründe.

Carsten Spohr: Pilot und Lufthansa-Kenner

Zum einen wollte Mayrhuber den Regeln guter Unternehmensführung genügen und möglichst breit nach einem Nachfolger suchen. Nur so ließ sich der Verdacht einer Seilschaft ebenso vermeiden, wie die Erleichterung über Franz Abgang. Denn auch wenn der heutige Chef seine Karriere bei der Lufthansa begann und sich mit der ihm eigenen Akribie in die vielen Probleme der Linie eingearbeitet hat. Er ist nie richtig warm geworden mit der Belegschaft und erst nicht mit Mayrhuber.

Dem war es wohl ein wenig unheimlich, wenn nicht gar unangenehm, dass Franz viele der Entscheidungen von Mayrhuber wie das jahrelange Bremsen bei überfälligen Umbauten endlich umkehrte. Das reichte vom überfälligen Schleifen teurer Doppelstrukturen, der Freiheit des konzerneigenen Billigfliegers Germanwings im Kampf gegen die Verluste bei Europaflügen oder die lange verzögerten Investitionen in neue Flieger und einen besseren Service an Bord.

Dazu verpasste er der Lufthansa einen klaren unternehmerischen Fokus auf Effizienz und Leistungsorientierung. Noch ist die Linie im internen Umgang zu oft eine Wohlfühlgesellschaft  und – trotz wachsender Konkurrenz und nachlassender Finanzzahlen - vom Glamour der Weltläufigkeit gelegentlich ebenso berauscht wie von der eigenen Überlegenheit bei Technik und Finesse im fliegerischen Alltagsgeschäft. „Wir haben dieses Jahr ja mehr als genug über Zahlen gesprochen“, stichelte Mayrhuber auf einem Führungskräftetreffen Ende des Jahres in Richtung Franz – als wenn das in diesem Jahr anders sein könnte.

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