Eurocity EC 11, Abfahrt 6.09 Uhr an diesem Sonntag im Hauptbahnhof von Zürich. Es ist der erste reguläre Personenzug, der etwas später durch den neuen Gotthard-Basistunnel fahren wird. Maximal mit Tempo 200, erst später sollen in dem 57 Kilometer langen Tunnel 250 km/h erlaubt sein, so hat es das Bundesamt für den Verkehr verfügt. Um 8.17 Uhr soll der Schnellzug in Lugano an der Alpen-Südseite eintreffen.
Die Reisezeit von Nord nach Süd verkürzt sich dank des neuen Tunnels mit dem Fahrplanwechsel in einem ersten Schritt um 30 Minuten. Ende 2020 könnte es dann eine ganze Stunde Ersparnis sein, wenn der 15 Kilometer lange Ceneri-Tunnel als wichtiges Verbindungsstück nach Süden fertig ist.
Im Güterverkehr geht es aber nicht nur um diesen Zeitgewinn, sondern auch die größere Zahl an Zügen, die die Alpen durchqueren können. Mehr als eine Milliarde Tonnen Fracht sind pro Jahr auf dem Schienenkorridor von Rotterdam an der Nordsee bis Genua am Mittelmeer unterwegs. Prognosen rechnen mit einer Verdoppelung bis zum Jahr 2030, wenn die Kapazität vorhanden ist. Entsprechend weniger Lastwagen auf den Alpentransitstrecken würden gebraucht.
17 Jahre Bauzeit: Die wichtigsten Daten zum Gotthard-Basistunnel
Der Gotthard-Basistunnel ist mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt
Zwischen Erstfeld (Kanton Uri) und Bodio (Kanton Tessin). Die Strecke ist eben, ohne nennenswerte Steigungen und enge Kurven.
Personenzüge sollen in der Regel mit 200 Stundenkilometern fahren, Güterzüge mit 100. Möglich sind Höchstgeschwindigkeiten bis 250 km/h, für Güterzüge zu 160 km/h.
(Nach Endausbau ab 2020): 45 Minuten zwischen Zürich und Lugano.
Statt 180 Güterzüge pro Tag - wie im alten Gotthard-Tunnel - können 260 Güterzüge verkehren. Hinzu kommen 65 Personenzüge. Die ebene Strecke auf nur 530 Meter über dem Meeresspiegel macht längere Züge mit mehr Gewicht, weniger Loks und kürzere Fahrtzeiten möglich.
Weite Teile des Güterverkehrs durch die Alpen sollen künftig von der Straße auf die Schiene verlagert werden können.
2400 Beschäftigte waren in Spitzenzeiten tätig, gearbeitet wurde rund um die Uhr in drei Schichten.
Für die beiden einspurigen Hauptröhren sowie die Sicherheits-, Belüftungs- und Querstollen wurde 152 Kilometer lange Strecken aus dem Gestein gebrochen - insgesamt 28,2 Millionen Tonnen.
23 Milliarden Franken (21,5 Mrd. Euro) - einschließlich der Nebentunnel (Lötschberg und Ceneri) sowie Gleis- und Bahntechnik.
„Das wird erst in einigen Jahren in vollem Umfang spürbar werden“, sagt Artin Adjemian, Verkehrsexperte bei der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar in Mannheim. Noch seien wichtige Zubringerstrecken im Südwesten Deutschland überlastet. „Da gibt es noch einige Baustellen.“ Die exportorientierte Wirtschaft in der Region freue sich dennoch über den neuen Gotthard-Tunnel.
Positiv sei, dass die Ausbaustrecke Stuttgart-Singen und dann weiter bis zur Schweizer Grenze nun auch zu den Projekten gehöre, die als „vordringlicher Bedarf“ im Bundesverkehrswegeplan bis zum Jahr 2030 ausgewiesen seien. Ebenso müssten noch die Rheintalbahn von Karlsruhe nach Basel und die Südbahn von Ulm nach Friedrichshafen erweitert werden.
Bei der Eröffnungsfeier für den Basistunnel am 1. Juni, dem eine halbjährige Testphase mit rund 5000 Güter- und Personenzügen folgte, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel schon gesagt: „Wir wissen, dass wir verspätet sind.“ Die Bundesrepublik sei durch die Eröffnung aber angespornt.
Bereits heute fahren rund die Hälfte der alpenquerenden Transporte der Deutsche-Bahn-Tochter DB Cargo durch die Schweiz, wie ein Bahnsprecher berichtet. Ein Drittel aller Güterzugfahrten am Gotthard würden im Auftrag von Kunden aus der Montan- und Logistikbranche abgewickelt. „Der weitere Verlagerungseffekt auf die Schiene ist noch nicht sofort spürbar“, heißt es bei der Bahn angesichts der Engpässe bei den Anschlussstrecken. DB Cargo erwarte erst mit Öffnung des Ceneri-Tunnels ab 2021 ein Wachstum von fünf Prozent jährlich.
Die flache Anfahrt zum Gotthard-Basistunnel ist dessen größter Vorteil: Sie erlaubt im Unterschied zur historischen Bergstrecke längere Züge mit größerem Gewicht, weniger Loks und kürzere Fahrzeiten. Statt bisher 180 Güterzüge pro Tag können es künftig bis zu 260 sein.
Für Reisende verkehren nun erst einmal der EC Zürich-Mailand, der IC Zürich-Lugano und der IC Basel-Lugano im Zwei-Stunden-Takt. Insgesamt sind es rund 50 Personenzüge täglich. Zudem soll im Dezember 2017 eine tägliche Direktverbindung Frankfurt-Mailand durch die Schweiz eingerichtet werden.