Nürburgring-Verkauf Der Ring-Kampf geht in Brüssel weiter

Drei neue Beschwerden gegen den Ablauf des Nürburgring-Verkaufs beschäftigen die EU-Kommission in Brüssel. Besonders heftige Vorwürfe machen die Beschwerdeführer den Insolvenzverwaltern.

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Lief der Verkaufsprozess europarechtskonform ab? Der EU-Kommission liegen drei neue Beschwerden gegen den Ablauf des Nürburgring-Verkaufs vor. Quelle: dpa

Am 1. Oktober hielt EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia in Brüssel eine bemerkenswerte Pressekonferenz ab. Ungewohnt-unmissverständlich kritisierte er die rheinland-pfälzische Landesregierung. „Im Falle des Nürburgrings verstießen die Fördermaßnahmen ganz klar gegen die Beihilfevorschriften“, sagte Almunia mit Blick auf die halbe Milliarde Euro, die das Land als bisheriger Haupteigentümer rund um die Rennstrecke versenkt hat.

Doch mit der Ohrfeige wegen der Beihilfen hatte sich die rheinland-pfälzische Landesregierung um Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) schon lange abgefunden.

Viel wichtiger war der Mainzer Politik und den Nürburgring-Insolvenzverwaltern, dass wenigstens der Verkauf der Rennstrecken an die Bietergemeinschaft aus dem Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn und der Motorsportfirma Getspeed aus Meuspath am Nürburgring als europarechtskonform abgesegnet wird. Auch das tat die Kommission. Eine heftig umstrittene Entscheidung. „Genossenfilz“, schimpfte der rheinland-pfälzische CDU-Europaabgeordnete Werner Langen über das Vorgehen des spanischen Sozialisten Almunia. Und legte später nach: „Die Kommission hat sich auf das Lügengebäude der Konkursverwalter verlassen.“

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Drei Beschwerden in Brüssel

Nun wird Almunias Erbe zur Bürde für seine Nachfolgerin Margrethe Vestager, die das Amt am 1. November von Almunia übernommen hat. Die Dänin muss sich mit drei neuen Beschwerden zum Nürburgring-Verkaufsprozess auseinandersetzen. Der Brite Meyrick Cox und der US-Finanzinvestor HIG Capital, die in einem Konsortium gemeinsam mitgeboten hatten, haben sich bei der Kommission beschwert, dass beim Verkauf des Nürburgrings nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Das amerikanische Technologieunternehmen Nexovation sieht ebenfalls Europarechtsverstöße, genauso wie der gemeinnützige Verein Ja zum Nürburgring e.V. um ADAC-Ehrenpräsident Otto Flimm.

In den Beschwerden, die der WirtschaftsWoche vorliegen, fordern sie die Kommission auf, den umstrittenen Beschluss vom 1. Oktober zu widerrufen und ihre Untersuchungen, ob der Verkaufsprozess europarechtskonform abgelaufen war, neu aufzurollen. Gegen Insolvenz-Sachwalter Jens Lieser und Sanierungsgeschäftsführer Thomas Schmidt, die den Verkaufsprozess mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG organisiert hatten, erheben die Beschwerdeführer schwere Vorwürfe. „Wir haben es jetzt satt, uns weiter an der Nase herumführen zu lassen“, sagt Flimm, die Landesregierung und die Insolvenzverwalter tragen die Verantwortung dafür, dass die Zukunft des Nürburgrings noch auf Jahre hinaus unsicher sein wird.“

Zwei große Knackpunkte

Alle Beschwerden verweisen unter anderem auf Recherchen der WirtschaftsWoche, die Anfang November diverse Ungereimtheiten rund um den Verkaufsprozess enthüllt hatte. Recherchen, die darlegten, wie wenig die angeblich gesicherte Finanzierung von Capricorn taugte, wie fragwürdig die Insolvenzverwalter die Kommission über den Verkaufsprozess informierten und wie sie Capricorn-Chef Wild entmachteten, um seine Anteile an der Nürburgring-Käuferfirma weiter zu verschachern. Angeblich über einen unabhängigen Treuhänder, der aber über eine zwischengeschaltete Firma just Anwälten der Kanzlei gehörte, von denen sich die Insolvenzverwalter beraten ließen und lassen.

Zwei zentrale Knackpunkte zeichnen sich in den Beschwerden ab: Die Finanzierung des ursprünglichen Käufers Capricorn und der Ablauf des Weiterverkaufs der Capricorn-Anteile an der Nürburgring-Käuferfirma Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH (CNBG). Ende Oktober hatte eine Investorengruppe um den russischen Magnaten Viktor Charitonin zwei Drittel der CNBG-Anteile von Capricorn übernommen, ein Drittel verblieb bei Getspeed, einer Motorsportfirma des früheren Boston-Consulting-Group-Beraters Axel Heinemann.

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