Der Verkaufsprozess musste europarechtskonform ablaufen, weil die EU-Kommission wegen der Investitionen des Landes Rheinland-Pfalz an der Rennstrecke schon 2012 ein Beihilfeverfahren eröffnet hatte. Unter der Führung des früheren Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) versenkte die Landesregierung rund eine halbe Milliarde Euro in der Eifel. Alleine 330 Millionen entfielen auf einen monströsen Komplex mit Freizeitpark, Achterbahn, Rennsport-Museum, Hotels, Disco, Restaurants, Feriendorf, Veranstaltungsräumen und einem Shopping-Boulevard. Damit die wettbewerbsverzerrenden Beihilfen nicht auf den Käufer übergehen, muss der Verkaufsprozess offen, transparent, bedingungs- und diskriminierungsfrei ablaufen.
Genau daran haben die Beschwerdeführer massive Zweifel. Das Transparenzkriterium erfordert nämlich, dass den Bietern die Auswahlkriterien vorab mitgeteilt werden. So wissen sie, worauf es bei ihrem Angebot ankommt und der Verkäufer kann hinterher nicht mit willkürlichen Kriterien einen bevorzugten Bieter durchboxen. Zu den Kriterien, die den Bietern mitgeteilt worden waren, zählte die Finanzierungssicherheit. Die aber hat nach Auffassung der Beschwerdeführer nicht vorgelegen, als Capricorn und Getspeed im März den Zuschlag erhielten.
Finanzierung stand nicht
Den Großteil des offiziell ausgewiesenen Kaufpreises von 77 Millionen Euro wies Capricorn mit einer Finanzierung über die Deutsche Bank in Höhe von 45 Millionen Euro nach. Diese aber kam nie zustande.
„Capricorn hat den Schlüsseltest, nämlich in der Lage zu sein, die Transaktion zu finanzieren, nicht bestanden“, schreibt Cox der Kommission. Mehr noch: Die Beschwerdeführer gehen auch davon aus, dass die Kommission irreführend über die Finanzierung informiert wurde. Laut ihrem Beschluss vom 1. Oktober scheint die Kommission die Finanzierungszusage gar nicht selbst geprüft zu haben.
Die Kommission stützt sich stattdessen auf eine Stellungnahme der Insolvenzverwalter, die mitgeteilt hatten, die Deutsche Bank habe „ihr Finanzierungsangebot nach einer umfassenden rechtlichen und finanziellen Due Diligence bestätigt und ihre Finanzierungsbestätigung nie aufgehoben.“ Allerdings lief sie aus, ohne dass sie je in Anspruch genommen worden wäre. Als Wild die Ende Juli fällige zweite Kaufpreisrate von fünf Millionen Euro nicht bedienen konnte, verpflichteten ihn die Insolvenzverwalter in der Stundungs- und Sicherungsvereinbarung dazu, schnellstmöglich eine neue Finanzierung für die Fremdkapitalrate zu besorgen und die Insolvenzverwalter wöchentlich über die Entwicklung zu benachrichtigen. Anhaltspunkte, dass die Kommission hiervon wusste, finden sich in dem Beschluss nicht.
Kommission falsch informiert?
Das alleine bedeute bereits, dass „der Prozess nicht fair, offen und transparent war, weil ein Bieter ohne adäquate finanzielle Ressourcen ausgewählt wurde“, schreibt Cox der Kommission. „Wir sehen keinerlei Transaktionssicherheit bei Capricorn, obwohl diese von den Verkäufern in ihren zuvor aufgestellten Regeln zum Verkaufsprozessverlangt worden war“, schreiben die Anwälte der Kanzlei Norton Rose Fulbright, die Nexovation vertreten, in ihrer Beschwerde. Ja zum Nürburgring schreibt: „Der Closing-Kaufpreis musste noch finanziert werden. Die Kommission wurde somit bewusst falsch informiert.“ Ein Sprecher der Insolvenzverwalter wollte die Beschwerden auf Anfrage nicht kommentieren.
Nach dem Ausfall der zweiten Kaufpreisrate musste Wild zusätzliche Sicherheiten stellen, unter anderem seine private Kunstsammlung. Wie sich später herausstellen sollte, war diese jedoch bereits anderweitig verpfändet. Schon für den Zuschlag im März hatte Wild umfangreiche Sicherheiten gestellt, unter anderem eine Briefgrundschuld auf seine Villa im noblen Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel und eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Hier zeigte sich jedoch im Nachhinein, dass die Villa stärker mit anderen, vorrangigen Grundschulden belastet war, als die Insolvenzverwalter zunächst angenommen hatten, und dass Zweifel an der Werthaltigkeit von Wilds persönlicher Bürgschaft angebracht gewesen wären.