Nürburgring-Verkauf Der Ring-Kampf geht in Brüssel weiter

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Pfändungen und Kündigungen

Noch im Februar dieses Jahres, im Monat vor dem Zuschlag, war für Wilds Privatkonto bei HSBC Trinkaus & Burkhardt eine Arrestmeldung über mehr als neun Millionen Euro bei der Gerichtsvollzieherstelle des Amtsgerichts Düsseldorf eingegangen und die Vollstreckung angekündigt worden. Mit dem Schreiben erwirkte ein Gläubiger Wilds ein vorläufiges Zahlungsverbot der Bank. Wie Dieter Frey, der Kölner Anwalt des Vereins Ja zum Nürburgring, in seiner Beschwerde schreibt, waren somit auch „die von Deutschland beziehungsweise den Insolvenzverwaltern übermittelten Informationen zur Solvabilität des Erwerbers unrichtig“.

Als die Insolvenzverwalter die doppelte Verpfändung der Kunstsammlung entdeckten, musste Wild seine CNBG-Anteile Anfang Oktober an einen Treuhänder übertragen, der sie dann später an die Holding der Gruppe um Charitonin weiterverkaufte. Bislang hatte der Sprecher der Insolvenzverwalter betont, dass der Treuhänder unabhängig agiert habe, doch auch daran haben die Beschwerdeführer erhebliche Zweifel. Sie glauben, dass die Insolvenzverwalter Einfluss genommen haben und der Verkaufsprozess somit fortgeführt wurde – auf intransparente und damit unzulässige Weise. Zudem soll auch KPMG involviert gewesen sein und für den Weiterverkauf einen Datenraum bereitgestellt haben, wie schon im ursprünglichen Verkaufsprozess.

Die größten Investitionsruinen Deutschlands
Flughafen ZweibrückenNach dem insolventen Nürburgring steht ein weiteres Projekt mit Steuergeld in Rheinland-Pfalz vor dem finanziellen Crash: Der Flughafen Zweibrücken in der Pfalz wird nach Ansicht von Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) Insolvenz anmelden müssen. Er rechne damit, dass die EU-Kommission die Rückzahlung von bis zu 56 Millionen Euro staatlicher Beihilfen fordern werde, sagte Lewentz. Der Flughafen Zweibrücken - wie der verschuldete Airport Frankfurt-Hahn ein früheres Militärgelände - hatte 2012 ein Minus von 4,6 Millionen Euro eingefahren, das er im vergangenen Jahr nach Ministeriumsangaben auf knapp 3 Millionen Euro drückte. Der Flughafen befindet sich zur Hälfte in Hand des Landes und zur Hälfte in kommunaler Hand. Er liegt nur rund 30 Kilometer vom Flughafen Saarbrücken entfernt. Die neuen Flugleitlinien der EU-Kommission verbieten Subventionen für zwei Airports, die weniger als 100 Kilometer auseinanderliegen. Quelle: dpa/dpaweb
Eine Maschine der Lufthansa überquert die Landebahn des Flughafens Leipzig/Halle Quelle: Uwe Schoßig
Freizeitpark am Nürburgring Quelle: dpa
Ein Transrapid TR 09 steht auf der Teststrecke im Emsland Quelle: dpa
Menschen verspeisen Kaffee und Kuchen im Reaktorhauptgebaeude des Kernkraftwerkes Kalkar Quelle: AP
Aussenansicht der Halle des Tropical Islands Resorts Quelle: dpa/dpaweb
Passanten vor dem Dortmunder U-Turm Quelle: PR

Zweifel an Unabhängigkeit des Treuhänders

Die Treuhandfirma namens W Special Situations GmbH – auch das enthüllte die WirtschaftsWoche Anfang November – gehört mittelbar vier Anwälten der Kanzlei Weil, Gotshal & Manges. Es ist dieselbe Kanzlei, die auch die Insolvenzverwalter beraten hat und nach wie vor berät. Einer der Anwälte, die an der Treuhandfirma beteiligt sind, leitete zugleich das Team, das die Nürburgring-Gesellschaften berät: Gerhard Schmidt. „Der zweite Verkaufsprozess wurde nicht in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren durchgeführt“, rügt Nexovation in seiner Beschwerde. „Es gab keine öffentliche Ankündigung zum Weiterverkauf der Vermögenswerte und andere interessierte Dritte konnten sich nicht an diesem Prozess beteiligen.“

„Ein Deal hinter verschlossenen Türen”, beklagt sich auch Cox, sei da lange nach dem offiziellen Ende des Verkaufsprozesses geschlossen worden. „Das macht die bisherige Transaktion zu einer Farce und ist eine Verhöhnung der EU-Untersuchung.“ Und auch Ja zum Nürburgring will den Weiterverkauf nicht hinnehmen. Die Insolvenzverwalter hätten selbst und über die von ihnen beauftragten Anwälte mittels der Treuhandgesellschaft „massiv in den laufenden Veräußerungsprozess“ eingegriffen. „Alle beschriebenen Maßnahmen zum Austausch des (wirtschaftlichen) Erwerbers wurden streng geheim gehalten. Selbst der Gläubigerausschuss wurde über die Weiterveräußerung der Vermögensgegenstände des Nürburgrings nicht informiert. Von einem offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bieterverfahren, welches nach den beihilferechtlichen Anforderungen durchgeführt wurde, kann erst recht keine Rede sein.“

Neue Untersuchung der Kommission gefordert

In der Bewertung sind sich die Beschwerdeführer einig: Die Kommission soll ihre Entscheidung vom 1. Oktober widerrufen und damit den Weg für eine komplette Neuausschreibung frei machen. Cox schreibt der Kommission: „Aus Sicht unserer Gruppe scheint der einzige Weg, auf dem die Beihilfen beseitigt werden können, der Start eines neuen Verkaufsprozesses zu sein, mit einem anderen Insolvenzverwalter und einem neuen Dienstleister, der den Verkaufsprozess organisiert. Herr Lieser und Herr Schmidt haben gezeigt, dass sie außerstande sind, einen offenen, fairen und transparenten Verkaufsprozess zu überwachen; KPMG hat sich selbst als unfähig herausgestellt, den Verantwortlichen in solch einem Prozess adäquaten Rat zur Verfügung zu stellen.“

Nexovation fordert: „Weil die Kommission ihre Entscheidung auf falsche, unvollständige und irreführende Informationen gestützt hat, sollte sie die Untersuchung zum Verkauf der Vermögenswerte (wieder)eröffnen und feststellen, dass der Verkauf nicht in Einklang mit den Prinzipien des EU-Beihilfenrechts erfolgte.“ Diese Forderung erhebt auch Ja zum Nürburgring, da der Kommission „unrichtige Informationen von erheblicher Bedeutung für die letztendlich erfolgte beihilfenrechtliche Freigabe des Verkaufs der Nürburgring-Vermögensgegenstände übermittelt“ worden waren. Diese seien zudem „entscheidungserheblich für den Beschluss der Kommission vom 1. Oktober“ gewesen.

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