Noch im Februar dieses Jahres, im Monat vor dem Zuschlag, war für Wilds Privatkonto bei HSBC Trinkaus & Burkhardt eine Arrestmeldung über mehr als neun Millionen Euro bei der Gerichtsvollzieherstelle des Amtsgerichts Düsseldorf eingegangen und die Vollstreckung angekündigt worden. Mit dem Schreiben erwirkte ein Gläubiger Wilds ein vorläufiges Zahlungsverbot der Bank. Wie Dieter Frey, der Kölner Anwalt des Vereins Ja zum Nürburgring, in seiner Beschwerde schreibt, waren somit auch „die von Deutschland beziehungsweise den Insolvenzverwaltern übermittelten Informationen zur Solvabilität des Erwerbers unrichtig“.
Als die Insolvenzverwalter die doppelte Verpfändung der Kunstsammlung entdeckten, musste Wild seine CNBG-Anteile Anfang Oktober an einen Treuhänder übertragen, der sie dann später an die Holding der Gruppe um Charitonin weiterverkaufte. Bislang hatte der Sprecher der Insolvenzverwalter betont, dass der Treuhänder unabhängig agiert habe, doch auch daran haben die Beschwerdeführer erhebliche Zweifel. Sie glauben, dass die Insolvenzverwalter Einfluss genommen haben und der Verkaufsprozess somit fortgeführt wurde – auf intransparente und damit unzulässige Weise. Zudem soll auch KPMG involviert gewesen sein und für den Weiterverkauf einen Datenraum bereitgestellt haben, wie schon im ursprünglichen Verkaufsprozess.
Zweifel an Unabhängigkeit des Treuhänders
Die Treuhandfirma namens W Special Situations GmbH – auch das enthüllte die WirtschaftsWoche Anfang November – gehört mittelbar vier Anwälten der Kanzlei Weil, Gotshal & Manges. Es ist dieselbe Kanzlei, die auch die Insolvenzverwalter beraten hat und nach wie vor berät. Einer der Anwälte, die an der Treuhandfirma beteiligt sind, leitete zugleich das Team, das die Nürburgring-Gesellschaften berät: Gerhard Schmidt. „Der zweite Verkaufsprozess wurde nicht in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren durchgeführt“, rügt Nexovation in seiner Beschwerde. „Es gab keine öffentliche Ankündigung zum Weiterverkauf der Vermögenswerte und andere interessierte Dritte konnten sich nicht an diesem Prozess beteiligen.“
„Ein Deal hinter verschlossenen Türen”, beklagt sich auch Cox, sei da lange nach dem offiziellen Ende des Verkaufsprozesses geschlossen worden. „Das macht die bisherige Transaktion zu einer Farce und ist eine Verhöhnung der EU-Untersuchung.“ Und auch Ja zum Nürburgring will den Weiterverkauf nicht hinnehmen. Die Insolvenzverwalter hätten selbst und über die von ihnen beauftragten Anwälte mittels der Treuhandgesellschaft „massiv in den laufenden Veräußerungsprozess“ eingegriffen. „Alle beschriebenen Maßnahmen zum Austausch des (wirtschaftlichen) Erwerbers wurden streng geheim gehalten. Selbst der Gläubigerausschuss wurde über die Weiterveräußerung der Vermögensgegenstände des Nürburgrings nicht informiert. Von einem offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bieterverfahren, welches nach den beihilferechtlichen Anforderungen durchgeführt wurde, kann erst recht keine Rede sein.“
Neue Untersuchung der Kommission gefordert
In der Bewertung sind sich die Beschwerdeführer einig: Die Kommission soll ihre Entscheidung vom 1. Oktober widerrufen und damit den Weg für eine komplette Neuausschreibung frei machen. Cox schreibt der Kommission: „Aus Sicht unserer Gruppe scheint der einzige Weg, auf dem die Beihilfen beseitigt werden können, der Start eines neuen Verkaufsprozesses zu sein, mit einem anderen Insolvenzverwalter und einem neuen Dienstleister, der den Verkaufsprozess organisiert. Herr Lieser und Herr Schmidt haben gezeigt, dass sie außerstande sind, einen offenen, fairen und transparenten Verkaufsprozess zu überwachen; KPMG hat sich selbst als unfähig herausgestellt, den Verantwortlichen in solch einem Prozess adäquaten Rat zur Verfügung zu stellen.“
Nexovation fordert: „Weil die Kommission ihre Entscheidung auf falsche, unvollständige und irreführende Informationen gestützt hat, sollte sie die Untersuchung zum Verkauf der Vermögenswerte (wieder)eröffnen und feststellen, dass der Verkauf nicht in Einklang mit den Prinzipien des EU-Beihilfenrechts erfolgte.“ Diese Forderung erhebt auch Ja zum Nürburgring, da der Kommission „unrichtige Informationen von erheblicher Bedeutung für die letztendlich erfolgte beihilfenrechtliche Freigabe des Verkaufs der Nürburgring-Vermögensgegenstände übermittelt“ worden waren. Diese seien zudem „entscheidungserheblich für den Beschluss der Kommission vom 1. Oktober“ gewesen.