Oliver Rohrbeck "Wir wollen das Ding nicht überdrehen"

Im Hörspiel-Klassiker „Die drei ???“ spricht er seit bald 35 Jahren den Junior-Detektiv Justus Jonas und leiht regelmäßig Hollywood-Star Ben Stiller seine Stimme: Synchronsprecher Oliver Rohrbecks Timbre ist schwer gefragt. Neben seiner Sprecher-Karriere ist der Berliner aber auch als Unternehmer erfolgreich.

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Synchronsprecher des Junior-Detektivs Justus Jonas, Oliver Rohrbeck (links), im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Rohrbeck, seit 1979, also seit beinahe 35 Jahren, naja: verkörpert Ihre Stimme den Ersten Detektiv Justus Jonas im Hörspiel „Die drei ???“ – kennt irgendjemand die Reihe besser als Sie?

Oliver Rohrbeck: Es hört sich vielleicht seltsam an, aber die- oder denjenigen gibt es ganz bestimmt. Und das liegt schlicht daran, dass ich zwar seit so langer Zeit zusammen mit Andreas Fröhlich und Jens Wawrczeck die „drei ???“-Hörspiele spreche. Aber wir treffen uns zu den Aufnahmen, nehmen eine Folge in drei Tagen auf, und das war es dann. Dann liegen die Bänder bei mir daheim, aber ich gehe ja nicht jeden Abend an mein Regal mit Musikkassetten und suche mir heute mal Fall 132 raus. Da sind die treuen „???“-Fans ganz anders: Sie hören das viel öfter und kennen die einzelnen Geschichten meist viel besser als wir Sprecher.

Hatten Sie mit so vielen Fans gerechnet, als Sie 2002 erstmals mit dem Hörspiel live auf Tournee gegangen sind?

Im Leben nicht - wir waren ehrlich gesagt ziemlich baff über die Resonanz: Wir hatten erwartet, wenn es hoch kommt vor maximal 400 Leuten aufzutreten, in Büchereien oder so was. Tatsächlich hatten wir bei der ersten Show schon mehr als 1800 Zuschauer im Audimax in Hamburg. Während dieser Tour haben wir gespürt, dass es bei den „drei ???“-Fans offenbar einen sehr großen Bedarf danach gibt, zusammen zu kommen. Denn es hören zwar sehr viele Menschen seit ihrer Kindheit diese Kassetten und CDs. Das tun sie aber natürlich meistens zu Hause. Deshalb kamen sich die meisten wohl auch schon etwas komisch vor, auch als 30-Jähriger Erwachsener immer noch gern mal so ein Hörspiel wie früher zum Einschlafen aufzulegen. Und dann kamen die zu uns zum Live-Hörspiel und haben sich plötzlich unglaublich wohlgefühlt, mit so vielen Gleichgesinnten zusammen ihren Kindheitshelden zu lauschen. Da haben sie gemerkt: Eigentlich bin ich ziemlich normal.

Die guten alten Zeiten

Offenbar hatten Sie damals einen Nerv getroffen – gab das auch den Ausschlag dafür, seitdem eine Woche vor der Veröffentlichung eines neuen Hörspiels an wechselnden Orten den Fans das neue Stück vorzuspielen?

Ja, nachdem wir festgestellt hatten, dass es da ganz offensichtlich bei den Fans eine echte Nachfrage gab, gemeinsam den Abenteuern von Justus, Bob und Peter zu lauschen, haben wir das 2004 als regelmäßige Veranstaltung eingeführt. Ich hatte kurz zuvor in Berlin das Unternehmen Lauscherlounge gegründet, wo wir auch Klassiker und andere Hörspiele aufnehmen, aber eben seitdem auch die sogenannten Record Release Partys veranstalten. Die waren vom Start weg gut besucht und werden immer noch größer. Wir haben seitdem keinen Fall mehr ausgelassen.

"Eine gewachsene und stabile Marke"

Die größten Mediendeals
Washington PostAmazon-Gründer Jeff Bezos kauft das Traditionsblatt Washington Post. 250 Millionen Dollar bezahlt er für die Tageszeitung. Der Chef des Washington-Post-Konzerns, Donald Graham, entschloss sich nach eigenen Worten Anfang des Jahres zu einem Verkauf, um der Zeitung die Chance zu einem Neustart zu geben. Daraufhin habe die Investmentbank Allen & Co rund ein Dutzend mögliche Interessenten angesprochen - darunter Bezos, der zunächst nicht als wahrscheinlichen Käufer galt. "Ich nannte einen Preis und Jeff war einverstanden." Die "Post" befand sich seit 80 Jahren im Besitz der Familie Graham und ist eine der einflussreichsten Zeitungen in den USA. In den 1970er Jahren enthüllte sie unter der Herausgeberin Katherine Graham den Watergate-Skandal, der zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon 1974 führte. Quelle: dpa
Springer-Funke-DealDer Axel Springer Verlag verkauft Ende Juli 2013 die Berliner Morgenpost, das Hamburger Abendblatt und eine Reihe von TV- und Frauen-Zeitschriften, darunter Bild der Frau, Funk Uhr und Hörzu an German publisher Axel Springer an die Funke Mediengruppe - ehemals WAZ-Gruppe. Funke bezahlt 920 Millionen Euro für die Titel. Springer setzt damit seine Strategie, das führende digitale Medienunternehmen zu werden, konsequent um. Man wolle sich noch stärker auf die Kernmarken Welt- und Bild-Gruppe mit den dazugehörigen Zeitschriftenmarken Auto-Bild, Computer-Bild und Sport-Bild konzentrieren. Außerdem will Springer die Online-Rubrikenmärkte und digitalen Vermarktungsplattformen weiter ausbauen. Quelle: REUTERS
Boston GlobeBoston-Red-Sox und FC-Liverpool-Eigentümer John Henry kauft Anfang August 2013 für 70 Millionen Dollar den „Boston Globe“. Die Traditionszeitung erschien bisher im Verlag der New York Times. Die Gruppe hat in den vergangenen Monaten bereits Beteiligungen an mehreren anderen Lokalzeitungen abgestoßen, um sich auf ihre Kernmarke zu konzentrieren. Quelle: dpa
NewsweekDas Newsweek-Magazin war einmal eines der einflussreichsten Nachrichtenblätter der USA. Anfang August 2013 kaufte das Online-Verlagshaus IBT Media den Titel von IAC. Die Marke soll überleben, allerdings nur im Internet. Die letzte Printausgabe war bereits im Dezember 2012 erschienen. Ursprünglich gehörte das Magazin zur Washington-Post-Gruppe. 2010 übernahm der kalifornische Milliardär Sidney Harman das Magazin für den symbolischen Preis von einem Dollar. Newsweek hat zu diesem Zeitpunkt bereits rund 30 Millionen Euro Schulden. Unter Harman verschmolz die Online-Ausgabe der Newsweek mit dem Nachrichtenportal "The Daily Beast" der IAC. Quelle: dpa
Frankfurter RundschauDie Qualitätszeitung aus dem DuMont-Verlag meldet am 12. November 2012 Insolvenz an. Das Blatt hat Verluste in Höhe von 16 Millionen Euro eingefahren. Ende Februar 2013 stimmt das Bundeskartellamt einer Übernahme durch neue Gesellschafter zu. Ab 1. März erscheint die FR in der unabhängigen Verlags- und Redaktionsgesellschaft „Frankfurter Rundschau GmbH“ . Gesellschafter sind mit 55 Prozent der Anteile die Frankfurter Societät GmbH, mit 35 Prozent der Verlag dieser Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, und mit zehn Prozent die Karl Gerold Stiftung. Quelle: dpa
Ein ZeitungsimperiumWarren Buffett - der drittreichste Mann der Welt kauft seit Ende 2011 gezielt US-Zeitungen auf, vornehmlich Regionalzeitungen ohne Wettbewerber. 28 Tageszeitungen hat er seitdem für die Mediensparte seines Konzerns Berkshire Hathaway erworben. Im Schnitt hat er nur zwölf Millionen pro Marke ausgegeben. Fast siebzig Zeitungen gehören zu Buffetts Reich. Berkshire Hathaway hat schon immer in Tageszeitungen investiert und ist als größter Einzelaktionär der Washington Post Mediengruppe auch an der Washington Post beteiligt. Quelle: AP

Zahlen Sie als Lauscherlounge dafür eine Lizenz an Sony oder an Europa?

Nein , das ist eher eine Fanveranstaltung und nicht etwas, was nun extremen Gewinn abwirft. Bei den Fans ist das sehr beliebt und Sony weiß das zu schätzen. Klar ist: Diese Veranstaltungen müssen sich selber tragen, niemand möchte draufzahlen. Aber es ist kein echtes eigenständiges Geschäftsmodell, dafür reicht das allein nicht aus. Wenn ich jetzt noch etwas an Sony abführen müsste, müsste ich die Eintrittspreise erhöhen und keiner der Beteiligten ist daran interessiert, dass es plötzlich in Fankreisen heißt, alles, was mit „drei ???“ zu tun hat, werde nun plötzlich teuer. Wir bemühen uns alle, den Fans zu signalisieren, dass solche Veranstaltungen wirklich für sie gedacht sind.

Kommen die Fans wegen den „drei ???“ oder wegen den drei Sprechern?

Es ist sicher eine Mischung aus beidem. Wir geben nun mal einer Sache, die eigentlich nur im Kopf der Zuhörer und Leser stattfindet, ein Gesicht und einen Ort. Aber ich glaube nicht, dass die Zuhörer sich unsere Gesichter vorstellen, wenn sie daheim ihre Kassette anhören. Justus sieht sicher nicht so aus wie ich, der hat wahrscheinlich so viele Gesichter wie Fans. Wir sind eher der Verbindungsbogen, das, was die Marke für sie greifbar macht. Es kommt noch etwas hinzu: Wir werden alle gemeinsam älter. Wir drei Sprecher machen das jetzt seit mehr als 30 Jahren, und die Menschen hören das ebenso lange. Das verbindet uns. Die Marke dagegen wird nicht wirklich älter – es bleibt ja ganz bewusst immer im ungefähren, wann die Geschichten spielen. „Die drei ???“ spielen in ihrem eigenen zeitlosen Kosmos.

Seit bald 35 Jahren spricht Oliver Rohrbeck den Junior-Detektiv Justus Jonas im Hörspiel-Klassiker „Die drei ???“. Quelle: dpa

Die Zuhörer klinken sich aus…

…genau, unsere Stimmen holen die Menschen raus aus ihrem Stress-Alltag. Die sagen sich abends: Im Job hatte ich Stress, die Beziehung ist womöglich gerade anstrengend, da haue ich mich heute mal früher ins Bett, wie früher als Kind, wo mir die Mami noch ein Glas Milch ans Bett gebracht hat, und dann bin ich dabei eingeschlummert. Deshalb sind die „drei ???“ auch so eine gewachsene und stabile Marke. Solange man die Fans nicht nervt oder mit 1.000 Dingen überfällt, bleibt das auch so.

Bei der Präsentation der 165. Hörspielfolge Ende November in Marburg kamen weit mehr als 400 Zuhörer – ist das normal bei Ihren Veranstaltungen? Sind da immer schon Hundertschaften angerückt?

Das war von Anfang an so: Angefangen haben wir 2004 in Hamburg, wo wir das Museumsfrachtschiff „Kap San Diego“ dafür gemietet hatten. Für den Anlass hatten wir extra 50 Sitzsäcke gekauft; die haben wir uns in Berlin aufs Auto geladen und sind damit nach Hamburg gefahren, weil die Leute beim Zuhören unheimlich gern auf dem Boden liegen oder dabei kuscheln. Und da passten damals schon so etwa 350 bis 400 Leute rein. In München oder auch in Bielefeld hatten wir mal 700 Leute. Und es wächst weiter – wir sehen zu, dass wir immer wieder auch in neue Städte gehen. Und wir machen auch Neues: Im Sommer hatten wir drei Rocky Beach Partys unabhängig von einer Neuveröffentlichung – das ist ein bisschen wie Kindergeburtstag: Wir verlosen CDs und T-Shirts, ich mache eine Mitmachthörspiel und wir machen ein „drei ???“-Rätsel. Damit waren wir beispielsweise in einem Strandbad am Essener Baldeneysee – da kamen 1000 Leute, die da bei strömendem Regen im Matsch saßen. Es war kalt und ungemütlich – und die waren trotzdem da.

"Das Ding auf keinen Fall überdrehen"

Einen Gesamtumsatz von fast einer halbe Milliarde Euro hat die Marke „Die drei ???“ nach Branchenschätzungen dem Musiklabel Sony-Europa und dem Kosmos-Verlag seit dem Start der Serie in Deutschland 1968 beschert.
von Rüdiger Kiani-Kreß, Peter Steinkirchner

Im kommenden März gehen Sie auf Deutschland-Tour – wie läuft der Vorverkauf?

Die meisten Hallen sind bereits ausverkauft. Die Nachfrage ist riesengroß. Deshalb ist auch kein Denken daran, das ganze zurückzudrehen und sagen: Jetzt gehen wir nur noch in die kleinen Hallen. Erstens gibt es kaum noch 2.000er Hallen. Zweitens müssten wir, um diese ganze Nachfrage zu befriedigen und zu verhindern, dass sich die Leute zurückgesetzt fühlen, am Ende statt 22 locker 60 bis 70 Termine einrichten. Und das geht nicht. Das ist am Ende auch eine Frage der Kraft für uns Künstler. Und ganz ehrlich: Das macht Riesenspaß, aber praktisch jeden Tag einen Auftritt hinzulegen, ist auch brutal.

Der nächste Schritt wären dann die großen Fußball-Stadien…

Nein, auf keinen Fall, das wäre Wahnsinn, das würden wir nicht machen, das hieße wirklich, das Ding zu überdrehen. Und ehrlich gesagt: Was wir jetzt erleben, ist doch auch so schon ein Traum. Schauen Sie: Ich bin gelernter Schauspieler und habe vor ein paar Dutzend, aber auch schon vor 800 Zuschauern auf der Bühne gestanden. Aber dass ich nun plötzlich in meinem Beruf in solchen Hallen vor 15.000 Menschen auftreten und dabei noch meinen Text vom Blatt ablesen darf, das ist schon großartig. Denn auch, wenn eine solche Tour nun vielleicht alle fünf Jahre kommt, darf ich dazwischen ein normales Leben führen ohne Superstar-Allüren und Blitzlichter. Ich muss nicht abends überlegen, in welches Restaurant ich gehe aus Sorge, ständig erkannt zu werden.

Die besten E-Book-Anbieter im Überblick
E-InkPanels mit der Pearl-Technik von E-Ink kommen bei vielen E-Book-Readern zum Einsatz. Die Displays mit 16 Graustufen verbinden sehr gute Lesbarkeit mit niedrigem Energieverbrauch. Quelle: Presse
HugendubelDie Buchhandelskette Hugendubel beteiligt sich auch am E-Book-Reader-Projekt Tolino und bietet auf ihrer Website mehr als 500.000 Bücher als E-Book an. Quelle: dpa
ThaliaDie Buchhandelskette Thalia hat auch den Tolino Shine im Angebot. Thalia hat ein umfangreiches Sortiment an Belletristik und Fachbüchern. Aber auch Literatur-Klassiker wie Brecht, Dante oder Goethe gibt es als E-Book. Quelle: dpa
ReadboxDas Unternehmen Readbox hat sich auf "Lösungen für die Herstellung, Auslieferung und Vermarktung von E-Books" spezialisiert. So gibt es beispielsweise eine "Comic Creator", eine Software, mit der Comics für das Lesegerät aufbereitet werden können. Allerdings ist dazu eine Erweiterung des EPUB-Standards nötig. Das Angebot zielt in erster Linie auf Amazons Kindle und Apples iPad. Auf der Frankfurter Buchmesse zeigt Readbox die E-Book-Verlagssoftware "meine.readbox.net". Quelle: dpa
Feedbooks Feedbooks gehört zu den Anbietern, die man ansteuert, wenn man ein Lesegerät mit dem gängigen EPUB-Format nutzt. Sitz des Anbieters ist in Frankreich. Quelle: Presse
Project Gutenberg Das Project Gutenberg hat nach eigenen Angaben etwa 42.000 Titel als E-Book im Angebot. Alle Werke, zumeist Klassiker der Weltliteratur sind kostenlos. Neben dem EPUB-Format wird bei vielen Titeln auch Amazons Kindle-Format unterstützt. Quelle: Presse
IDPFDas International Digital Publishing Forum ist zuständig für die Pflege und Weiterentwicklung des E-Book-Standards EPUB. Quelle: Presse

Und den Rest des Jahres kümmern Sie sich um Ihre Lauscherlounge oder leihen US-Filmstars wie Ben Stiller Ihre Stimme?

Ja, mit den „drei ???“ beschäftigen mich in Jahren ohne Tournee an den sechs, sieben Terminen, an denen ich für die Aufnahmen jeweils für drei Tage nach Hamburg fahre. Aber ich möchte mich nicht nur auf „Die drei ???“ beschränken. Neben der Lauscherlounge, wo ich drei Mitarbeiter beschäftige, betreibe ich mit einem Partner zusammen in Berlin das Hörspielstudio XBerg mit Studios in Kreuzberg und Tiergarten.

Für wen produzieren Sie dort?

Wir produzieren in sieben eigenen Studios als Dienstleister für Verlage wie den Hörverlag und Random House, Argon, Lübbe und dtv, aber auch für den Musikkonzern Universal Hörbücher und beschäftigen dort mittlerweile mehr als 40 Mitarbeiter. Wir sind außerdem kurz davor, auch in Leipzig einen Ableger zu eröffnen.

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