Online-Händler schlagen gegen Retouren zurück Deutsche erliegen dem Rückschick-Wahn

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Anziehspiele mit Barbie


Die 10 größten Onlinehändler in Deutschland
Apple Quelle: AP
Alternate.de Quelle: Screenshot
Platz 8: Conrad.de Quelle: Screenshot
Tchibo.de Quelle: dpa
Platz 6: Bonprix.de Quelle: Screenshot
Cyberport.de Quelle: Screenshot
Platz 4: Notebooksbilliger.de Quelle: Screenshot

Bei Kleidungsstücken und Schuhen gibt es noch jede Menge Nachholbedarf. Fast alle Anbieter feilen an Visualisierungsmodellen. Bei H&M lassen sich im Online-Shop Models wie Barbiepuppen anziehen. Der Otto-Versand entwickelt Formen zur virtuellen Anprobe und tüftelt gemeinsam mit dem Analyse-Unternehmen Blue Yonder an Absatz- und Retourenprognosen.

Figürliche Ferndiagnostik

Rein technisch wäre deutlich mehr möglich. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat schon vor geraumer Zeit ein Instrument ersonnen, um die nachweihnachtliche Rückgabeflut einzudämmen: Hinter dem sogenannten „Tante Mildred“-Patent verbirgt sich eine Art Sperrliste für ungewollte Präsente. Damit kann jeder Amazon-Kunde in Zukunft über einen Filter festlegen, dass alle Geschenke von Tante Mildred nicht ausgeliefert, sondern stattdessen automatisch in Geschenkgutscheine umgewandelt werden. Der Rückgabeprozess entfällt. Vor dem Scharfschalten der elektronischen Geschenkebremse scheut Amazon bislang aber noch zurück.

Auch Analysetools, die Bestellmuster auswerten, könnten die Retourenzahl eindämmen, glaubt der Karlsruher Unternehmensberater Sahi Rahman. Bestellt eine Kundin etwa ihre Tops und Shirts stets in den Größen 40 und 42, schickt die 42er-Variante aber regelmäßig zurück, könnte in Zukunft der Hinweis aufploppen, dass Größe 42 leider nicht verfügbar ist. Fraglich allerdings, ob sich Kunden derlei figürliche Ferndiagnostik gefallen ließen.

Vorsicht vor sensiblen Kunden

Wie sensibel Online-Käufer reagieren können, musste Zalando erfahren. Im vergangenen Jahr hatte der Händler Vielretournierer per E-Mail darauf hingewiesen, dass ihre Rücksendequote überdurchschnittlich hoch sei. Viele Kunden fühlten sich gegängelt und machten ihrem Ärger in Internet-Foren Luft. Inzwischen haben die Berliner die Aktion wieder gestoppt.

Während Großanbieter Abwicklung und Verwertung langsam in den Griff bekommen, haben Startup-Unternehmen und Nischenanbieter Nachholbedarf. Dass Kunden ihre Westen und Stiefel prophylaktisch bei einer Erstbestellung in mehreren Größen ordern, gehöre zum Geschäft, sagt Ulf Jähncke, Chef von goodboy.de, einem Shop, der sich auf Bekleidung für Hundehalter spezialisiert hat. Stammkunden könnten die Größen deutlich besser abschätzen. Ärgerlich seien aber jene Fälle, bei denen die Käufer „nach einem Jahr bemerken, dass ihre Jacke nicht wasserdicht ist“, so Jähncke. Die Ware muss verramscht oder komplett entsorgt werden. Auf einem der Teil der Kosten bleibt Jähncke sitzen.

Nicht nur der Hundehalterausrüster fürchtet solche Kunden. Beim Betreiber des Shops fahrrad.de wurde festgestellt, dass „Fahrräder beispielsweise vor dem Urlaub bestellt und dann gefahren zurückgegeben“ werden, sagt Unternehmenssprecherin Hanna-Marie Mayer. Besonders dreist war ein Biker, der seine 600 Euro teure Ausrüstung, bestehend aus Schuhen, Helm, Trikot und Hose, zurückschickte – nach 60 Tagen, sichtlich abgenutzt und ohne Marken-Labels. Immerhin, die Ausrüstung war frisch gewaschen.

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