Onlinecasinos und Spielhallen Jeder dritte Spielautomat wurde 2021 abgebaut

Ein junger Mann spielt in Berlin an einem Spielautomaten. Quelle: dpa

Die Betreiber von Spielhallen und Geldspielautomaten bleiben im Krisenmodus. Ihr Umsatz hat sich seit 2019 halbiert. Und nun verschärfen Onlinecasinos den Wettbewerb – erstmals mit legalen Angeboten.

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Während Online-Casinos boomen, verzeichnen die Betreiber von Spielhallen und Geldspielautomaten drastische Umsatzrückgänge. „2021 wird die deutsche Automatenwirtschaft voraussichtlich rund drei Milliarden Euro Umsatz erzielen“, sagt Georg Stecker, Vorstandssprecher des Branchenverbands Die Deutsche Automatenwirtschaft. 2019 lagen die Umsätze mit 6,1 Milliarden Euro noch rund doppelt so hoch. Auch die Zahl der Spielautomaten ist seither deutlich gesunken. „Etwa jeder dritte Spielautomat wurde 2021 abgebaut“, erläutert Stecker. 

Ursache des Geschäftseinbruchs seien „die Coronabeschränkungen und verschärfte Regulierungsauflagen der Länder“. So habe der im Sommer in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag in einigen Bundesländern zu einem „quantitativen Abbau der Geräte“ geführt. Zeitgleich wurden durch den Vertrag Onlinecasinos legalisiert. Deren Markt steht vor einem harten Konkurrenzkampf. Bis Ende Oktober haben 41 Unternehmen 44 Anträge gestellt, erstmals legal Onlineglücksspiel in Deutschland anbieten zu dürfen, sagte eine Sprecherin des zuständigen Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt in Halle der WirtschaftsWoche.

Bei 40 Anträgen gehe es demnach um eine Erlaubnis für virtuelle Glücksspielautomaten, bei 4 um Online-Poker. Sollte die Behörde alle Firmen zulassen, würde der hiesige legale Markt fürs Onlinezocken massiv wachsen: Bislang dürfen nur circa 30 Anbieter virtuelle Sportwetten anbieten.

von Andreas Macho, Cornelius Welp, Lukas Zdrzalek

Allerdings wird es noch Wochen oder Monate dauern, ehe die Anbieter die neuen Lizenzen erhalten: „Wir gehen davon aus, dass erste Erlaubnisse frühestens Ende des Jahres, sicher aber im ersten Quartal 2022 erteilt werden können, vorausgesetzt natürlich, dass die Unterlagen prüf- und genehmigungsfähig sind“, teilte die Sprecherin mit. Aufgrund der „sehr komplexen Anforderungen“ und weil viele Unterlagen erstmalig eingereicht würden seien „in den meisten Anträgen Nachforderungen oder Erläuterungen notwendig“. Das Landesverwaltungsamt übernimmt übergangsweise Aufgaben der im Sommer neu geschaffenen und ebenfalls in Halle angesiedelten gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder.

Lotto in der Spielhalle?

Die klassischen Automatenspielanbieter kritisieren angesichts der neuen Lage aus ihrer Sicht untaugliche Regulierungsansätze in verschiedenen Bundesländern. „Gerade in Stadtstaaten wie Berlin oder Hamburg, aber auch in Baden-Württemberg gelten inzwischen so strikte Abstandsregelungen zwischen zwei Spielhallen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb für seriöse Unternehmen nahezu unmöglich geworden ist“, erklärt Branchenvertreter Stecker. „Das dient nicht dem Spielerschutz, sondern leistet vor allem illegalen Angeboten Vorschub.“ Diese – und nicht die Onlinecasinos an sich – seien die eigentliche Konkurrenz für die Automatenwirtschaft.

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„Die Corona-bedingten Rückgänge wird die Branche voraussichtlich 2022 wieder aufholen können“, erwartet Stecker. Der Regulierungseffekt werde dagegen bleiben. Künftig könnten den Unternehmen am Markt „vor allem Kombinationen legaler Angebote helfen, ihr Geschäft zu stabilisieren“. So könnten in Spielhallen mit einem Zugangssystem künftig beispielsweise auch Lottospiele angeboten werden. „In Hessen, wo das auch rechtlich bereits erlaubt ist, laufen die ersten Tests“, berichtet Stecker.

Mehr zum Thema: Baden-Württemberg will ab Juli einen Mindestabstand von 500 Metern zwischen klassischen Spielhallen durchsetzen. Die Branche warnt vor Schließungen und dem Verlust Tausender Arbeitsplätze.

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